World Vision dreht in Rukoma (Tansania) mit „Chosen“ den Prozess der Auswahl von Patenkindern um.
Am 29. April (2022) gibt es in Rukoma (im Nordwesten Tansanias) ein großes Fest. Kinder stehen im Mittelpunkt. Und sie haben die Wahl. Sie küren aus Fotos und kurzen Beschreibungen ihre Patinnen und Paten, erstmals auch aus Österreich. International läuft „Chosen“, ein Projekt von World Vision, schon länger – die Fotos hier in diesem Beitrag stammen von einer solchen früheren Kinder-Wahl aus internationalen Pat:innen.
Hilfe und Unterstützung für Kinder – und ihre Familien bzw. die Gemeinschaft – erfolgt bei vielen Organisationen im Zuge von Patenschaften. Menschen in reicheren Ländern spenden Geld, um Lebenswichtiges – Nahrung, medizinische Versorgung, Bildung – zu finanzieren. Stellvertretende wählen sie ein Patenkind. World Vision hat für sein Projekt in Rukoma – mehr dazu weiter unten – den Prozess umgedreht. „Chosen“ (ausgewählt) nennt sich das Projekt – für das zwischen 30 und 40 Euro pro Monat gewählt werden kann.
Im subtropischen Klima der Kageraregion (beim Viktoria-See, in der Nähe von Ruanda und Uganda) wachsen Bananenstauden und Palmen. Kochbananen und Mais stehen auf dem Speiseplan. Trotzdem leben viele Familien in großer Armut. Die Ernten reichen in Rukoma oft nicht aus, um die eigene Familie zu versorgen. Die Folgen sind Unterernährung und Nährstoffmangel bei fehlender Gesundheitsversorgung. Vor allem gibt es viel zu wenig Zugang zu sauberem Wasser.
Im Projekt von World-Vision mit den lokalen Partner:innen werden landwirtschaftliche Schulungen für effizientere Anbaumethoden und Tierhaltung ebenso angeboten wie Trainings zu einer ausgewogenen Kinderernährung oder der Aufbau von ehrenamtlichen Gesundheitskomitees, deren Mitglieder z.B. Hausbesuche bei Schwangeren durchführen.
In diesem ostafrikanischen Land liegt beispielsweise die Kindersterblichkeit bis zum 5. Lebensjahr bei 49 von 1000 (im Vergleich zu Österreich: 4 von 1000, also 12 Mal so hoch). Auf 100.000 Einwohner:innen kommen nur 3 Personen aus dem Bereich medizinisches Personal (Österreich: 520).
Ein großes Problem stellen Frühehen und arrangierte Ehen dar. Die verheirateten Mädchen brechen frühzeitig die Schule ab und werden meist rasch schwanger. Komplikationen während der Schwangerschaft und der Geburt sind leider keine Seltenheit. Das WV-Projekte schult in Sachen Kinderrechte und Folgen von Kinderehen und fördert die Bildung von Komitees aus Erwachsenen und Kindern gegen Kinderehen.
Fast ein Fünftel der Kinder in ganz Tansania (19 %) kann keine Schule besuchen. Bei den Lesegrundkenntnissen schneiden die Kinder in Rukoma durchwegs schlecht ab. Mangelhaft ausgebildetes Lehrpersonal aber auch fehlende Unterrichtsmaterialien sind leider die Regel.
Die Kinder in Rukoma lernen in ihrer Landessprache Suaheli; in den Dörfern sprechen sie jedoch vielfach die lokale Sprache. Ab der dritten Klasse ist Englischunterricht zwar vorgesehen, findet aber nur selten statt. Es fehlen Lehrmaterialien und qualifiziertes Lehrpersonal.
Der Schulweg ist lang. Nach den beschwerlichen Fußmärschen findet der Unterricht mit hundert anderen Kindern in der prallen Sonne oder in viel zu engen Klassenzimmern statt.
Die Unterstützung und Hilfe umfasst Leseförderung zusätzlich zum Unterricht, pädagogische Fortbildungen für Lehrpersonal, Bewusstseinsbildung bei den Eltern, Verbesserung der Schulinfrastruktur und Beschaffung von Unterrichtsmaterialien.
Damit beim Fest Ende April keines der Kinder enttäuscht wird und keine Patin/ keinen Paten wählen kann, werden noch solche gesucht. Wer sich registriert – mit Infos und Foto kann dann in Rukoma beim „Chosen“-Fest ausgewählt werden. Die Pat:innen bekommen ihr Wahlergebnis und schon kann auch die erste Post nach Rukoma geschickt werden.