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Lucas Leonardo und Dafne Barbosa in einer nachgestellten Szene aus "Jakob im Kleid" vom Salzburger Landestheater
Lucas Leonardo und Dafne Barbosa in einer nachgestellten Szene aus "Jakob im Kleid" vom Salzburger Landestheater
06.10.2022

Kleider und Fußball lieben, obendrein Bub sein – warum nicht?!

Sehr stimmiges, zeitweise mitreißenden Tanztheaterstück „Jakob im Kleid“ vom Salzburger Landestheater gastiert derzeit auch in Wien – es ist für einen Stella nominiert.

Im Turnsaal stehen auf einem aufgelegten Teppichboden Sesselreihen. Davor ein einziger Schultisch mit zwei noch leeren Sesseln, davor eine Tafel. In großen Buchstaben steht der Satz: „Ich bin gerne ein Junge, warum kann ich nicht trotzdem ein Kleid tragen?“

Klar, hier geht’s um ein Theaterstück, ist das doch angekündigt – mit dem Titel „Jakob im Kleid“. Mit diesem Stück gastiert das Salzburger Landestheater derzeit (erste Oktoberwoche) in Wiener Schulen. Das Stück ist in der Sonderkategorie Tanz für einen Stella nominiert – das sind die jährlich zu vergebenden Theaterpreise für junges Publikum. Die Gala findet immer in einem anderen Bundesland statt, 2022 in Wien – am 7. Oktober 2022 in der Burgtheater-Spielstätte Kasino am Schwarzenbergplatz.

Ballett vs/+ rockiger Pop

Zurück zu diesem Tanzstück. Jakob (Lucas Leonardo) betritt, nein tanzt ins Bühnen-Klassenzimmer. Nein, nicht im Kleid. Er tanzt zu klassischer Musik Ballett – und er zeichnet gern. Noch sehen wir nicht was. Wenig später erobert seine Schulkollegin Lena (Dafne Barbosa) den Raum mit coolen Moves zu rockigen Pop-Klängen. Die reißen gleich die ersten der Volksschüler:innen in den Sitzreihen mit.

Lucas Leonardo und Dafne Barbosa in einer nachgestellten Szene aus
Lucas Leonardo und Dafne Barbosa in einer nachgestellten Szene aus „Jakob im Kleid“ vom Salzburger Landestheater

Ganz ohne Worte kommunizieren die beiden Tänzer:innen, freunden sich an, konkurrieren tänzerisch fast wie in einem Battle aber auch das eher freundschaftlich, geraten in Streit – alles ohne Worte, sondern im Tanz. Wobei sie gar nicht ihren anfänglichen Stilen treu bleiben, sondern durchaus auch wechseln. Und immer wieder gemeinsam tanzen, mit manch akrobatischen Einlagen.

Soll ich mich trauen?

Natürlich fehlt jetzt noch etwas – das was den Stücktitel rechtfertig. Schon früh lässt Jakob, wenn er in seinem Schulrucksack kramt, ein Stück Stoff aufblitzen. Das könnte doch… Am Ende des ersten Drittels (das Stück dauert ungefähr ¾ Stunde) zieht er das Kleid heraus, in das er erst viel später schlüpft. Deutlich davor aber entreißt ihm Lena schon sein Heft und zeigt Jakobs Mode-Zeichnungen her. Blick auf ein einzelnes seiner Kleider-Entwürfe, wieder weg, erneut hin… Soll ich – mich trauen, oder nicht sagt der Tänzer mit seinen Blicken und Körperbewegungen. Dazwischen verstecken sich beide hinter Ganz-Gesichtsmasken und spielen, wenn sie diese auf den Hinterkopf schieben, sozusagen mit jeweils zwei Gesichtern.

Lucas Leonardo und Dafne Barbosa in einer nachgestellten Szene aus
Lucas Leonardo und Dafne Barbosa in einer nachgestellten Szene aus „Jakob im Kleid“ vom Salzburger Landestheater

Letztlich ermutigt Lena ihren Klassenkollegen, doch das Kleid überzustreifen wenn er es möchte. Zwischendurch die ersten Worte – Einspielungen von Kinder-Antworten offenbar auf die Frage, wie sie es empfinden, wenn ein Junge in Kleidern kommt: Mit der ganzen Bandbreite von komisch, blöd bis hin, dass es genau deswegen Mut erfordert aber auch Ermunterung, zu sich zu stehen und „warum nicht?“

Auch wenn gerade angesichts (medialer) mitunter heftiger Diskussionen über die Fragen als Mädchen oder Bub, Mann oder Frau „gelesen“ zu werden das Stück sozusagen brisante Aktualität erfährt, im Grunde geht es um die – noch immer nicht überwundenen Schubladen rosa vs blau, Auto oder Puppe… Und so manch Rückschritte bei der Überwindung dieser Rollenzuschreibungen. Hatte doch selbst Lego – ein jahrzehntelanges Unisex-Spielzeug – mit Mädchen- und Bubenlinien begonnen. Seit zwei, drei Jahren wird das nicht nur beim Konzern der genoppten Bausteine wieder überdacht.

Fußball

In den letzten Minuten des Stücks greift sich Lena einen Fußball und scheint ihn ins Publikum zu pfeffern, bevor sie mit ihrem Kollegen, der sich nun im Kleid immer wohler zu fühlen scheint, zu kicken beginnt.

Eine wunderbare Schulstunde, die dafür plädiert: Steh zu dem, was du willst und/oder lass dich nicht von Klischees einschränken. Vielleicht können es ja alle gemeinsam einmal schaffen, dass jede/r anziehen und spielen darf was sie/er will.

Das Stück (Idee und Choreografie: Josef Vesely und Kate Watson) scheint sehr stark inspiriert von zwei Kinder- bzw. Jugendbüchern zum Thema: David Williams‘ „Kicker im Kleid“ sowie dem Bilderbuch „Jo im roten Kleid“ von Jens Thiele. Das anzugeben wär vielleicht vom Theater fair und weiterführend 😉 Ein Tanzstück zum letztgenannten Bilderbuch vom Grazer Mezzanintheater war übrigens schon 2017 für einen Stella nominiert.

Follow@kiJuKUheinz

Besprechung des Tanztheaterstücks „Jo im roten Kleid“ vom Mezzanintheater – im KiKu

Buchbesprechung von „Kicker im Kleid“ – damals auch noch im Kinder-KURIER

Cassiano Rodrigues, Moeka Katsuki, Dafne Barbosa und Lucas Leonardo posen für das Stück
Cassiano Rodrigues, Moeka Katsuki, Dafne Barbosa und Lucas Leonardo posen für das Stück „Jakob im Kleid“ vom Salzburger Landestheater
INFOS: WAS? WER? WANN? WO?

Jakob im Kleid

Idee und Choreografie: Josef Vesely und Kate Watson
Jakob: Lucas Leonardo (alternierend tanzt/spielt Cassiano Rodrigues)
Lena: Dafne Barbosa (alternierend tanzt/spielt Moeka Katsuki)

Dramaturgie: Angela Beyerlein, Lea Mantel
Kostüme: Alois Dollhäubl
Spielleitung und Tanzpädagogik: Kate Watson

Wann & wo?

Schul – und Gruppenbuchungen
Christa Großbointner * Christina Haas
0 662 87 15 12 – 223
schule@salzburger-landestheater.at

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