„Ödipus“ in einer langen, aber kurzweiligen Kriminalkomödie von Kaja Dymnicki und Alexander Pschill im TAG (Theater an der Gumpendorfer Straße, Wien).
Zwei Stunden – ohne Pause – mögen lang klingen werden aber von einem herrlich grotesk gedachten, geschriebenen, inszenierten und hervorragend komödiantisch spielenden Ensemble aus acht Schauspieler:innen doch recht kurzweilig. Gegeben wird im Theater an der Wiener Gumpendorfer Straße (TAG) wieder einmal ein klassischer Stoff: Ödipus. Als sich selbst immer wieder auf die Schaufel nehmende Kriminalkomödie mit so manch aktueller Anspielung.
Die Grundgeschichte: Ödipus bringt Vater Laios (Georg Schubert) um und heiratet die eigene Mutter Iokaste (Michaela Kaspar) – ohne all das zu wissen, weil er wegen dieser Weissagung von den Eltern weggegeben worden ist – wird durchgespielt. Und ein zweites Mal 18 Jahre und ein paar adoptierte Kinder später fast wiederholt. Obendrein aber auf einer Meta-Ebene nochmals durchexerziert. Kaja Dymnicki und Alexander Pschill, die den Text schreiben, Regie führten und mit Fototapeten-Elementen für die Ausstattung sorgten, haben sozusagen die verschiedenen griechischen Original-Autoren (u.a. Sophokles) umgebracht, um die Story, den Stoff zu heiraten.
Für die Kurzweiligkeit sorgt unter anderem das klassische Verwechslungskomödien-Konzept Tür auf/Tür zu samt Missverständnissen. Die Tiefe der nach dieser antiken Geschichte benannten Komplex wird als eltern-Kindkonflikt inszeniert. Findelkind-Eltern (Merope: Lisa Schrammel und Polybos: Jens Claßen) die dem zu groß gewordenen musterschülerhaftem, intelligenten Knaben (Ödipus: Stefan Lasko) nichts zutrauen einerseits. Und dem Kind, später den Kindern – aus der zweiten Generation tritt nur Antigone (Julia Edtmeier) auf, wiederum sind alle vorkommenden Eltern mehr als peinlich. Wofür sie am laufenden Band grandios Anlass geben.
König Laios, ein Mehl-Kokser und Bsuff – wie so manch andere der „erwachsenen“ Protagonisten – will bei der Party seiner Frau mit Käse-Igel, Toast Hawai und ähnlichem, das zu den Fototapeten passt, eigentlich den Korruptionsstaatsanwalt um die Ecke bringen. Es wurden aber die falschen Mayers statt dem Meyer eingeladen. Und die Gäste sind nun die, die das Findelkind aufgezogen haben, womit das Schicksal seinen Lauf nimmt…
Apropos Schicksal. Der genial unbeholfen agierende Ödipus kann sich nie entscheiden, weshalb er per Tasten-Festnetztelefon beim Orakel anruft. Oder sich ans Publikum wendet. Soll er jetzt beispielsweise schießen oder nicht. Und wie sich herausstellt, ist’s – das wird vor einer möglichen dritten Abstimmung auch offen gesagt – eh wurscht, wie die Abstimmung ausgeht, „die da oben entscheiden sowieso“.
Nicht unerwähnt bleiben darf das Sphinkt-Duo Isabella und Janus – Judith Edtmeier, die hier ganz gegenteilig agiert wie in der Rolle der aufmüpfig, widerständig Pubertierenden Antigone und Florian Carove. Der später als „blinder“ Seher Theiresias zu großartiger Form aufläuft.
Ach ja, natürlich bekommt die Seuche in Theben, wo siech die antike Sage abspielt, die erst zu Ende sein wird, wenn Laios‘ Mörder entdeckt wird, eine ganz andere, aktuelle Bedeutung.
Kriminalkomödie
Text und Regie sowie Ausstattung: Kaja Dymnicki und Alexander Pschill
Cast
Theiresias/Janus Sphinkt: Florian Carove
Polybos: Jens Claßen
Antigone/Isabella Sphinkt/Orakel (Stimme): Julia Edtmeier
Iokaste: Michaela Kaspar
Ödipus: Stefan Lasko
Kreon: Raphael Nicholas
Merope: Lisa Schrammel
Laios: Georg Schubert
Stimmen von Polyneikes, Eteokles und Stavros: Nola, Laja, Egon, Dominic Oley
Crew
Dramaturgie: Tina Clausen
Sound: Stefan Lasko, Alexander Pschill, Katharina Stöger
Regieassistenz: Renate Vavera
Regiehospitanz: Nina Haider, Katharina Stöger
Kostüm- und Requisitenbetreuung: Daniela Zivić
Tontechnik: Peter Hirsch
Lichttechnik: Katja Thürriegl
Bühnentechnik: Hans Egger, Andreas Nehr
Kostüm- und Requisitenbetreuung: Daniela Zivić
Maske: Beate Lentsch-Beyerl
Bis 27. November 2021
TAG – Theater an der Gumpendorfer Straße
1060, Gumpendorfer Straße 67
Telefon: 01 586 52 22
dastag -> oedipus