Drei Lehrerinnen einer Wiener Handelsakademie starteten spontan mit dem Textsorten-Talk; Interview mit einer der Initiatorinnen.
Auch wenn’s vielleicht wie aus einem anderen Jahrhundert wirkt und Jugendliche kaum mehr einen Leser*innen-Brief an eine Zeitung schreiben würden, ist das Verfassen solcher nach wie vor ein sogar matura-relevantes Element im Deutsch-Unterricht. Diesem, aber auch viel aktuelleren Textsorten wie geschäftlichen eMails oder Blog-Comments widmet sich eine Podcast-Reihe dreier Lehrerinnen einer Wiener Handelsakademie (Vienna Business School/VBS Hamerlingplatz, Wien-Josefstadt).
In bisher zwölf Folgen – über die gängigen Plattformen von Spotify, iTunes usw. kostenlos zu hören – erläutert das Trio jeweils eine Textsorte. Der Bogen reicht neben den schon genannten Sorten von der Zusammenfassung über Erörterung bis zu literarischer Interpretation und Meinungsrede.
In der ersten Folge gibt’s obendrein einige Tipps, bevor du deine Hausübung, Schularbeit oder gar die schriftliche Matura zu schreiben beginnst. Auch wenn, wie das Trio anmerkt, es banal klingen mag: Als erstes die Angabe genau durchlesen; beispielsweise, wenn es in der Arbeit darum gehen soll, in eine andere Rolle zu schlüpfen – wer bist du, wen willst/sollst du ansprechen, welche Sprache angebracht ist – eine eher formelle oder eine informelle. Also, ob es um ein Gespräch unter Freund*innen geht oder eine Bewerbung oder … Dazu lassen die drei Lehrerinnen auch die schulischen Vorgaben an Wörtern einfließen – auch wenn diese genau nichts über die Qualität eines Textes aussagen.
Begonnen hatte alles damit, „dass ich in den Semesterferien selber viele Podcasts gehört habe“, erzählt Deutsch- und Englisch-Lehrerin Birgit Scharitzer-Aubell Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… Da kam ihr die Idee, selbst einen Podcast zu gestalten – für Schülerinnen und Schüler zur Vorbereitung auf Matura, Prüfungen, aber auch Hausübungen. „Durch meine Kinder bin ich halbwegs social-media-firm, aber ich hab mich mit zwei jüngeren Kolleginnen zusammengetan, die da noch viel firmer sind“, gesteht sie im Telefon-Interview mit dem Journalisten.
Die beiden Kolleginnen sind Anna Fröstl (Englisch/Französisch) sowie Verena Karner (Französisch und Geschichte). „Wir haben uns dann hineingetigert, uns selber beigebracht, wie wir schneiden. Wobei am Anfang haben wir Folgen nur mit dem Handy als One Take (eine durchgängige Aufnahme ohne Schnitt) aufgenommen.“ Später hat die Direktorin (Monika Hodoschek) ein psezielleres Mikro ebenso finanziert wie die Kosten für eine Hosting-Plattform. Rechtefreie Musik hat das Trio ebenfalls selber gesucht. „Für das Logo haben wir eine Schülerin, die grafisch mehr draufhat, gebeten – Esra Dagistan (4.Klasse).“
Neben dem Podcast „Textsorten-Talk“ wird noch ein Insta-Account bespielt, auf dem Textbausteine zu den Textsorten gepostet werden, aber auch Fragen gestellt werden können. Eine Podcast-folge beantwortet einige der Fragen. Jugendliche erstellen auch Memes, die auf den Social-Media-Kanälen gepostet werden.
Und für Folge 11 – Meinungsrede – lud das Lehrerinnentrio einen ehemaligen Schüler ein. Peter Wolframm hatte es immerhin beim mehrsprachigen Redebewerb „SAG’S MULTI!“ drei Mal ins Bundesfinale geschafft – mit drei verschiedenen Sprachen: Russisch, Englisch sowie Französisch – neben Deutsch, das ohnehin in jeder Rede dabei sein muss.
Er nannte unter anderem zwei wichtige Punkte: Einen Anfang suchen, mit dem du das Publikum in deinen Bann ziehen kannst. „Stark einsteigen, zum Ende hinarbeiten und so effektvoll enden, dass das Publikum etwas mitnehmen kann.“ Ear-Catcher bezeichnete er in Analogie zum Eye-Catcher den Anfang. Die Lehrerinnen bezeichneten es als „Teaser“ – wie es in den schulischen Unterlagen heißt und meinten, das „könnte auch etwas Provokantes oder Verstörendes sein“.
„Know your audience“ führte Peter Wolfframm noch einen zentralen Punkt an. „An wen richtet sich die Rede? Ich muss anders reden als Schulsprecher zu Schülerinnen und Schülern als auf einem Kongress.“
Gerade für die Meinungsrede gelte es auch „bei sich selbst zu bleiben, um möglichst authentisch rüberzukommen“.