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Doppelseite aus dem Bilderbuch "Der Kranich und das DU"
Doppelseite aus dem Bilderbuch "Der Kranich und das DU"
07.03.2025

Falt-Kranich als Streitschlichter landet auf der Friedensburg

Bilderbuch verknüpft eine Geschichte vom Ich zum Du und weiter zum Wir mit dem Friedensinstitut Schlaining (Burgenland). Dort gibt es berührende kleine Papierkraniche, gefaltet von Sadako Sasaki, die rund zehnJahre nach dem Atombomben-Abwurf auf Hiroshima an den Spätfolgen starb und deren Geschichte berühmt wurde.

Ein Kranich, und zwar ein typisch aus Papier gefalteter (Origami), fliegt durch dieses Bilderbuch – von der Titelseite weg. Er ist die Hauptfigur. Auf der ersten Doppelseite versucht er einen Landeplatz zu finden. Er ist müde vom Fliegen. Und nicht nur davon.

Aber es kommt noch viel schlimmer. Er lässt sich auf einer hohen Mauer nieder. Doch statt sich ausruhen zu können, hört er nur vier Kinder, die streiten – zwei Buben um einen Ball, zwei Mädchen um eine Springschnur (musste es so klischeehaft sein?). In riesigen Buchstaben fliegen viele „Ich“, manchmal in Kombination mit „Nein, ich will…“ oder „haben“ durch die Bilder vor der Mauer, auf der der Kranich sitzt und von der lauten, heftigen Streiterei fast runterfällt. Am liebsten würde er wegfliegen, doch dafür fehlt im jetzt die Kraft.

Doppelseite aus dem Bilderbuch
Doppelseite aus dem Bilderbuch „Der Kranich und das DU“

Das Du macht munter

„Wer bist du?… wohnst du hier?“, reißen ihn die beiden Mädchen aus der Müdigkeit. Auch die beiden Buben kommen, einer findet: „Du siehst schon aus“, der andere meint „irgendwie geheimnisvoll“.

Weniger die Fragen und Aussagen, aber dieses „du“ ist’s, das den Vogel nach den vielen und ausschließlichen „Ich“ putzmunter werden und zu neuen Kräften kommen lässt. Und er beginnt ihnen davon zu erzählen, dass er Streitschlichter ist. Bei den vier Kindern muss er nun nicht mehr ran, die haben’s ge-checkt. Noch viel mehr, sie beginnen nun sogar gemeinsam zu spielen – und zwar erst Ball und dann Springschnur – und haben so den Weg vom Ich zum Du und gar zum Wir durch das kurze Gespräch gefunden.

Doppelseite aus dem Bilderbuch
Doppelseite aus dem Bilderbuch „Der Kranich und das DU“

Heinz Janisch hat diese Geschichte wie das bei ihm so oft ist, in knappen, treffenden Sätzen geschrieben. Und dieses Mal war es Nadine Kappacher, die den Text mit ihren Bildern erweitert. Beim Streit ist die Mauer, auf der sich der Kranich niederlässt, recht hoch und düster, die Kinder erscheinen in ihrer Ichbezogenheit nur wie weiße Kreidezeichnungen an dieser Wand. Erst mit der Begegnung mit dem Kranich auf der Mauer und dem ersten Du werden sie bunt – und nun mit sympathischem Gesichtsausdruck. Was sogar dem gefalteten Papiervogel ein Lächeln ins Gesicht zaubert.

Die Seite mit weiterführenden Infos: Der Kranich und die Burg
Seite mit weiterführenden Infos: Der Kranich und die Burg

Friedensburg

Die Mauer ist übrigens keine fiktive, ausgedachte, sondern die der burgenländischen Burg Schlaining, wo vor mehr als 40 Jahren das Österreichische Friedenszentrum einzog und sie zu einem Forschungs- und Begegnungszentrum für Frieden machte. Von dort ging auch die Initaitive zu diesem Bilderbuch aus, namentlich von Ursula Gamauf-Eberhardt (Friedenspädagogik am Österreichischen Friedenszentrum auf der Friedensburg Schlaining) und Klaus Novak (Fort- und Weiterbildung an der privaten Pädagogischen Hochschule Burgenland).

Der Kranich ist nicht zufällig Held dieser Geschichte: Vor rund 15 Jahren kam Masahiro Sasaki mit dem Theaterduo Ingrid und Christian Mitterecker in die Friedensburg. In der Bibliothek übergab der Gast aus Japan einige kleinwunzige, gefaltete Papierkraniche und zwar ganz besondere. Die hatte Jahrzehnte zuvor seine kleine Schwester Sadako gefaltet.

Nach dem Theaterstück zu
Nach dem Theaterstück von Ingrid und Christian Mitterecker zu „Sadakos Plan“ in der Friedensburg Schlaining falteten Kinder Kraniche

Sadako Sasaki

Die Sasakis lebten in Hiroshima. Diese Stadt legten die USA mit einer Atombombe am 6. August 1945 in Schutt und Asche (drei Tage später auch Nagasaki). Zehntausende Menschen starben unmittelbar. Tausende überlebten und litten an Spätfolgen. Sadako brach rund zehn Jahre nach dem Atombombenabwurf zusammen, kam ins Krankenhaus und hörte von der japanischen Legende, dass 1000 gefaltete (Origami) Kraniche Gesundheit bringen oder Wünsche in Erfüllung gehen lassen würden. So begann sie zu falten, ihre Geschichte ging durch Zeitungen, Kinder aus ganz Japan schickten Papierkraniche ins Spital. Doch Sadako starb letztlich doch mit nicht ganz 13 Jahren.

Yuji und Masahiro Sasake bei der Übergabe von kranichen aus den Händen Sadakos sowie dem Gedichtband und der CD mit vertonten Gedichten in der Bibliothek der Friedensburg Schlaining im Oktober 2009
Yuji und Masahiro Sasake bei der Übergabe von kranichen aus den Händen Sadakos sowie dem Gedichtband und der CD mit vertonten Gedichten in der Bibliothek der Friedensburg Schlaining im Oktober 2009

Gedichte für kleine Schwester

Ihr Bruder, der überlebte, hatte einige der Kraniche gesammelt. In seiner Pension verfasste der Friseur Gedichte an seine kleine Schwester. Die sind – auf Japanisch mit deutscher Übersetzung – ebenso im Verlag Bibliothek der Provinz erschienen wie das Buch der beiden Theatermacher:innen und Autor:innen „Sadakos Plan“ (dieses zuvor als Buchklub-Taschenbuch). Später erschienen diese beiden und noch weitere rund um Sadako Sasaki im Verlag *ingridundchristian.at*.

Auf einer Theaterreise durch die halbe Welt hatten Ingrid und Christian Mitterecker Masahiro Sasaki in Japan getroffen und sich die echte Geschichte seiner Schwester erzählen lassen. Womit ihr Buch – und ein Theaterstück, das sie auch in Schlaining spielten, viel näher an der Wahrheit ist als andere eher fiktive Bücher wie „Sadako will leben“, das sich nur auf Medienberichte stützte, oder Zeichentrickfilmen, Comic und ein Musical. Masahiro brachte übrigens mit einem seiner Söhne, Yuji, auch eine CD mit in die Friedensburg. Yuji ist Musiker geworden und hat mit seiner Band einige der Gedichte des Vaters für seine Tante, die er nie kennenlernen durfte, komponiert und gespielt.

(Diese Darstellung hier ist übrigens auch weit näher am tatsächlichen Besuch in Schlaining als jene auf der Website des Friedensinstituts, zu der du über einen QR-Code auf der letzten Buchseite von „Der Kranich und das DU“ kommst.)

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BÜCHER-INFOS

Text: Heinz Janisch
Illustration: Nadine Kappacher
Der Kranich und das DU
24 Seiten + 1e Seite über die Friedensburg in Stadt Schlaining (Burgenland) und QR-Codes dazu sowie zu einer Faltanleitung für Papier-Kraniche und die Originalkraniche von Sadako Sasaki
Verlag lex liszt
16 €
lexliszt -> der-kranich-und-das-du

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Bücher über Sadako

1 Ingrid und Christian Mitterecker, Brief an Satoru-San, Begleitheft zu den Impulsworkshops zu „Sadakos Plan“, BM:UKK 2009
2 Ingrid und Christian Mitterecker, Die Dankbarkeit des Kranichs. Von Hiroshima bis Fukushima, Wieser Verlag 2011
3 Ingrid und Christian Mitterecker, Sadako lebt, Wieser Verlag 2011
4 Ingrid und Christian Mitterecker, Sadakos Plan, Buchklub Gorilla 2004
5 Ingrid und Christian Mitterecker, Sadakos Plan, Bibliothek der Provinz 2009
6 Masahiro Sasaki, Hg. Ingrid und Christian Mitterecker, Meine kleine Schwester Sadako, Czernin Verlag 2004
7 Masahiro Sasaki, Hg. Ingrid und Christian Mitterecker, Übersetzung: Mio Aizawa
Kalligraphie: Hiromu Morishita, Meine kleine Schwester Sadako, Bibliothek der Provinz 2004
8 Ingrid und Christian Mitterecker, Sadakos Plan, Verlag *ingridundchristian.at* 2015
9 Ingrid und Christian Mitterecker, Sadakos Plan, Verlag *ingridundchristian.at* 2016
10 Masahiro Sasaki, Hg. Ingrid und Christian Mitterecker, Meine kleine Schwester Sadako, Verlag *ingridundchristian.at* 2014