Österreichs Kinder- und Jugendtheatervereinigung, ASSITEJ Austria, wendet sich in einem offenen Brief gegen Kürzungen im Bereich darstellende Kunst für junges Publikum.
Wer in die Schule geht, sollte das Recht darauf haben, zwei Mal im Jahr mit der Klasse ins Theater gehen zu dürfen. Diese Forderung in einem offenen Brief an die (kultur-)politisch Verantwortliche heranzutragen, wurde – nicht zum ersten Mal – im Herbst des Vorjahres, bei „Luaga & Losna“ (Schauen und Hören), dem Internationalen Theaterfestival für junges Publikum in Vorarlberg diskutiert. In einem Vortrag der Vorsitzenden der Österreich-Sektion der internationalen Kinder- und Jugendtheaterorganisation ASSITEJ (Association internationale du théâtre pour l’enfance et la jeunesse), Anja Sczilinski (nunmehr Co-Vorsitzende gemeinsam mit Natascha Grasser), hatte diese Forderung vorgeschlagen.
Viele meinten, das wäre gut vor der Nationalratswahl an die Kandidat:innen heranzutragen. Was letztlich verworfen wurde, man wisse ja noch nicht, wer dann dafür zuständig sein werde, wurde Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… auf Nachfrage geantwortet. Auch die diversen Koalitionsverhandlungen wären zu früh.
Ein „KulturKonvent“ für den u.a. vom Österreichische Musikrat (ÖMR) und Gerhard Ruiss von der IG Autorinnen Autoren in der Öffentlichkeit sprechen, stellte – schon vor der herbstlichen Nationalratswahl – die Forderung damals an alle wahlwerbenden Parteien, sich für das Grundrecht auf kulturelle Bildung einzusetzen. Erst recht gilt dies für die Koalitionsverhandlungen: „Kultur ist nicht nur Kunst. Kultur ist der menschliche Ausdruck allen höheren Strebens und Schaffens. Der Kulturkonvent formuliert die dafür erforderlichen Grundlagen“, hieß es zu einer Tagung im Frühjahr 2023.
Anlässlich der Budgetrede des Finanzministers erging nun ein Offener Brief – allerdings ohne diese Forderung – allerdings ohne diese dezidierte Forderung, sondern „lediglich“ als Hilfeschrei gegen mögliche Kürzungen von Vorstand und Geschäftsführung der ASSITEJ-Austria an Kultur- sowie Bildungsminister und die Kultursprecher:innen der im Nationalrat vertretenen Parteien.
„Die derzeitige Lage in Österreich und der Welt ist keine einfache, dies ist sowohl dem Vorstand als auch allen Mitgliedern der ASSITEJ Austria bewusst. Auch wissen wir, dass in Zeiten, in denen der Geldfluss für Städte/Gemeinden, Bundesländer und den Bund wenig stark fließt, die Gesellschaft zusammenhalten und jeder*jede einen Beitrag leisten muss.
Allerdings müssen wir dringlich darauf hinweisen, dass Kürzungen im Kulturbereich und hier vor allem im Theater für junges Publikum, irreparable Schäden mit großer Tragweite für die Zukunft des Landes verursachen, die bis in die kleinsten Gemeinden und alle Gesellschaftsschichten verstärkt spürbar sein werden.
In Zeiten stark steigender Kosten ist das Kulturbudget höchstens marginal gestiegen. Sprich: der Kunst- & Kulturszene und hier vor allem den Institutionen, freien Gruppen und Einzelkünstler*innen, die sich im Bereich Theater für junges Publikum betätigen, geht es an die Substanz.
Wer hier weiter kürzt, riskiert langfristig unumkehrbare Verluste in der darstellenden Kunst für junges Publikum. Sie steht, wie keine andere für eine demokratische, offene, faire, soziale und menschliche Gesellschaft, weil sie genau dort ansetzt, wo die Entwicklung des Menschen am prägendsten ist: in Kindheit und Jugend.
Wir stellen die Drehschrauben für eine offene, humane, dialogfreudige, interessierte und demokratische Gesellschaft, die bei den Allerkleinsten beginnt, und die junge Menschen in den wichtigsten Lebensjahren in der Formung eines mündigen und freigeistigen Menschen begleitet.
Fragen und Antworten sowie Lebenswege und Perspektiven, die im Bildungssystem oder im Elternhaus nicht angesprochen werden, werden von unseren Mitgliedern angesprochen, egal ob Einzelkünstler*in, freie Gruppe, freies Theater oder größere Institutionen. Das eint diese Künstler*innen und Kulturschaffenden, die damit auch einen Teil des Staatlichen Bildungsauftrages übernehmen!
Theater für junges Publikum fungiert somit nicht nur als Kulturelle*r Nahversorger*in, sondern ist ein zentraler Ort des Lernens, der Persönlichkeitsentwicklung und der kulturellen Teilhabe. Gerade die Bundesregierung und die Bundesländer tragen Verantwortung, jungen Menschen künstlerische Ausdrucksformen zugänglich zu machen – nicht als elitär kodiertes Zusatzangebot, sondern als essentiellen Bestandteil von Bildung in einem umfassenden Sinn. Jedes Kind sollte mindestens einmal pro Schuljahr aktiv Theater für junges Publikum erleben können, unabhängig ihrer finanziellen, kulturellen oder sonstigen Hintergründe. Kultur und Bildung müssen hier stark ineinandergreifen und die kulturelle Bildung gemeinsam stärken und
gemeinsam Verantwortung übernehmen. Jede Kürzung in diesem Bereich bedeutet nicht nur einen Angriff auf die Kunst, sondern auch auf die Bildung junger Generationen – auf ihre Fähigkeit, kritisch, empathisch und gesellschaftlich verantwortungsvoll zu handeln.
Es ist wichtig, dass sich die ASSITEJ Austria, die für ihre Mitglieder sowie alle weiteren Akteur*innen im Theater für junges Publikum wie auch im Kulturbereich einsteht, aufzeigt, wie wichtig Theater für junges Publikum in allen seinen Facetten ist!
In der UN-Konvention der Kinderrechte im Artikel 13, zu der sich Österreich bekennt, steht: „Das Kind hat das Recht auf freie Meinungsäußerung; dieses Recht schließt die Freiheit ein, ungeachtet der Staatsgrenzen Informationen und Gedankengut jeder Art in Wort, Schrift oder Druck, durch Kunstwerke oder andere vom Kind gewählte Mittel sich zu beschaffen, zu empfangen und weiterzugeben.[…]
Artikel 31: Beteiligung an Freizeit, kulturellem und künstlerischem Leben, staatliche Förderung (1) Die Vertragsstaaten erkennen das Recht des Kindes auf Ruhe und Freizeit an, auf Spiel und altersgemäße aktive Erholung sowie auf freie Teilnahme am kulturellen und künstlerischen Leben. (2) Die Vertragsstaaten achten und fördern das Recht des Kindes auf volle Beteiligung am kulturellen und künstlerischen Leben und fördern die Bereitstellung geeigneter und gleicher Möglichkeiten für die kulturelle und künstlerische Betätigung sowie für aktive Erholung und Freizeitbeschäftigung.“
Eine Kürzung des Etats für Theater für junges Publikum steht diametral zu diesen von Österreich unterzeichneten Zielen und Rechten! Ein weiteres Einschränken der Förderungen und Subventionen in unserem Bereich stellt viele Gruppen, Künstler*innen und Theater vor existenziellen Nöte.
Lassen Sie nicht zu, dass diese Situation eintritt, und stehen Sie für ein starkes Theater für junges Publikum ein. Nicht nur damit junge Menschen später den Weg ins Abonnement des Abendspielplans finden, sondern damit sie als eine offene, soziale und diskursfreundliche neue Generation aufwachsen, die mit ihren in den Theatervorstellungen, Workshops & Programmen der Kulturvermittler*innen, Schulveranstaltungen und selbst auf den Theaterbühnen erlernten Fähigkeiten und Sichtweisen für eine starke Demokratie eintreten.“
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