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Die junge Tischlerin schaut durch ihren Eingang
Die junge Tischlerin schaut durch ihren Eingang
27.10.2021

Ein Jugendmuseum? Echt jetzt!?

Dreitätiges Projekt – Ausstellung und Konferenz – gemeinsam mit Jugendlichen. Lokalaugenschein beim Aufbau am Nationalfeiertag.

Hohe, helle Holzplatten stehen jeweils kreuzförmig zusammengestellt, so dass sich immer vier kleine Räume ergeben. Manche Wände werden gerade mit Fotos und Plakaten beklebt, andere weißen unterschiedlich ausgesägte Löcher auf – eines wolken-, ein anderes mund-förmig. Eine dieser Nischen wist von einem großen schwarzen schweren Stoff umhüllt. Darunter kniet Niki (17) klebt und schneidet schwarze, weiße und hellblaue Streifen auf dem Boden, sie lüftet ein wenig den herunterhängenden Stoff und gibt die Sicht ihre Wände frei. Die hat sie ganz schwarz gestrichen. „Da kommen später auch noch LED Lichter hin“, verrät die angehende Tischlerin.

Aufbauarbeiten

Sie ist eine der Jugendlichen, die am Aufbau dieses für einige Tage hier entstehenden Jugendmuseums im Kulturgeländer Brotfabrik beteiligt ist. „Ein Museum? Echt jetzt!“ ist eine Ausstellung sowie eine Konferenz zum Auftakt der Kampagne #jugendmuseumjetzt. Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr … besuchte am Nationalfeiertag die Aufbauarbeiten für diese dreitägige Veranstaltung (27. bis 29. Oktober 2021).

Die Initiative trafo.K, die in ihren bisher mehr als 20 Jahren schon so manches kulturelle Projekt MIT Jugendlichen durchgeführt hat, begann – just in Lockdown-Zeiten und daher lange „nur“ via Online-Videotreffen – mit Jugendlichen zu diskutieren und überlegen, braucht’s ein Jugendmuseum. Wenn ja, was soll das können? Vieles kreiste zunächst einmal ums Gegenteil: Was soll es alles NICHT sein. Und da waren sich junge Leute eines WUK-Arbeitsprojekts oder von Jugend am Werk ziemlich schnell einig: Keine stillen Ausstellungshallen!

Raum für Begegnungen

Morty (18) und Natascha (16), die am Nationalfeiertag als Teil des Jugendbeirates, der das Projekt die ganze Zeit begleitet, die Aufbauarbeiten inspizierten, sagen dem Journalisten und einer demnächst absolvierten Politikwissenschafts- und obendrein noch Lehramts-Studentin, die in diesen Beruf hineinschnuppern will, Fatima Kandil: „Es müssen Normen herkömmlicher Museen aufgebrochen werden. Ein Jugendmuseum soll auch ein Ort des Treffens, der Begegnung des Austausches sein.“

Die beiden, selbst aus dem Ausbildungsprojekt im Wiener Werkstätten- und Kulturhaus (WuK), nannten als ihnen wichtige Themen in diesem temporären Jugendmuseum: Feminismus, Communities wie LGBTIQ* und andere sowie psychische Gesundheit. „Wir Jugendliche brauchen Communities, damit wir uns nicht allein und einsam fühlen.“ Die beiden haben selber – mit Unterstützung der Videokünstlerin Lia, die gerade an einigen der Wände Tablets montiert, um die vielen Videos Jugendlicher ablaufen zu lassen – einen Film gedreht, weshalb es in einem Jugendmuseum Aufklärung über Pornos und deren Bildern über Geschlechterklischees braucht.

Schon ganz jung getischlert

Zurück zu Niki. „Schon als 12-Jährige hab ich mit meinem Onkel, der Jäger ist, Jägerkanzeln (Hochstände) gebaut. Das hat mir so gefallen, dass ich Tischlerin werden wollte. Als ich mit der Schule fertig war, war gerade Corona. Da war’s nicht leicht, eine Lehrstelle zu finden. Ich hab dann die überbetriebliche Lehrwerkstätte von Jugend am Werk gefunden. Bei unseren Praxiseinsätzen sehe ich, dass wir oft mit moderneren Maschinen arbeiten als kleine Tischlereien. Obwohl ich deren Arbeit auch sehr mag.“ Zum Abschluss schaut Niki für ein Foto noch aus einem großen, ebenfalls normalerweise mit diesem schwarzen Theaterstoff verhängten Loch in einer der Wände. „Hier geht man in meinen Bereich hinein, wo du dich zurückziehen kannst. Die schrägen Klebebänder am Boden sind dann eine optische Täuschung, Irritation.“

Jugendliche haben eigene Stimmen!

Das dreitägige Projekt ist ein Siegerprojekt einer Ausschreibung im Rahmen von KulturKatapult zur Förderung von Basis-Kulturprojekten und wird unter anderem von Gründungsmitgliedern und Teilen des Kollektivs trafo.K, Renate Höllwart und Elke Smodics, von Tag eins an unterstützt. „Mit dem Projekt wollen wir eine öffentliche Kampagne für ein Jugendmuseum lostreten. Den Grundstein für ein Museum von und für Jugendliche/n bilden. Bis dato fehlt den Jugendlichen ein solcher Raum. Außerdem setzt man Jugendliche gerne mit Kindern gleich.“

Ein weiteres Anliegen dieses Pilotprojektes ist es vor allem die herrschende Hegemonie aufzubrechen. So gelte in Diskursen eine gewisse paternalistische Vorherrschaft gegenüber Jugendlichen. „Im Rahmen dieses Projekts jedoch liegt die Definitionsmacht ausschließlich bei den Jugendlichen. Sie tragen das Projekt und sind schlussendlich jene, die uns und allen Interessierten einen Einblick gewähren (wollen). Ihnen wird keine Stimme gegeben, denn sie sind die Stimme!

Trotz ihres jungen Alters geben die beteiligten Jugendlichen äußerst reflektiert und kritisch ihre Meinung zu großen Themen, wie es wohl manch Erwachsener nicht tun könnte, bekannt. Die jeweiligen Schwerpunkte ihrer Arbeiten nehmen sie aus ihren Alltagserfahrungen. Wiederkehrende Themen sind Communities, Mental Health, Inklusion, Safe Spaces, Respekt und Selbstbestimmung“, sagen die beiden genannten trafo.Ks der ersten Stunde (vor mehr als 20 Jahren gegründet).

Follow@kiJuKUheinz

Mitarbeit: Fatima Kandil

Von Jugendlichen ausgewählte Fotos werden an Holzwände geklebt
Die beiden genannten Ur-trafo.Ks, Elke und Renate, beim Kleben der Fotos der Jugendlichen
INFOS: WAS? WER? WANN? WO?

Ein Museum? Echt jetzt!

Ausstellung & Konferenz zum Auftakt
der Kampagne #jugendmuseumjetzt

Wann?

Öffnungszeiten: 28. und 29. Okt. 2021, 11–19 Uhr
Konferenz: Fr. 29. Okt. 2021, 14–19 Uhr
Eintritt frei

Wo?

Kulturhaus Brotfabrik
1110, Absbergg. 27; neben Magdas Kantine
jugendmuseumjetzt