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Demonstration von Kärntner Elementarpädagog:innen und Menschen, die deren Forerungen unterstützen - März 2022 in Klagenfurt
Demonstration von Kärntner Elementarpädagog:innen und Menschen, die deren Forerungen unterstützen - März 2022 in Klagenfurt
28.08.2022

Sieben Kinder pro Fachkraft und zahlt uns wenigstens wie Lehrer:innen!

Interview mit der Schreiberin des Offenen Briefes einer Kärntner Elementarpädagogin.

Seit einigen Tagen kursiert ein Offener Brief einer Elementarpädagogin aus Kärnten im netz – er ging auch an Politiker:innen. Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr … veröffentlicht den Hilferuf, der den dramatischen Notfall „nur“ zum Anlass genommen hat, (wieder) einmal Abhilfe für unhaltbare zustände zu fordern. Und führte mit der 28-jährigen leidenschaftlichen Pädagogin ein Telefoninterview. Ihr Name ist der Redaktion bekannt, aber die Anonymität zugesichert; letzteres umfasst auch, den Arbeitsort der Kindergarten-Leiterin nicht zu nennen.

Sprachrohr für alle

Sie selbst arbeite bei ihrem privaten Träger ohnehin noch unter besseren Bedingungen. Die Geschäftsführung ist sogar bei der Demonstration für dringend bessere Arbeitsbedingungen – vor allem besserer Betreuungsschlüssel, sprich mehr Pädagog:innen pro Gruppe sowie bessere Bezahlung – mitgegangen und unterstützt unsere Anliegen. „Ich wollte und will mit diesem Offenen Brief ein Sprachrohr für uns alle, für die Elementarpädagogik insgesamt und damit auch für die Kinder sein“, begründet sie, weshalb sie aus dem – glücklich gelösten Notfall – einen Hilferuf formulierte.

Die Reaktionen – mehr als 15.000 haben ihn gelesen, mehr als 230 Mal wurde er in der Facebook-Gruppe „Bildung ist Zukunft“ geteilt, Dutzendfach kommentiert – „zeigen auch, dass das ja – nicht wie oft behauptet – ein Einzelfall ist. Etliche schreiben eigene Erlebnisse, dass etwa eine Leiterin gleichzeitig für Wach- und Schlafgruppe zuständig ist, in letzterer steht dann ein Babyphon, und sie nebenher am Computer schriftliche Leitungs-Aufgaben abwickeln muss“, schildert die Elementarpädagogin.

Elementar-Pädagog*innen anlässlich des Tages der Elementarbildung 2020: Team und Vorsitzende des (damaligen) ÖDKH (Österr. Berufsverband der Kindergarten- und HortpädagogInnen, heute NeBÖ - Netzwerk elementare Bildung Österreich): Anne Altzinger, Carina Obermann, Paul und Sandra Kaeßmayer, Lydia Schadlofsky und Raphaela Keller
Elementar-Pädagog*innen anlässlich des Tages der Elementarbildung 2020: Team und Vorsitzende des (damaligen) ÖDKH (Österr. Berufsverband der Kindergarten- und HortpädagogInnen, heute NeBÖ – Netzwerk elementare Bildung Österreich): Anne Altzinger, Carina Obermann, Paul und Sandra Kaeßmayer, Lydia Schadlofsky und Raphaela Keller

1:7 bzw. 1:3

Im Interview wiederholt sie die langfristige Forderung der Berufsgruppe: Drei Pädagog:innen für eine Gruppe von 21 Kindern und im Kleinkinderbereich (unter drei Jahren) ein Schlüssel von neun, höchstens zehn Kindern auf drei Elementarpädagog:innen. Wir in Kärnten haben aber meist nur zwei Pädagog:innen für 25 Kinder. Und nicht selten, beispielsweise bei unvorhergesehenem Krankenstand, ist dann eine Fachkraft allein mit der ganzen Gruppe.“

Ausbildungsoffensive statt Notlösungen

Es bräuchte aber auch dringend eine große Ausbildungs-Offensive, fordert die Schreiberin des Offenen Briefes. Denn derzeit werde so manches herumgewurschtelt, um Personallücken mit un- oder nicht ausreichend ausgebildetem Personal zu schließen. „Außerdem muss endlich eine bundeseinheitliche Regelung her. Jedes Kind in ganz Österreich hat das Recht auf die gleiche hochqualitative frühpädagogische Begleitung!“

Jetzt sucht jedes Bundesland nach eigenen Notlösungen. So kündige die Steiermark eine Prämie von 15.000 Euro für Menschen an, die sich verpflichten, drei Jahre im Kindergarten zu arbeiten. Diese werden dann von ausgebildeten Elementarpädagog:innen, die schon jahrelang – schlecht bezahlt – arbeiten, eingeschult. Das kann nur zu Missmut über Ungleichbehandlungen führen.

Übersichtlich grafisch aufbereitet di ezentralen Forderungen zum Tag der Elementarbildung (im Jahr 2021)
Übersichtlich grafisch aufbereitet di ezentralen Forderungen zum Tag der Elementarbildung (im Jahr 2021)

Lehrer:innen gleichstellen

„Wir sollten gehaltsmäßig beispielsweise den – auch nicht überbezahlten – Lehrer:innen gleichgestellt werden“, meint die anonym bleiben wollende engagierte Elementarpädagogin, die hofft, auch weiterhin die Kraft zu haben, ihren Job, den sie liebt, ausüben zu können. Ein solcher Gehaltssprung würde, so rechnet die Kindergartenleiterin, mehr Kolleg:innen im Beruf halten, andere dazu bewegen, ihn doch zu ergreifen und „vor allem auch – immer wieder ist die Rede davon, mehr Männer in diesen Beruf zu bringen – Kollegen zu motivieren.“

Außerdem müsse endlich Schluss sein mit dem gegenseitigen Hin- und Herschieben vom Bund zu den Ländern, von dort zu den Gemeinden und wieder zurück.

Noch hab ich die Kraft …

Sie selbst hatte eine BAfEP (Bundesanstalt für Elementarpädagogik besucht, „mich also sehr früh für diesen Bildungs- und Berufsweg entschieden, weil mich das am meisten interessiert hat. Ich bin dann sehr früh Mama geworden und hatte eine abgeschlossene Berufsausbildung, mit der ich danach einsteigen konnte. Noch habe ich die Kraft, auch für die Verbesserung unserer Rahmenbedingungen zu kämpfen. Dazu gehört übrigens auch Supervision und Zeit für Reflexionen unter den Kolleg:innen sowie ausreichend freigestellte Zeit für Leitungen, damit die auch wirklich leiten können.“

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