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Szenenfoto aus "Odysseus" im Theater der Jugend (Wien): Bijan Zamani als Odysseus_Alduin Gazques als Telemachos
Szenenfoto aus "Odysseus" im Theater der Jugend (Wien): Bijan Zamani als Odysseus_Alduin Gazques als Telemachos
16.01.2022

Vater, wo warst du so laaaaange?

Telemachos fragt Odysseus, weshalb er in den Krieg gezogen ist und danach auch noch so viele Abenteuer absolviert hat.

Schon drei Mal Applaus, bevor das Stück noch beginnt. Die Abenspielleiterin Eva Maria Gsöllpointner verkündet dem Publikum, dass aufgrund von Erkrankungen bzw. Arbeitsunfällen zwei Schauspieler binnen kürzester Zeit eingesprungen sind und der Darsteller der Hauptfigur mit gebrochener Nase spielt. Großer Beifall für diesen Einsatz – und irgendwie schwingt auch die Erleichterung mit, dass dennoch und überhaupt der Theaterabend zu erleben ist.

Hunde

Und dann spielrauscht das Ensemble aus acht Schauspieler:innen im Theater im Zentrum, dem kleineren Haus des Theaters der Jugend (Wien), in knapp eineinhalb Stunden durch ein bearbeitetes, adaptiertes Remake der eigenen „Odysseus“-Inszenierung (aus dem Herbst 2011, auch damals schon Regie: Michael Schachermaier). Die fast 3000 Jahre alten, immer wieder neu erzählten Abenteuer von Homer (an dessen alleiniger Autorenschaft immer wieder gezweifelt wird) über den Helden werden hier meist aus der Sicht seines Sohnes Telemachos erzählt. Er findet den ausgemergelten, an den Strand gespülten alten Mann, der aber von dessen Hund Argos (geniale Figur, wunderbar gespielt von Enrico Riethmüller, der auch in die Rolle des Höllenhundes Zerberus/Kerberus und etliche andere schlüpft) erkannt wird. Weshalb der anfangs skeptische Jüngling den Alten doch als seinen Vater akzeptiert. Erkennen konnte er ihn so oder so nicht, war Telemachos doch noch ein ganz junges Baby als der Vater in den Krieg der Griechen gegen Troja zog. Und so fragt der Junge (sehr überzeugend der für Alduin Gazquez kurzfristig eingesprungene Curdin Cavaziel) kritisch, was denn Odysseus so lange getrieben hätte.

Der Trick mit dem Holzpferd

Er hätte nix dafür gekonnt, hatte er doch dem König Menelaos Beistand versprochen, versucht dieser (Bijan Zamani) sich zu rechtfertigen. Da hilft seiner Ehefrau Penelope auch nichts, dass sie Odysseus daran erinnert, genauso familiäre Verpflichtungen gegenüber ihr und dem gemeinsamen Kind zu haben. Vor Troja, der Stadt, die sie ewig erfolglos belagern, um Helena, die Paris geraubt hatte, zurückzubringen, erfindet Odysseus das „Trojanische Pferd“. Als Gabe für die Göttin Pallas Athene ließen sie es vor den Stadtmauern zurück, die Trojaner zogen’s rein. Doch im Bauch den Holzpferdes waren Krieger versteckt, die nächtens rauskrochen, die Tore der Mauer öffneten und die zuerst weggesegelten, heimlich wiedergekehrten anderen griechischen Kämpfer reinließen. Gemetzel. Griechischer Sieg, aber fast alle tot.

Ver“zaubert“

Diese Kunde verbreitet sich auch in Ithaka, weshalb Telemachos ganz schön sauer ist, dass sein Vater noch immer nicht zurückgekehrt ist. Penelope (meist leise aber stark Cathrine Sophie Dumont) verdammt sich selbst zu Geduuuuuld. Und weil Odysseus „vergessen“ hat, dem Meeresgott Poseidon zu opfern, schickt ihn der auf die unterschiedlichsten gefährlichen – teilweise weltberühmt gewordenen Abenteuer. Lediglich bei der Zauberin Circe (Johanna Egger), die seine Schiffsbesatzung in Schweine verwandelt, scheint er sich doch ziemlich sauwohl zu fühlen. Mit nur wenig schlechtem Gewissen seiner Familie gegenüber.

Kurz am Image kratzen

Immer wieder an diesem von großer Spielfreude gekennzeichneten Abend wird knapp mit Fragen am Heldenmythos gekratzt. Nicht nur das doch recht gemütlich sich einrichten bei Circe, sondern auch so manch brutales Handeln von Odysseus kommt zur Sprache. Letztlich aber bleibt’s in „Die Abenteuer des Odysseus“ bei der Verehrung des Macho-Heroes in einer wandelbaren Bühne aus vorwiegend als Schiffselementen zu lesenden „Bausteinen“ (Judith Leikauf und Karl Fehringer) mit Licht (Lukas Kaltenbäck) und Musik (Thomas Felder) aus der Inszenierung von vor knapp mehr als zehn Jahren. Neu hingegen alle Schauspieler:innen – neben den schon genannten noch Jürgen Heigl, Rafael Schuchter und Clemens Matzka sowie die Kostüme (Regina Rösing).

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INFOS: WAS? WER? WANN? WO?

Die Abenteuer des Odysseus

nach Homer
von Michael Schachermaier
Ab 11 Jahren; ca. 1 ½ Stunden

Odysseus: Bijan Zamani
Telemachos: Curdin Cavaziel (Alduin Gazquez)
Penelope / Pallas Athene / Odysseus‘ tote Mutter / Sirene: Cathrine Sophie Dumont
Antinoos, Fürst auf Ithaka / Teukros / Tote Seele / Chor im Sturm: Jürgen Heigl
Eurylochos / Ein Bote / Teiresias / Freier auf Ithaka / Chor im Sturm: Rafael Schuchter (Markus Feustel)
Argos, der Hund / Skýlos / Tote Seele / Höllenhund / Freier auf Ithaka / Chor im Sturm: Enrico Riethmüller
Diversos / Circe / Tote Seele / Freier auf Ithaka / Chor im Sturm: Johanna Egger
Dementes / Menelaos / Polyphemos / Poseidon / Freier auf Ithaka / Tote Seele / Chor im Sturm: Clemens Matzka
Swing: Curdin Caviezel

Regie: Michael Schachermaier
Bühne: Judith Leikauf und Karl Fehringer
Kostüme: Regina Rösing
Musik: Thomas Felder
Licht: Lukas Kaltenbäck
Dramaturgie: Gerald Maria Bauer

Assistenz und Teilinspizienz: Eva Maria Gsöllpointner
Hospitanz: René Kmet

Wann & wo?

Bis 26. März 2022
Theater im Zentrum: 1010, Liliengasse 3
Telefon: 01 52110-0
tdj.at -> odysseus