„Inter*Story – ein Stück Aktivismus“ für geschlechtliche Vielfalt im Werk X-Petersplatz (Wien) – nur wenige Abende.
Paper Cut – wunderschöne, diffizile kleinteilige Muster, aber auch figurale großflächige Bilder begrüßen die Besucher:innen derzeit im Kellertheater Werk X am Wiener innerstädtischen Petersplatz. Ihr Schöpfer ist Alex Jürgen*, bildende*r Künstler*in. Das Skalpell – ein Operationswerkzeug mit dem er/sie verstümmelt wurde, weil nicht in die vorherrschend zweigeschlechtlich getrennte Welt passend, wurde vor ein paar Jahren für Alex Jürgen* zum Kunst-Handwerkszeug. Die zweidimensionalen Bilder sind somit auch eine Form des Protests gegen die zweidimensionale Einteilung der Menschen.
Die Ausstellung ist Teil des knapp mehr als einstündigen Abends „Inter*Story – ein Stück Aktivismus“ – eine Kooperation des Theaters mit dem Verein intergeschlechtlicher Menschen Österreich. Nach einer Installation mit Videos zu den Themenbereichen Bildung, Recht, Aktivismus und Inter* generell startet die Bühnen-Performance. In Form einer klassisch-schrill aufgezogenen TV-Talk-Show begrüßt Magdalena Klein als Moderatorin (sie hat auch die Show inszeniert) ihre Gäst*innen „zuuuuuu nicht History, nicht HerStory, sondern Inter*storyyyy!“
Die Talks-Show-Gäst*innen treten unter ihren realen Namen auf: Tobias Humer, Luan Pertl, Tinou Ponzer und Noah Rieser und thematisieren Diskriminierung, medizinische Verstümmelung durch Operationen und Hormonbehandlungen – sehr oft obendrein auch nur ohne mit den Betroffenen zu sprechen. Und vor allem in der Regel ignorierend, dass es ohnehin rund 1,7 % der Menschen gibt, die von ihren Geschlechtsmerkmalen eben nicht eindeutig in Kategorie Frau oder Mann im herkömmlichen Sinn fallen. Natur ist eben vielfältiger. Übrigens nicht nur bei Menschen. Wunderbar genial verpackt ist geschlechtliche Vielfältigkeit im Tierreich in dem aus Polen kommenden Bilderbuch „Wer ist die Schnecke Sam?“ – Buchbesprechung am Ende dieses Beitrags verlinkt.
Mehrmals steigt die Inszenierung aus dem Format Talk-Show aus und blendet sozusagen vorbereitete TV-Beiträge ein – in Form von live gespielten Szenen – in einer ärztlichen Ordination, bei Medien-interviews oder als Erlebnisse auf der Straße. Dabei wird ebenso live real gefilmt wie bei der Talk-Show (Visuals, Multimedia, Kamera, Filmproduktion: Djordje Čenić, Nicole Baïer).
Übrigens: Praktisch alle Requisiten bei der performativen Talk-Show – ob Blumen, Gläser, Flaschen, Laptop oder Stethoskope (ärztliche Abhörgeräte) sind aus flachen Kartons geschnitten (Bühnenbild: Bastian Lehner, Olivia Kudlich) – womit sich der Bogen zu den ebenfalls zweidimensional geschnittenen Bildern gegen die geschlechtliche Zweidimensionalität schließt.
von VIMÖ Wien (Verein intergeschlechtlicher Menschen Österreich) in Kooperation mit Werk X-Petersplatz
Inszenierung: Magdalena Klein
Text, Performance: Luan Pertl, Magdalena Klein, Noah Rieser, Tinou Ponzer, Tobias Humer
Bühnenbild: Bastian Lehner, Olivia Kudlich
Musik: Bastian Lehner
Visuals, Multimedia, Kamera, Filmproduktion: Djordje Čenić, Nicole Baïer
Outside Eye (dramaturgische Beratung): Gorji Marzban
Technik: Martin Siemann
Produktionsassistenz: Olivia Kudlich
Ausstellung im Foyer: Alex Jürgen
Bis 26. November 2022
Werk X-Petersplatz: 1010, Petersplatz 1
Telefon: 01 962 61 10
werk-x -> interstory/
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