Meisterhaftes Schau- und Figurenspiel im Wiener Schubert Theater zum Brucknerjahr – ohne Bruckner.
Ein wilder, explosiver, derber erster Schauspiel-Auftritt der bekannten Figurenspielerin Manuela Linshalm. Zunächst ganz ohne Puppen. Schreiend, schimpfend, Fäkalsprache. Die jugendliche, vielleicht höchstens junge Erwachsene liegt in Clinch mit so ziemlich allem, vielleicht auch allen. Und steht bald vor Gericht – das aus dem Inneren eines dicken Gesetzbuches kommt. Verurteilt unter anderem wegen Sprayens – anrüchiger Bilder.
Sie wird verurteilt – muss nicht hinter Gitter, auch wenn sie die Diversion im Ausmaß von 100 Stunden sozialer Arbeit – irgendwie für ähnlich schlimm hält. Und damit wechselt sie in ihr angestammtes Fach, ins Puppenspiel. Sie muss bei einer uralten Frau dienen, für sie einkaufen gehen, mit ihr reden… Doch die Persönlichkeit ihrer Figur behält Puppen- und Schauspielerin bei. Widerwillig tritt sie ihren Job an. Switcht aber nun natürlich zwischen zwei verschiedenen Charakteren. Linshalm spielt das Stück „Der schlafende Wal – Ein Stück ohne Bruckner“ (Text: Paulus Hochgatterer) als Solo.
So trippelt Linshalm nun mit kleinsten Schritten, die Ganzkörperfigur der Alten (Puppen: Soffi Povo) an einem Rollator durch die bürgerliche Wohnung führend, in der sich die Bühne präsentiert (Regie, Ausstattung: Simon Meusburger; Kostüm: Lisa Zingerle). Und verleiht dieser Figur auch eine fast zittrige, altersschwach wirkende Stimme. Um im Dialog sofort wieder in die schauspielende Punkerin zu wechseln, die so vieles vom Ordnungssinn der alten Frau ganz und gar nicht versteht und eigentlich nur ihre aufgebrummten Sozialstunden abdienen will.
Nach und nach ergibt sich jedoch eine Gemeinsamkeit: So wie der junge Sch…-auf-alles-Wilden vieles auf den A… geht, so nervt die Alte vieles, ja so ziemlich alles aus ihrem früheren Leben mit ihrem Ehemann. Bruckner, Bruckner, andauernd war der nur zu hören, musste verehrt, ja angehimmelt werden. Jetzt wo sie Witwe ist, beginnt sie sich – vielleicht auch ermutigt durch die junge Frau – nach und nach von dem Diktat Bruckners und des Ehemanns zu befreien…
Eeeendlich darf, ja kann sie Musik von anderen Komponisten hören. Von denen einige als Figuren auch in Erscheinung treten – aus überraschenden Verkleidungen, die hier nicht demaskiert werden sollen. Aber die natürlich ihre Stimmen auch aus dem Munde Manuela Linshalms bekommen.
Der erste Teil des Stücktitels „der schlafende Wal“ wird knapp vor dem Ende der eineinhalb-stündigen, dichten, kurzweiligen Show in einer Geschichte sozusagen aufgeklärt – und eröffnet erst recht wieder eine Art geheimnisvolle Grübelei, ob diese als Metapher und wenn ja wofür steht.
Eigenproduktion; 1½ Stunden
Text: Paulus Hochgatterer
Spiel: Manuela Linshalm
Regie, Ausstattung: Simon Meusburger
Puppen: Soffi Povo
Kostüm: Lisa Zingerle
Mit Dank an Roni für die Unterstützung
22./23. November, 18. Dezember 2024 (Zusatzvorstellung), 19. Dezember 2024
weitere Termine folgen
Schubert Theater: 1090, Währinger Straße 46
Telefon: 0676 443 48 60
Schubert Theater -> der schlafende Wal