Mit „Liebe üben“, dem ersten Teil einer Trilogie, eröffnete eine internationale Tanztproduktion das (erste?) Slup-Festival für jugendliches Publikum in Wien – Kooperation mehrere Häuser.
Zwei rote Klapp-Sessel, ein hoch hängender Kleiderhaken mit weißem robenartigem Kleid und ein Laptop (Ausstattung: Ria Papadopoulou), über den Musik und aufgenommene Interviews abgespielt werden – da reicht den beiden Darsteller:innen für eine berührende, witzige, von Auf und Abs gekennzeichnete sehr tänzerische Performance mit nicht allzu vielen Worten über eines der größten, vielbesungenen und oft doch recht komplizierten Gefühle.
Mit „Liebe üben“ starteten Nora Vonder Mühll und Ives Thuwis den ersten Teil einer Trilogie im Rahmen der internationalen Gastspiele beim erstmals ausgetragenen Slup-Festival für vor allem jugendliches Publikum. Dafür haben sich die Theaterhäuser Dschungel Wien, WuK-Kinderkultur, Burgtheater und NEST (Neue Staatsoper im Künstlerhaus) zusammengetan (nicht ganz drei Wochen bis 23. März 2025).
Möglicherweise wahre Gefühle der beiden vor allem zueinander – und viele gesammelte Aussagen von Kindern aus der Schweiz, Österreich, Liechtenstein und Deutschland als Audiodateien, aber auch vorgelesenen Briefen – bildeten die Basis für getanzte und hin und wieder gesprochene Gefühle der Annäherung, des Zweifels dabei, des schüchternen bis dezidierten sich Zurückziehens. Vom Gegensatz bis zu synchronen Bewegungen, von Nähe trotz Distanz, wenn sie miteinander per Stöckelschuh von einem zum anderen Ende der Bühne „telefonieren“.
Alles ist ja gefahrlos, denn sie „üben“ ja nur Liebe, spielen Gefühle auf der Bühne, um sich die Gefahr echter Gefühle – samt möglichen Enttäuschungen – zu ersparen. Vor allem Nora Vonder Mühll will das probieren, habe sie sich doch beim ersten Aufeinandertreffen vor Jahrzehnten in Yves Thuwis verliebt. Der aber war damals schon mit einem Mann verheiratet. Wie umgehen damit, dass jemand verliebt ist in einen anderen Menschen, der in einer Beziehung ist, wie reagieren, das sagen oder nicht? Die beiden wenden sich dabei und an anderen Stellen mit ihren Fragen auch ans Publikum, fangen dort Antworten ein.
Ach ja, das Kleid – ein Hochzeitskleid. Ausgehend von Kinder-Aussagen zum Heiraten schlüpft einmal sie, dann wieder er in dieses. Es wird aber auch zu einem großen Stoffballen, unter dem das Gesicht verhüllt werden kann oder zu einem Baby.
Tänzerisch, ja akrobatisch liefern die beiden zwei Highlight-Momente: Einmal versucht sie sich ihm anzunähern, obwohl der zusammengeklappte Sessel, den er um den Hals trägt, eine rein physisch fast unüberwindbare Hürde darstellt. Nur noch übertroffen von einem minutenlangen Kuss mit tänzerischen Bewegungen und Verrenkungen über die ganze Bühne, Drehungen, Wendungen, liegend, sitzend, stehend – ohne die Lippen voneinander zu lassen – dafür gab’s Szenenapplaus. Und gleich danach eine Kinderstimme aus dem Lautsprecher des Laptops, Zuschauen Küssender in der Öffentlichkeit ekelig zu finden 😉
Auch wenn in dieser Stunde „nur“ geübt wird (Regie: Hannah Biedermann), so verströmt die Performance tiefe Gefühle – übrigens auch des Gegenteils, denn einige Minuten lang „üben“ die beiden auch Trennungen.
Vonder Mühll / Thuwis / Biedermann (Schweiz, Belgien, Deutschland)
Dokumentarisches Tanztheater; ab 10 Jahren, eine Stunde
Konzept + Performance: Nora Vonder Mühll, Ives Thuwis
Das Recherchematerial stammt von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen in Zürich, Schaffhausen, Feldkirch, Ruggell, Schaan und Düsseldorf sowie den Künstler:innen Salome Schneebeli, Frederike Dengler, Corsin Gaudenz, Tina Beyeler, Brigitte Walk, Arno Oehri, Sabeth Dannenberg, Martin Nachbar und Morgan Nardi
Regie: Hannah Biedermann
Ausstattung: Ria Papadopoulou
Licht: Bene Neuhaus
Produktion: Cornelia Wolf, Stefan Colombo
Eine Produktion des Theaters Sgaramusch (CH) in Koproduktion mit dem Tanzhaus Zürich (CH), dem FFT Düsseldorf (DE), dem TAK Theater Liechtenstein (LI) und dem Kulturbüro Friedrichshafen (DE).
Gastspiel im Rahmen des Slup Festivals von Dschungel Wien, WuK, Burgtheater, NEST (Neue Staatsoper im Künstlerhaus)
Bis 23. März 2025
slup-festival
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