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Probenszene aus "Odyssee 2021" im Wiener Theater Arche
Probenszene aus "Odyssee 2021" im Wiener Theater Arche
25.08.2021

Probenbesuch: Sieben Odyssas des 21. Jahrhunderts

Lokalaugenschein im Theater Arche (Wien), das zum Jahrestag von 9/11 mit „Odyssee 2021“ startet und sieben Texte von Autorinnen über weibliche Suchende ins Zentrum rückt. Noch sind Videonachrichten von „Nebenfiguren“ gesucht – für eine Online-„Ausstellung“.

Im Foyer kleben an einigen Stellen der weißen Wände schwarze Fäden. Kerzengerade in rechten Winkeln bilden sie ein Muster das sofort irgendwie an ein Labyrinth erinnert. Das soll es auch, so die Ausstatterin Helena May Heber, die auch selbst spielt und live bildhauern wird (dazu eigene Story – siehe Link unten). Die Theater Arche ist gerade dabei sich sozusagen in ein anderes Schiff zu verwandeln. „Odyssee 2021“ startet am 11. September, dem 20. Jahrestag von 9/11. Allerdings alles andere als eine dramatisierte Nacherzählung des Homer’schen Epos vom Helden der Abenteuer und der traurig wartenden Ehefrau und des Sohnes. Im Zentrum stehen Versionen einer Odyssa des 21. Jahrhunderts.

Sieben zeitgenösssische Autorinnen

Dafür wurden sieben Autorinnen – bewusst mit kleinem i – um Monologe einer aktuell Suchenden, Irrfahrenden gebeten: Theodora Bauer, Margret Kreidl, Lydia Mischkulnig, Sophie Reyer, Kathrin Röggla, Marlene Streeruwitz, Miroslava Svolikova.

Probenszene aus

15 Schauspieler:innen, teils Musiker:innen, tauchen seit Monaten in die Texte, nicht nur der genannten Autorinnen, ein. Die  sehr stark auch körperliche Annäherung, Aneignung dieser zerhackten Monologe, die den gemeinsam knapp mehr als einstündigen Schluss der Aufführungen ergeben werden, können bei offenen Proben beobachtet werden. Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr … nutzte einen solchen Probenbesuch. Und erlebte dabei unter anderem auch sehr spannende akustische Experimente mit den Klavier-Saiten. Sowie total unterschiedliche Figuren – solche, die das an den Rändern sitzende Publikum eher anspielen werden und andere wiederum, die in sich gekehrt den Inneren Monolog eher mit sich selber auszutragen scheinen. Alle jedoch den ganzen Raum wie in einer irr-tanzenden Suche erkundend. Sehr oft auch in fast zeitlupenartigem Tempo.

Probenszene aus

Die Texte reichen von tiefgründig-philosophisch bis zu einer humorvoll-witzigen Reflexion von Erfahrungen, die wohl alle in den vergangenen eineinhalb Jahren machen mussten über ermüdende Online-Video-Meetings. Wobei Kathrin Röggla bei Letzteren krasse Unterschiede zwischen Frauen und Männern in ihrem Verhalten in ihren Kachlen ortet.

Probenszene aus

Das „Odyssee 2021“-Team arbeitet(e) aber nicht nur an den Texten der genannten sieben Autorinnen, sondern zieht sich den gesamten Stoff rein, um diesen Kosmos durchaus auch neu zu entdecken – aus Homers Odysseus samt vielen Hinterfragungen des Helden als einer Art Münchhausen. Neuere Romane, die sich um scheinbare „Neben“figuren wie Penelope oder Circe drehen, wurden durchgeackert – und teils in Lesungen – gemeinsam mit dem 1. Wiener Lesetheater auch einer interessierten Öffentlichkeit vorgestellt und diskutiert.

Probenszene aus

Drei – männliche – Klassiker

Vor dem schon genannten Schlussteil mit der Collage aus den Monologen der Autorinnen lassen die Schauspieler:innen/Musiker:innen aufgeteilt in drei verschiedenen Räumen parallel (das Publikum wechselt in kleinen Gruppen) Texte von Dante Alighieri, James Joyce und Fjodor Michailowitsch Dostojewski lebendig werden. Runde Jahrestage dieser drei Autoren – 200. Geburtstag von Fjodor Dostojewski, 70. Todestag von James Joyce, 700. Todestag von Dante Alighieri – waren für Jakub Kavin, Theater-Co-Leiter, der die Idee hatte und Regie führt, mit ein Anlass für eine moderne Odyssee samt historischen Bezügen.

Vom Ulysses (James Joyce) wird eine intensive, lustvolle Passage über Molly Bloom, sozusagen die Penelope, be- und verarbeitet. Im Gegensatz zum Original von Homer vergeht die Zurückgelassene nicht in sich verzehrender Sehnsucht, sondern genießt die Zeit durchaus freizügig. Dante lässt in siener „Göttlichen Komödie“ ja den Odysseus ohnehin auftreten und für Kavin ist Dostojewskis Rodion Romanowitsch Raskolnikow „eine Art Odysseus“.

Probenszene aus

Übrigens Suche, „Wanted“ Videobotschaften von „Neben“figuren

„Odysseus verstummt, nun reden die anderen.“ Unter diesem Motto sucht das Theater Arche noch Videonachrichten aus der Odyssee für eine Online-Ausstellung.

Aufgabe: Lass eine „Nebenfigur“ aus der Odyssee ihre Version der Geschichte erzählen. In welcher Form auch immer ob als Monolog, Whats-App-Sprachnachricht, Insta-Story …
Halte dies in einem Kurzvideo fest – Format ebenso frei, Folge von Bildern erlaubt, rechtefreie Musik willkommen.
Nur drei Regeln: Odysseus darf nicht sprechen, der Text muss gesprochen werden (oder sogar gesungen, halt wie zu Homers Zeiten!), maximale Dauer 3 Minuten.

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Nun reden die anderen

Wanderkarte

Ladies Monster und Nobodies der Odyssee

INFOS: WAS? WER? WANN? WO?

Odyssee 2021

ein immersives Stationentheater

Autorinnen: Theodora Bauer, Margret Kreidl, Lydia Mischkulnig, Sophie Reyer,  Kathrin Röggla, Marlene Streeruwitz, Miroslava Svolikova

Mit Texten auch von: Dante Alighieri, Fjodor Dostojewski,  Homer und James Joyce

Idee, Dramaturgie und Regie: Jakub Kavin

Darsteller:innen: Roberta Cortese, Max Glatz, Claudio Györgyfalvay, Elisabeth Halikiopoulos, Helena May Heber, Marc Illich, Bernhardt Jammernegg, Tom Jost, Nagy Vilmos, Manami Okazaki, Eike N. A. Onyambu, Amélie Persché, Ruei-Ran Wu, Pia Nives Welser, Charlotte Zorell

Musikalische Leitung: Ruei-Ran Wu
Ausstattung: Helena May Heber
Choreographie: Pia Nives Welser und Claudio Györgyfalvay
Dramaturgische Mitarbeit: Thyl Hanscho

Technik: Piers Erbsloeh
Grafik: Bernhardt Jammernegg
Produktionsleitung: Manami Okazaki

Wann & wo?

11., 16., 17., 18., 23., 24. und 25. September 2021
1., 2., 19., 20., 22., 23. und 24. Oktober 2021
4., 5., 6., 8., 9., 10. und 11. November 2021
Jeweils: 18.30 Uhr
Theater Arche: 1060, Münzwardeingasse 2a
theaterarche.at