Probenbesuch in Mödling, wo Kinder, Jugendliche und erwachsene Profis am Sommer-Musical von teatro „Little Women“ arbeiten, das auf einem Roman über emanzipierte Frauen vor mehr als 150 Jahren aufbaut.
Im Turnsaal der Europa-Mittelschule in Mödling liegt bereits ein Teppichboden. Schiere unzählige Metallkisten auf Rädern stehen aufgefädelt in einer Reihe, Bühnenarbeiter bauen nicht nur Podeste für die Spielfläche auf, sondern setzen Metallgestänge zusammen, bestücken sie mit dutzenden Scheinwerfern und mindestens einem Beamer. Dieses Viereck hängt an metallenen Seilzügen, über die mechanisch die Halterung für die drehbaren Beleuchtungen, die vielfältigste Lichtstimmungen erzeugen werden, in die Höhe gefahren werden können.
Das alles gibt schon eine gewisse Ahnung, wie in rund zwei Wochen aus der Turnhalle wieder ein Theatersaal wird. Das wurde im Vorjahr als „Notlösung“ in Coronazeiten erfunden, um der körperlichen Nähe und Enge der Zuschauer:innen im Stadttheater zu entgehen.
Gleichzeitig proben im Foyer der Schule Kinder und Jugendliche mit Katharina Strohmayer Choreografien für Tanznummer ein und im Musikzimmer üben Sängerinnen – begleitet vom Komponisten Walter Lochmann am Keyboard – Song-Passagen.
Es geht schon um Verbesserungen, „Ausputzen“ von Fehlern, die bei einem Durchlauf am Tag zuvor sicht- und hörbar geworden sind, wie der Leiter und Gründer der Gruppe teatro, Norberto Bertassi, Kinder I Jugend I Kultur I und mehr … berichtet. Sowohl bei den Tänzen als auch den Gesängen werden darüber hinaus Stellen erprobt, die auf Vorschläge der Mitwirkenden zurückgehen.
Neben einer Langversion von „Bambi“ für jüngere Kinder – siehe auch Bericht über die verkürzte Version in Lutzmannsburg – siehe hier – spielt, singt und tanzt das „teatro“-Ensemble aus rund zwei Dutzend Kinder, Jugendlichen und erwachsenen Profis plus 10 Musiker:innen „Little Women“.
Die „kleinen Frauen“ sind die vier March-Schwester: Meg (Margarete), Jo(sephine), Amy und Betty (Beth bzw. Elisabeth). Alle vier sind selbstbewusst und ziemlich emanzipiert. Und das im vor mehr als 150 Jahren in zwei Teilen erschienen Roman von Louisa May Alcott. Der wurde auch vielfach verfilmt, zuletzt u.a. mit Emma Watson (in der Rolle von Meg) und kam knapp vor dem ersten Corona-Lockdown in der deutschsprachigen Fassung in die Kinos. In ihrem Erwachsen-Werden als eigenständige Persönlichkeiten und nicht als künftige Ehefrauen werden sie von der Mutter immer wieder direkt bestärkt, vom Vater in Briefen. Er ist als Pfarrer im Bürgerkrieg der Nord- gegen die Südstaaten der USA.
Soweit die Grundstory. Und die faszinierte Bertassi so, dass er zunächst sich sagte: „Das machen wir. Wir hatten ohnehin im Vorjahr mit Tom Sawyer und Huckelberry Finn eher ein Bubenstück. Einerseits haben mich die vier starken, selbstbewussten Schwestern beeindruckt und andererseits auch, dass sie darin von ihren Eltern bestärkt und gefördert werden. Dieses Fundament des Selbstbewusstseins, das Mutter und Vater da gelegt haben, diese Liebe, lässt sie auch so manchen Schicksalsschlag (Betty stirbt früh) überleben.“
„teatro“ bearbeitet gern mehr oder weniger bekannte klassische Stoffe. In dieser Bearbeitung gibt es die vier Schwestern nicht nur als Jugendliche und später als Erwachsene, sondern auch als Kinder. Damit wird jede der Hauptfiguren von jeweils drei Darstellerinnen verkörpert. In die Rolle der wildesten, aufmüpfigsten und fantasievollsten, die der Schriftstellerin Jo schlüpfen übrigen an den beiden Enden – als Kind bzw. Erwachsene – zwei Schwestern: Ariella und Setareh Eskandari. Die jugendliche Jo wird von Anna Fleischhacker gespielt.
Und die ist mit ihrer Rolle „sehr zufrieden“, wie sie Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr … anvertraut. „Insbesondere, weil die Jo eine begeisterte Schriftstellerin ist und ich auch gerne schreibe.“ Auf die Nachfrage, was sie – also nicht als Jo, sondern als Anna gern schreibe, verrät die 18-Jährige, die heuer maturiert hat und an eine Musical-Ausbildung denkt: „Was mir einfällt, Fantasie, aber auch echt Erlebtes. Ich mag es, mir eigene Charaktere aussuchen zu können.“
Zurück zur Rolle, an der sie auch schätzt, „dass sie in einer Zeit als das noch lange nicht selbstverständlich war, als Frau ein eigenständiger Mensch sein wollte – wie auch ihre drei Schwestern.“ Außerdem findet sie gerade die zweite Generation der vier Schwestern als Jugendliche auch toll, „weil wir die meiste Zeit auf der Bühne haben“. Ein klein wenig bedauert sie einerseits, „dass wir nicht spielen können, wie sich die Figuren zu Erwachsenen weiterentwickeln, aber auf der anderen Seite ist es auch schön, zuzusehen, wie meine eigene Figur von wem anderen zu Ende gespielt wird.“
Apropos vier Schwestern. Zum ersten Mal stehen, singen, tanzen und spielen vier echte Schwestern bei „Little Women“ mit: Arisu, Ariella, Kimiyah und Setareh Eskandari.
Die zuletzt Genannte ist mit 21 Jahren die älteste des Quartetts und war die erste der Schwestern, die mit „teatro“ die Bühne erklommen hat, seit „ewig“. Im Vorjahr hatte sie dem Reporter, damals noch für den Kinder-KURIER, erzählt, dass sie: „immer schon gern gesungen (hat) und mit 8 zu teatro gekommen (ist). Ich hab dann dazwischen mal eine Zeitlang pausiert und begonnen, klassischen Gesang zu studieren. Aber jetzt studiere ich Musical. Ich find, es war wichtig für mich, das auszuprobieren und die solide Gesangsausbildung ist ja auch wichtig. Musical entspricht mir mehr – alles mit dem ganzen Körper, mit Leib und Seele zu spielen, singen und tanzen. Außerdem mach ich noch Stand-Up-Comedy“. Sie spielt die erwachsene Jo und „schau gerne zu, wie meine kleine Schwester Ariella meine Rolle als Kind spielt. Irgendwie erinnert mich das auch an meine eigene Kindheit. Wenn ich Fotos von mir als Kind sehe, sind die fast ident wie die von Ariella. Und die Jo entspricht auch unseren Charakteren, wir sind beide die Wildfänge, also ich in der Kindheit gewesen.“
Die elfjährige Ariella sowie ihre um drei Jahre jüngere Schwester Arisu „haben bei den Musicals immer gern zugeschaut, wenn unsere Schwestern gespielt haben und schon immer davon geträumt, selber einmal mitzuspielen.“ Ariella mag an ihrer Rolle als kindliche Jo, „dass die so cool ist, weil ich wild sein darf. Ich lauf auch selber sonst gern herum.“
Arisu spielt wie ihre Schwester Ariella eine der vier Schwestern der Geschichte im Kindesalter, sie die Amy. Und dazu noch wie die kindliche Jo noch weitere Rollen einen Zeitungsjungen und ein weiteres Kind. Kimiyah agiert als jugendliche Betty oder auch Beth bzw. Elizabeth March, die sich durch musikalisches Engagement auszeichnet und zur tragischen Figur wird.
Die beiden älteren Eskandari-Schwestern sind „sehr stolz auf Arisu und Ariella“ und die wiederum freuen sich, „dass uns die großen Schwestern helfen beim Lernen von Text und Tanz“, wobei die wilde Ariella findet, „dass sie uns auch ein bisschen kontrollieren, ob wir eh alles richtig lernen“.
Moritz Mausser spielt einen Jugendfreund von Jo, Laurie Laurence. Im Buch liest sich der Dialog der ersten Begegnung so: „Ich bin nicht Mr. Laurence, sondern nur Laurie. – Laurie Laurence, welch komischer Name! – Mein eigentlicher Name ist Theodor, aber ich mochte ihn nicht leiden, da mich die Jungen Dora nannten, und so machte ich Laurie daraus. – Ich mag meinen Namen auch nicht, er ist zu sentimental. Ich wünschte, jedermann möchte mich Jo statt Josephine nennen.“
„Er ist der beste Freund von Jo, aber es schwingt auch ein bisschen mehr mit. Das wollen wir auch so spielen. Was sich später ergibt, wollen wir nicht verraten“, so dessen Darsteller im Interview.
Der 21-Jährige hat schon in etlichen „teatro“-Musicals Hauptrollen gespielt, gesungen und getanzt. Im Herbst startet er in sein zweites von vier Studienjahren an der MuK (Musik- und KunstUni der Stadt Wien, vormals Konservatorium) – einer von acht in seinem Jahrgang im Bereich Musical.
Seine diesjährige Figur „mag ich, es ist eine Lieblingsrolle. Der Laurie ist sehr verträumt, philosophiert gern mit Jo und so wie ihr passen ihm die Konventionen der Zeit im 19. Jahrhundert so gar nicht. Er ist ein Bücherwurm, vielseitig interessiert und bestärkt auch die Jo, ihren eigenen Weg zu gehen. So wie sie keine konventionelle Frau sein will, so mag auch er die herkömmliche Männerrolle nicht. Mit dieser Rolle kann ich mich voll identifizieren“, sagt Moritz Mausser im Gespräch mit Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr …
Mit neun Jahren ist er zum ersten Mal auf der Bühne gestanden, mit elf in einer Kinderoper in Baden „und so zwischen elf und zwölf war mir klar, das wird meine Zukunft. Ich mag es auf der Bühne Gefühle spielen und ausdrücken zu dürfen, mit denen ich Menschen im Publikum berühren kann.“
Kinder-KURIER -> teatro-Musical des Vorjahres mit u.a. Interview mit Setareh Eskandari
Musicalversion von „teatro“ nach dem Roman von Louisa May Alcott
Textbuch und Regie: Norbert Holoubek
Musik: Norberto Bertassi
Choreografie Katharina Strohmayer
Musikalische Leitung & Arrangements: Walter Lochmann
Jo March als Kind/ Zeitungsjunge Bert/ Sara: Ariella Eskandari
Jo als Jugendliche: Anna Fleischhacker
Jo als Erwachsene: Setareh Eskandari
Meg March (KInd) / Zeitungsjunge Bob/ Angie: Anna Fabrizy
Meg (jugendlich): Maddalena Bertassi
Meg als Erwachsene/ Camilla/ Mrs. Sunshine: Nicole Klünsner
Amy March (Kind) / Zeitungsjunge Brandon/ Klein Betty: Aresu Eskandari
Amy (jugendlich): Leonie Beetz
Amy March (erwachsen)/Caitlin: Corinna Schaupp
Betty March (Kind) /Zeitungsjunge Bernie/ Lisa: Catarina Rachoner
Beth bzw. Betty (jugendlich): Kimiyah Eskandari
Mommy March: Jana Werner
Laurie Laurence: Moritz Mausser
Mr. Laurence/Mr. Fantastic: Peter Faerber
John Brooke: Nicolas Vinzenz
Mr Challenge: Lorenz Pojer
Angel: Jan Ungar
Daddy March: Norberto Bertassi
Tante March: Lena Mausser
Mrs. Correct: Caroline Smith
Linda: Sabrina Zettl
Mrs. Betsy/ Mr. Small: Bernadette Prader
Kilian/ Zeitungsjunge Bill: Jan Wetzel
Patrick/ Zeitungsjunge Ben: Niklas Ott
Brianna/ Zeitungsjunge Brian: Milena Mörkl
Sharni: Léna Sophie Lochmann
Keyboard: Walter Lochmann
2. Keyboard: Christian Skokan
Gitarre: Wilfried Modlik
Bass: Stephan Först/Thomas Hierzberger
Schlagzeug: Max Haas
Querflöte: Katrin Weninger
Reed: Christine Lochmann
Trompete: Marcus Racz
Posaune: Simon Fröstl
Violoncello: Elisabeth Zeisner/Alexander Rauscher
Dramaturgie, Redaktion Programmheft: Ella Wolff
Kostümbild: Brigitte Huber
Maskenbild: Renate Harter
Ton- und Lichtdesign: Richard Redl
Projektionen: Moritz Mausser
Bühnenbild: Norberto Bertassi/Richard Redl
Fotografie: Helmut Rasinger
Art Direction: Mick Gapp
Bühnenfotos: Roman Zagler, Eva Leitner
Technische Leitung: Johannes Plattner, Christoph Manß
Bühnentechnik, Verfolgerscheinwerfer: Paul Formanek
Produktionsleitung: Claudia Nebdal-Plosinjak
Regieassistenz, Social Media: Lena Mausser
Assistenz Choreografie: Beatrix Gfaller
Dance Captain: Corinna Schaupp, Lorenz Pojer
Assistenz Maske: Ursula Riedl-Prenner, Sabine Molitor, Eva-Maria Prenner, Christina Bauer
Assistenz Lichtdesign: Leon Leitner
Trailer: Ronny Hein
13. bis 29. August 2021
Europa Halle Mödling (Mehrzweckhalle der Sportmittelschule Mödling)
2340, Lerchengasse 18 A, 2340 Mödling
Kartenverkauf
Die Stadtgalerie Mödling
Telefon: 0660/8 2340 10 (Mi, Fr 9 bis 12 Uhr)
persönlich: Fr 9.30 bis 12.30 Uhr
eMail: teatro@diestadtgalerie.at
www.stadtgaleriekultur.info
Oeticket
01 960 96
oeticket – Little Women
Das Buch
Louisa May Alcott
Kleine Frauen
aus der Reihe: Classics to go
eBook: 0,99 €
Thalia.at -> Kleine Frauen
Little Women Kleine Frauen
Illustrierte Fassung
eBook: 0,99 €
Leseprobe