Jugendliche, die vor väterlicher Gewalt flieht, findet Zuflucht bei dementer alter Frau – spannende Erzählform in „Toffee“, die eigentlich Allison heißt.
„Ich bin ein junger Mensch, der vergessen will.
Marla ist ein alter Mensch, der sich zu erinnern versucht.“
Diese zwei Sätze stehen unter anderen auf dem Buchrücken von „Toffee – wie Glücklichsein von außen aussieht“ von Sarah Crossan (aus dem Englischen ins Deutsche übersetzt von Beate Schäfer).
Üblicherweise bediene ich mich in Buchbesprechungen weder bei Klappen- noch bei Buch-Rücken-Sätzen. Doch dieses Zitat (von Seite 8) trifft vielleicht die insgesamt 345 Seiten so exakt wie nichts anderes.
Das zufällige – naja, von der Autorin sicher bewusst geplante 😉 – Aufeinandertreffen der Jugendlichen Allison mit der alten, dementen Frau Marla lässt sicher (hoffentlich) die meisten Leser:innen in ziemlich fremde Welten eintauchen. Die doch meist so nahe leben.
Allison hat von zu Hause ab – nach und nach in Häppchen werden die Gründe freigelegt, wenn sie sich erinnert, was sie am liebsten aus dem Gedächtnis streichen würde. Die brutale Gewalt, die ihr der Vater antut; die Mutter ist bei ihrer Geburt gestorben.
Sie reißt aus, weiß nicht wohin und findet zufällig (!) Zuflucht bei Marla, einer alten Frau, die sich kaum an etwas wirklich erinnern kann, selbst wenn es wenige Moment zurückliegt. Und diese Marla meint in Allison eine Freundin aus Kinder- und Jugendtagen namens Toffee zu erkennen. Also nimmt – anfangs widerwillig, aber sozusagen aus Überlebensgründen – Allison diese neue Identität an.
Und die beiden finden eine Wellenlänge, auf der sie einander verstehen…
Die Autorin erzählt diese Geschichte(n) in knappen Sätzen, in denen sie viel Platz für tiefe Gefühle lässt, ohne je pathetisch zu werden. Und sie schreibt ihren Text in – nicht gereimter – Gedichtform – mit so manchen Wort- und Gedankenspielen, die sie in passende Form bringt. Wenn sie etwa schreibt Marla starrt auf die leere Stelle, so lässt Crossan bzw. die Übersetzerin vor „leere“ einen riesigen Abstand, eine Leerstelle (S. 237).
Oder auf Seite 132 lässt die Autorin Allison/Toffee sagen/denken: „Manchmal denke ich, ich wäre wirklich so, wie Dad es mir eingeredet hat: „hohl und klein, und am besten gar nicht da.“ Da werden die Wörter „hohl und klein“ sowie „gar nicht da“ wunzig klein geschrieben/gedruckt und zwischen den beiden letzten Zeilen bleibt viel Platz leer – da ist kein Buchstabe da.
Trotz der eher (sehr) tristen Ausgangslagen ihrer beiden Protagonistinnen lässt die Autorin in diesem Buch aber auch viel positive Grundstimmung, kräftigen (Über-)Lebenswillen sowohl von Marla als auch von Allison alias Toffee mitschwingen.
Text: Sarah Crossan
Übersetzung aus dem Englischen: Beate Schäfer
Toffee – Wie Glücklichsein von außen aussieht
345 Seiten
Hanser Verlag
Paperback: 19,60 €
eBook: 14,99 €
Zu einer Leseprobe (ca. 20 Seiten; Downlaoad funktioneirt besser als Web-Ansicht, die sich fallweise aufhängt) geht es hier
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