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Regie- und Technikleute stehen vor der Bühne, auf der drei Schauspieler:innen eine Lagerfeuer-Szene proben
Regie- und Technikleute stehen vor der Bühne, auf der drei Schauspieler:innen eine Lagerfeuer-Szene proben
13.05.2021

Huck = Finnea: Es gibt ohnehin zu wenig Mädchenrollen

Regisseur Felix Metzner und Dramaturg Clemens Pötsch haben diese Fassung von Tom & Huck nach Mark Twain geschrieben. Interview nach einem Probenbesuch.

KiJuKU: Wie seid ihr auf die Idee der vielen Änderungen gekommen: Huck ist ein Mädchen, die Geschichte spielt gut 100 Jahre später. Raumfahrt kommt ebenso vor wie ein AKW samt Unfall. Gut Elvis passt zum Mississippi sowieso.
Clemens Pötsch: Wir dachten, dass wir wegkommen wollen von der Wildwestromantik. Im Original ist ja diese Technikbegeisterung von Tom für die Mississippi-Dampfer da. Mark Twain hatte selbst eine Ausbildung zum Kapitän gemacht. Dann haben wir geschaut, was war in den 60 er Jahren (des 20. Jahrhunderts) gerade das Spannende Technikthema. Da sind wir schnell auf die Raumfahrt gekommen. Viele Kinder fasziniert das ja auch heute noch.

Aber wie seid ihr überhaupt auf die 60er Jahre gekommen?
Clemens Pötsch: Es war eine Zeit der großen Umbrüche, wo ganz viele Weichen gestellt wurden, die uns auch heute noch betreffen. Und so wie heute Corona eine große Bedrohung ist, waren es damals die Atombombe und der Kalte Krieg (Feindschaft zwischen den USA und der Sowjetunion, der NATO und dem Warschauer Pakt). Es war so viel im Umbruch, nicht so sicher. St. Petersburg (die Kleinstadt am Mississippi in der die Geschichte spielt) lag zwar am Rand des Geschehens, dennoch spielt das Weltgeschehen rein. Mit Becky kommt aus der Großstadt auch die Bürgerrechtsbewegung ins Spiel.

Außerdem wird Tom Sawyer oft gespielt, wir wollten’s anders erzählen, zwar am Handlungsverlauf dran bleiben, die Probleme aber vielleicht sogar noch ernster nehmen.

Das grundsätzliche Setting kam von Felix, der hat die Liebe für diese Zeit. Wir haben den Roman noch einmal genau gelesen. Bei Twain schwingt so ein sentimentales, fast Belächeln der Kinder mit. Wir wollten die ernster nehmen, hinschauen, wo sind heute übersehene Kinder. Und wir wollten auch diese Bob/Mädchen-Klischees nicht bedienen. Da war bald klar, eine zweite Hauptfigur sollte ein Mädchen sein.

Das Autorenduo Clemens Pötsch und Felix Metzner werden an einem Tisch von Heinz Wagner interviewt
Die beiden Autorien Clemens Pötsch (auch Dramaturg) und Felix Metzner 8auch Regisseur) im Interview mit Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr…-Journalist Heinz Wagner

Und warum in die 60er-jahre des vorigen Jahrhunderts und nicht gleich ins Heute?
Felix Metzner: Es war klar, es kann nicht die Gegenwart sein. Da würde dank Computer, Handys und Internet vieles nicht mehr stimmen – mit dem Abhauen auf die Insel und keiner findet sie. Außerdem fanden wir’s auch spannend dem jungen Publikum eine andere zeit zu zeigen, den Wettlauf zum Mond, Beginn der Raumfahrt, Kalter Krieg…

Wir haben uns schon länger mit dem Stoff beschäftigt und mit einer Bühnenfassung gespielt, kurz auch damit, eine historische Version zu spielen. Aber dann war auch vom Haus (der Leitung des Theaters der Jugend) der Wunsch, wir sollten neu dran gehen. Relativ früh hatten wir dann den Gedanken, was passieren würde, wenn wir aus Huckleberry ein Mädchen machen.

Clemens Pötsch: Es gibt ohnehin mehr männliche Protagonisten, deswegen finden wir es in der heutigen Zeit legitim, bestehende Stoffe abzuklopfen darauf hin, was ist das Zeitlose dran und können wir nicht die eine oder andere männliche Figur zu einer weiblichen machen.

War gleich klar, dass dies bei Huck passiert oder hätte es auch Tom sein können?
Felix Metzner: Es wäre schon auch gegangen, aber wir fanden die Konstellation Tante Polly und Tom auch ganz spannend. Und bei der 3er-Konstellation stellte sich auch die Frage der Allianzen, wo sind die Freundschaften, wann steht wer wo daneben. Der Kontrastzwischen Becky und Huck ist, finden wir größer, wenn Huck, der gebeutelte Charakter, ein Mädchen ist. Aber die größere Veränderung ist sowieso bei Becky, die wir vom passiven Rosa-Klischeemädchen wegbringen.

Follow@kiJuKUheinz

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