Zwölf tiefsinnige, manchmal poetische Bilder einer Ausstellung eines jungen Fotografen aus dem Start-Stipendienprogramm für engagierte Schüler:innen.
„Eine Pflanze, die trotz Trockenheit … aus dem Stein heraus wuchs. Ein wahres Symbol für Hoffnung und den Widerstand. Durchhalten!“
Diesen Gedanken setzte der junge Fotograf unter eines seiner zwölf Bilder seiner ersten Ausstellung. Auf besagtem Foto – alle zwölf samt den Texten hier in einer Bildergalerie – ist im Vordergrund, scharf fotografiert, eine Grünpflanze, die zwischen Steinplatten heraus wächst, der Hintergrund die Straße unscharf verschwimmend mit Autos und Campingbussen. Aufgenommen auf einem Campingplatz im niederösterreichischen Pielachtal.
Omran Almasri, 20-jähriger Start-Stipendiat, hängt an diesem Donnerstag-Feiertag die Auswahl seiner besten Fotos – gerahmt und mit weiterführenden Gedanken in Textform – an die Wand der Einfahrt/des Eingangs zum Büro und Workshopraum dieser Initiative für engagierte Schüler:innen mit Migrationshintergrund.
Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr … trifft den Wiener HTL-Ettenreichgassen-Schüler des Zweigs Elektrotechnik bei den Vorbereitungen für die Ausstellung, die am 27. Mai eröffnet wird und vorerst bis 7. Juni dort zu betrachten ist – siehe Infoblock.
Seit er ungefähr 15 ist, fotografiert Omran Almasri, „zuerst mit einem Tablet mit schlechter Kamera, dann mit einem gebrauchten Handy, wo die Kamera ein bisschen besser war und seit zwei Monaten mit einer professionellen Kamera, die mir Start zur Verfügung gestellt hat (als Dauerleihgabe).“
Aber auch schon für die Handyfotos galt, so der junge Mann, der 2013 aus Syrien erst zu einer Tante nach Saudi-Arabien und dann mit der Familie Ende 2015 nach Österreich geflüchtet ist, „dass ich immer sehr genau beobachte und oft viele Fotos auch aus unterschiedlichen Blickwinkeln mache, aus denen ich dann später eines auswähle. Das bearbeite ich, meistens am Laptop, bevor ich es auf Instagram hochlade.“ Dort versieht er es meist mit einem kurzen englischen Titel. Das eingangs beschriebene beispielsweise „Hope“ (Hoffnung).
„Die ausführlicheren Gedanken hab ich dabei aber oft schon im Kopf, manchmal notiere ich sie ins Handy. Manchmal fallen sie mir aber auch erst später ein, wenn ich die Fotos nochmals genauer anschaue.“
Wobei es nicht nur solche Fotos gibt, wo gleich eine ganze Geschichte – kurz in ein, zwei Sätzen gefasst – nun unter den Fotos der Ausstellung steht. „Es gibt auch noch eine zweite Art von Fotos, wo ich einfach die Landschaft optisch sehr schön finde.“ Ein solches ist etwa sein Lieblingsfoto der kleinen Ausstellung. Zu sehen – ein wenig fast im Nebel verschwimmend – eine große grüne Wiese vor einem fast senkrecht abfallenden Berghang, ganz weit im Hintergrund ein Gebäude, das eine Kirche sein könnte. Vor dem Bild stehend, hast du das Gefühl der Fotograf wäre über der Landschaft geschwebt oder hätte es mit einer Drohne aufgenommen.
„Nein, es gab einen zweiten Berg von dem aus ich das Bild geschossen habe“, enthüllt der junge Fotograf das Geheimnis. Und dazu ein fast poetischer Text: „Allein stand ich da auf der Spitze eines Berges. Nicht nur ich, sondern auch die Zeit, meine Atmung, die Welt um mich herum und alles andere stand still. Ich bekam das Gefühl, so viel gesehen zu haben, aber doch nichts. Es war di volle leere, die meine Seele auf unbeschreibliche Art und Weise schön erfüllte.“
Omran Almasri, der Deutsch vor allem wegen seiner klaren Struktur schön findet, während er Arabisch für poetischer hält und in dieser Sprache hin und wieder sehr persönliche Notizen in Gedichtform niederschreibt, wollte ursprünglich Programmierer werden, aber mittlerweile mag er Elektrotechnik sehr gerne „und will nach der Matura im nächsten Schuljahr auch in diesem Beruf arbeiten“.
Übrigens ist er seit dem ersten Jahr in der HTL Klassen- und nun auch Abteilungssprecher. „ich mag Verantwortung übernehmen und Menschen zusammenbringen. In der Corona-Pandemie, wo die Klasse monatelang nur geteilt in der Schule war, hab ich gemeinsame Lerngruppen organisiert und auch gemeinsame Computerspiele, um diese Trennung der Gruppen zu überwinden.“
Am Start-Stipendium schätzt er – mehr noch als Laptop und Bildungsgeld sowie die Nachhilfe in Deutsch, Englisch und Mathe – die gemeinsamen Workshops und Ausflüge. „Wir sind wie eine Familie.“ Bei der Auswahl aus von ihm schon vorab gesichteten rund 240 Fotos „hat mir die Fotografin Christine Turnauer, die auch die Rahmen gespendet hat, sehr geholfen.“
Bei einem dieser Ausflüge – in die Prater Hauptallee – hatte er erstmals mit der oben schon erwähnten Dauerleihgabe-Kamera fotografiert. Dabei hab ich ein Eichhörnchen ungefähr eine Stunde lange beobachtet, verfolgt und oft fotografiert. Eines ist nun in der Ausstellung, in dessen Bildunterschrift es nun u.a. heißt: „ein wahres, spannendes Tom & Jerry-Spiel, dessen Ergebnis diese Cuteness (Niedlichkeit) ist.“
So wie sich der junge Fotograf sehr fokussiert umschaut, wenn er Bilder festhält, so „hab ich mir vorher immer wieder viele Fotos auf Instagram angeschaut, um daraus zu lernen, was gute Bilder ausmacht, sozusagen meine Augen trainiert, und über YouTube-Videos hab ich mir viele Wissenswertes und Wichtiges über gute Fotografie angeeignet“, verrät er dem Reporter. Seit geraumer Zeit postet er – „wenn es sich ausgeht, im Moment haben wir in der Schule sehr viele Tests“ – jeden Tag ein gutes, sehr ausgewähltes Foto.
27. Mai bis 7. Juni 2022
Eingang zum Büro von Start-Wien: 1030, Untere Weißgerberstraße 41
Telefon: 01 890 8011
fotoausstellung-von-omran/