Beim Kultursommer in Wien gab es auch einen Young Speaker’s Corner. Jugendliche und Publikum trotzten dem Regen.
Sonntagabend, Bühne im Karl-Marx-Hof am 12.-Februar-Platz, wenige Schritte von der U4-Endstation Heiligenstadt entfernt. Unter einem Zeltdach neben der – auch überdeckten Bühne – versammeln sich einige Jugendliche und die Moderatorin. Es schüttet. Irgendwie scheint die Veranstaltung ins Wasser zu fallen. Doch mehr als ein Dutzend Zuhörwillige „tröpfeln“ ein. Und so geht der „Young Speaker’s Corner“, eine der rund 1000 Veranstaltungen an einem der mehr als vier Dutzend quer über die Stadt verteilten Orten doch über die Bühne.
Sihaam Abdillahi, Sabiha Moradi, Theo Haas und Anna Hader, moderiert und damit jeweils angekündigt von Melika Ramić, rissen die Zuhörer:innen unter eigentlich als Sonnen- nun zu Regenschirmen gewordenen schützenden „Dächern“ mit.
Erstere thematisierte in ihrer unverwechselbaren ernsthaften und doch fast immer mit einem Schuss Humor gewürzten – und viel Lächeln gezuckerten – Rede (Alltags-)Rassismus. Den erlebt das mehrsprachige Redetalent – sie baut fast immer englische Passagen selbst in Alltagsgespräche ein – immer wieder. Ja sogar einen rechten Shitstorm musste sie erleiden, als sie Anfang des nun zu Ende gegangenen Schuljahres, ein paar Forderungen von Schüler:innen in einer Pressekonferenz erhob.
So gern würde sie – so ihr Wunsch – einmal einen Tag ohne Rassismus erleben. Und sie mit ihren 17 Jahren kämpfe darum, dass nicht erst die nächste Generation, sondern sie selber einen solchen genießen können würde.
Mehrsprachig – Deutsch und Farsi – sprach Sabiha Moradi, die wie Abdillahi vor einem Jahr zu den Sieger:innen des vielsprachigen Redewettbewerbs „SAG’S MULTI!“ gehörte. Einmal sie sein dürfen, ohne Zuordnungen wie Flüchtling aus Afghanistan und so weiter, wolle die HTL-Schülerin, die im kommenden Schuljahr maturieren wird.
Theo Haas, bekannt als Schulsprecher und Aktivist im Protestest gegen die Abschiebung einer Mitschülerin nach Georgien, thematisierte das „Märchen“ von der „verlorenen“ Generation. „Nein, eine im Stich gelassene Generation“ seien die Jugendlichen in der Pandemie gewesen. Was Schule betrifft seien sie ebenso weitgehend ignoriert worden wie in ihrer Sehnsucht nach Treffen mit anderen.
Anna Hader schließlich verließ das Redepult, weil sie als Performerin und mehrfache Preisträgerin von Jugend-poetry-Salm-Bewerben eben die körperliche Bewegung als spoken-Word-Künstlerin brauche. Da sie es Leid sei, als queere Person immer Diskriminierungen und Leiden zu thematisieren und ihr das mittlerweile zu plakativ vorkomme, begeisterte sie mit launigen, witzigen, selbstironischen, teils fast gerappten Zeilen.
Kiku -> u.a. Interview mit Sihaam Abdillahi