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Szenenfoto aus "Else (ohne Fräulein)" des Vorarlberger Landestheaters
Szenenfoto aus "Else (ohne Fräulein)" des Vorarlberger Landestheaters
07.10.2022

100 Jahre später sind die Geschlechterverhältnisse noch ähnlich

„Else (ohne Fräulein)“ – eine moderne Version von Arthur Schnitzlers Klassiker – ist für einen der heimischen Theaterpreise Stella nominiert.

Die Zerrissenheit der Jugendlichen Else ist in der sehr frei nach dem Original in die Jetztzeit übertragenen Version in der Inszenierung des Vorarlberger Landestheaters gleich auf zwei Darstellerinnen aufgeteilt – eine Tänzerin und eine Schauspielerin. Sie spielen beide sehr körperlich in einem fast magischen, dreh- und klappbaren Bühnenbild das hin und her zwischen pubertärer Koketterie und Abgrenzung gegenüber männlicher Anmache.

Mit der Verkomplizierung des Grundplots aus dem Original von Artur Schnitzler von vor fast 100 Jahren. In ihrem Urlaubsort soll die junge Frau, damals auch schon im Titel noch „Fräulein“ genannt, einen älteren Mann dazu bewegen, ihrem Vater einen Gefallen zu tun. Bei Schnitzler Geld leihen in der modernen Version „Else (ohne Fräulein)“ von Thomas Arzt (Regie: Birgit Schreyer Duarte) durch Intervention in einem Gerichtsverfahren helfen. Doch dieser will – in beiden Versionen – Else dafür nackt sehen. Was sie letztlich recht geschickt löst: Sie lässt den Mantel, unter dem sie sonst nichts trägt, in der Öffentlichkeit des Urlaubshotels fallen – und „entblößt“ damit den alten Mann.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Else (ohne Fräulein)“ des Vorarlberger Landestheaters

Der Konflikt im „Inneren“

Doch das ist nur die Grundgeschichte, sozusagen der Rahmen in dem sich der wirkliche, tiefe, innere Konflikt der 15-Jährigen bewegt. Soll sie sich für den Vater – und damit schon auch ihr eigenes Leben im Wohlstand – opfern? Der Begehrlichkeit des (alten) Mannes ausliefern. Mit mehr als angedeutetem tragischem Ende Elses – bei Schnitzler offensichtlicher, bei Arzt offener. Womit die in Wikrlichkeit von außen aufgedrängten Verhältnisse den Konflikt ins Innere der jungen Frau drängen.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Else (ohne Fräulein)“ des Vorarlberger Landestheaters

Nominiert

Gespielt wurde das Stück aus dem Vorjahr nun in Wien im Rahmen des „Stella“-Festivals, da es für einen der so benannten Preise im österreichischen Kinde-r und Jugendtheater nominiert ist/war (Preisverleihung am 7. Oktober am Abend im Burgtheater-Spielort Kasino am Schwarzenbergplatz).

Vielseitig und wandelbar

In dem wandelbaren Strandhaus mit Schaukel, das später unter anderem zum Segelboot wird, tanzen, spielen und singen (eine sehr breite Playlist) Maria Lisa Huber und Silvia Salzmann – mal als Spiegel-, dann wieder Schattenbilder, oft sehr nahe, und nicht selten auch recht weit voneinander entfernt die beiden Seiten Elses. Neben dem inneren Konflikt, der Abscheu, dem Widerstand gegen das sich verkaufen und dem doch dem Vater behilflich zu sein auch den der eben heranwachsenden Jugendlichen, die ihre Weiblichkeit zu entdecken beginnt, sich körperlich optimieren will. In ihrem Bewegungsspiel schaffen sie mühelos den doch recht häufigen Umbau des drehbaren Bühnenbildes (Bühne & Kostüm: Bartholomäus Martin Kleppek, Marina Deronja) mit auf- und zu- und umklappbaren Wänden.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Else (ohne Fräulein)“ des Vorarlberger Landestheaters

Die Verhältnisse …

Das Ärgste in Wahrheit: Fast 100 Jahre nach dem Original ist – mit Ausnahme der doch auch von den Allermeisten akzeptierten Überholtheit des diskriminierenden Begriffs „Fräulein“ – es gab nie ein „Herrlein“ – von der Grundhaltung Männern Frauen gegenüber viel zu viel noch immer vorhanden.

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INFOS: WAS? WER? WANN? WO?

Else (ohne Fräulein)

Sehr frei und aktualisiert nach Arthur Schnitzler: Thomas Arzt
1 ½ Stunden

Regie: Birgit Schreyer Duarte

Es spielen, singen, tanzen und bauen den Bühnen-Kubus ständig um: Maria Lisa Huber, Silvia Salzmann

Bühne & Kostüm: Bartholomäus Martin Kleppek, Marina Deronja
Choreographie: Silvia Salzmann
Licht, Ton, Video: Marco Kelemen, Simon Prantner
Dramaturgie: Ralph Blase

Regieassistenz Michael Wilhelmer
Ausstattungsassistenz Leslie Bourgeois, Lilli Löbl

Playlist der im Stück vorkommenden Musik

Fräulein-Medley: Ich hab’ das Fräulein Helen baden sehn – Arpad Varosz; Fräulein – Chris Howland; Fräulein, Fräulein – Andy Fisher; Fräulein Wunderbar – Peter Alexander; Fraulein – Bobby Helms; Kleines Fräulein, darf ich sie begleiten? – Cornel Trio; Das Fräulein Gerda – Max Raabe; Gisela – Die 3 Travellers; Fräulein Mabel – Heinz Erhardt; Aber, aber, aber, Fräulein – Wiener Bohème Quartett; Ach, Fräulein Annie wohnt schon lang nicht hier – Marlene Dietrich; Ich hab‘ das Fräulein Helen baden sehn – Erwin Hartung
Señorita – Shawn Mendes, Camila Cabello
Es rappelt im Karton – Pixie Paris
Walzer der Liebe – Mireille Mathieu
Womanizer – Britney Spears
Männer muss man loben – Barbara Schöneberger
Bad Guy – Billie Eilish
Du hast – Rammstein
Die Moldau – Bedřich Smetana
Beat and the Pulse – Austra
Ladies – KeKe
Carnaval, op. 9 – Robert Schumann

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