„Hope“, ein Mix aus Performance und interaktiver Ausstellung, der „schallundrauch agency“ im Dschungel Wien.
Kriege – die bekannten in der Ukraine, im Nahen Osten und so manch andere kaum (mehr) wahrgenommene, etwa in Syrien (mittlerweile 13½ Jahre), Jemen, Sudan…; Klima-Katastrophen, die sich auch immer näher kommend, häufen – zuletzt Valencia in Spanien, davor halb Niederösterreich – Jahrhundert-Hochwasser spielen sich schon rund alle zehn Jahre ab; Wahlen, die einen verurteilten Straftäter zum triumphalen Sieger machen, hetzerisch-rassistische Parteien sehr viele bis hin zu den meisten Stimmen bringen – ollas oa… Katastrophe. Hoffnungslos.
Und das lähmt erst recht. Zahlt es sich überhaupt noch aus, irgendwas zu tun? Aktiv zu werden?
Appelle – an andere, an sich selbst oder Allerweltssprüche wie „die Hoffnung stirbt zuletzt“ helfen da meist recht wenig bis genau gar nix.
Mut machen und Hoffnung geben am ehesten noch konkrete Beispiele, wo Menschen tatsächlich in einem gewissen Bereich etwas zum Positiven verändern können. Für andere, aber auch für sich selbst, um aus Lethargie rauszukommen, aus dunklen Löchern ins Licht zu klettern… Und genau das ist der Hintergrund für „Hope“, eine performative Installation mit Hoffnungs-Chor, der „schallundrauch agency“. Die ist – von den Profi-Performer:innen mit Gäst:innen, die genau dies verkörpern – derzeit (bis 16. November 2024) und dann in der letzten Schulwoche im Juni 2025 im Dschungel Wien zu sehen, nein erleben.
Die eine Stunde – eigentlich zu kurz, das der Kritikpunkt an der Produktion! – bietet einerseits eine Art interaktives Museum. In verschiedenen Stationen zeigen, erklären, berichten die Gäst:innen über eigene Projekte. Oder du kannst auf Tafeln hoffnungsvolle und gegenteilige Bilder malen bzw. dich von einem der Gäste bemalen, also schminken lassen. Hendrik Renneberg schreibt seine universitäre Abschlussarbeit über „performative Ansätze in der Bildung“ – und kam so zum Projekt – mit witzigen performativen Fotos und eben einer Schminkstation.
Einer, der am Ende der Performance zunächst als DER Hoffnungsträger auftritt ist Lorenz Hinterplattner. Er präsentiert an seinem Stand Honigwaben und Utensilien aus der Imkerei. Der 22-Jährige frönt dieser Leidenschaft – und das längst professionell. Und weiß auch um eine weit verbreitete Bienenkrankheit, die amerikanische Faulbrut. Da müsste es doch ein Gegenmittel geben – idealerweise auf pflanzlicher Basis. Ein solches fand er – und gemeinsam mit zwei Kolleg:innen entwickelte es das Trio bis hin zum praktischen – erfolgreichen – Einsatz mit Notfall-Zulassungsverordnung. Damit gewann das Trio vor zwei Jahren die Kategorie Science bei Jugend Innovativ und anschließend beim internationalen Bewerb EUCYS einen Spezialpreis – KiJuKU hat damals berichtet, Links unten am Ende des Beitrages. Das Medikament wird nun großflächiger eingesetzt – weiterhin über die Notfallzulassung, aber Amts-Tierärzt:innen können für ihren Wirkungsbereich dies damit zum Einsatz freigeben.
Hatte die Kerngruppe von schallundrauch agency – René Friesacher, Michael Haller, Janina Sollmann, Gabriele Wappel, Sara Wilnauer-Leitner, Hannah Zauner – neben den Einzelpräsentationen von vornherein auch gemeinsame performative Auftritte geplant, so veränderten die sich in der Zusammenarbeit mit den sieben Gäst:innen. Unter anderem war ein gemeinsamer Chor geplant – den gibt’s nun. Im Stile von Gospel-Songs singen alle 13 miteinander Wörter wie Apokalypse, Algorithmus, Liebeskummer, Depression, um anschließend in die Hoffnungs-Hymne John Lennons „Imagine“ einzustimmen. „Doch die Gäst:innen wollten auch tanzen“, verrät Janina Sollmann, künstlerische Co-Leiter der seit mehr als 20 Jahren aktiven Performancegruppe Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… Und so gibt es nun auch eine intensive gemeinsame Tanz-Choreo.
Tänzerisch treten aber auch drei der Gästinnen auf. Da ist die Allerjüngste der „Hope“-produktion, die 14-jährige Sophia Valentina Gomez Schreiber, die schon vor vielen Jahren noch als Kind in einer der Produktionen von schallundrauch agency mitwirkte. Nun zelebriert sie einen Schattentanz – ihr Tanzpartner (René Friesacher) muss alle ihre Bewegungen als Schatten nach- und mitmachen. Im Stationenbetrieb tüftelt sie an Mathe-(Schul-)arbeiten – ihrem schulischem Angstfach.
Am anderen Ende der Alters-Skala legt Giti Aghelmanesh-Sommer ein Tanz-Solo in einem der Studio-Räume hin – mit dem Geständnis, dass die 68-Jährige zuletzt vor 50 Jahren getanzt hat. Dass sie eine bewegte, nicht immer leichte Geschichte hinter sich hat, vermittelt ihr ein Satz, den die schon genannte Sollmann dann aufgreift und zu einem kleinen chorischen Auftritt erweitert: „Verlust zerreißt dir das Herz“. Ferner schreibt „die Giti mit einem T“ in großen persischen Schriftzeichen Zeilen aus dem Gedicht Adams Kinder aus dem „Rosengarten“ (Golestān) des Poeten Saadi (1210 – 1290).
Dritte Tänzerin ist Antonia Bögner, die sich wie sie sagt, „stark für Inklusion einsetzt“ und seit etlichen Jahren bei „Ich bin O.K.“ in Kursen und bei Bühnenauftritten tanzt. Zu einem KiJuKU-Interview mit Antonia Bögner am Rande der Proben für eine der „Ich bin O.K.“-Produktion geht es in einem Link am Ende dieses Beitrages.
„Zukunftsmusik“ spielt Morteza Mohammadi mit einer tönernen kleinen Pfeife, aber auch herbstblättern und Rindenschnitzeln, die er über einem Ventilator tanzen lässt. Ein großes Becken mit Sand, in das die Besucher:innen sozusagen „zeichnen“ können, neben seiner Musikstation symbolisiert die ufer, die er, dessen Familie aus Afghanistan im Iran Zuflucht gefunden hatte, von dort über die Türkei und Griechenland nach Österreich flüchten konnte.
Schließlich sing noch Jan Pisar, Verkäufer der Straßenzeitung „Augustin“, ein südmährisches Lied, in das seine Kolleg:innen – ob Gäst:innen oder Profis – einstimmen.
Weitere Ausstellungsobjekte, auch solche zum Weiterlesen – Bücher u.a. „Frau Leben Freiheit“ von Marjana Satrapi, Graphic Novel über den Widerstand im Iran gegen die Diktatur ausgehend vom Mord an der kurdisch-iranischen Studentin Jina Mahsa Amini vor zwei Jahren, Exemplare des Augustin, aber auch der Zeitschrift „andererseits“, Magazin von Journalist:innen mit und ohne Behinderung, sowie ein Holz-Drahtfigur „goat of hope“ (Ziege der Hoffnung) UND nicht zuletzt über Kopfhörer zu genießende „Songs of Hope“ von Schüler:innen der BASOP /BAfeP (BildungsAnstalt für Sozial- und ElementarPädagogik).
Gerade letztere zeigen – vor allem auch neben dem Bienen-Medikament, dass auch schon sehr junge Menschen viel konkret Positives, Hoffnung gebenden bewirken können. Und so bringt auch DER oben genannte Hoffnungsträger ein Plakat auf die Bühne mit dem von John Lennons „Imagine“ ausgeborgten Satz: „But I’m not the only one“ (Aber ich bin nicht der einzige).
Eine Stunde Theater, die – angesichts der Nachrichtenlage – dennoch Hoffnung macht!
Eine performative Installation mit Hoffnungs-Chor
schallundrauch agency
Ab 14 Jahren; eine Stunde
Künstlerische Leitung: Gabriele Wappel, Janina Sollmann
Stückentwicklung + Performance: René Friesacher, Michael Haller, Janina Sollmann, Gabriele Wappel, Sara Wilnauer-Leitner, Hannah Zauner
Gäst:innen (Erzählungen, Performance): Giti Aghelmanesh-Sommer, Lorenz Hinterplattner, Morteza Mohammadi, Jan Pisar, Sophia Valentina Gomez Schreiber, Hendrik Renneberg, Antonia Bögner
Raum: Michael Haller
Musikalische Leitung: Sara Wilnauer-Leitner
Regie-Assistenz: Hannah Zauner
Leitung Workshops + Austausch mit Schulen: Martin Wax
Organisation: Lena Obenaus
Dank an: Redaktion andererseits, Ich bin O.K., Augustin, Sebi Moser-Sollmann, Frans Poelstra, Milano Leeb, Schüler:innen der BASOP/BAfEP St. Pölten und Heinz Wagner von KiJuKU.at – Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… (v.a. wegen Vernetzung und Vermittlung zweier der Gäste)
Bis 16. November 2024
Wiederaufnahme: Juni 2025, letzte Schulwoche
Dschungel Wien: 1070, MuseumsQuartier
Telefon: 01 522 07 20 – 20
dschungelwien -> hope