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Am 22. Februar 2023 hält Sabna Mohamed ihre 9 Monate alte Tochter Fatuma auf dem Schoß, während sie sie in ihrem Haus im Dorf Wager im Norddelta im Bundesstaat Kassala im Sudan mit Linsen füttert.
Am 22. Februar 2023 hält Sabna Mohamed ihre 9 Monate alte Tochter Fatuma auf dem Schoß, während sie sie in ihrem Haus im Dorf Wager im Norddelta im Bundesstaat Kassala im Sudan mit Linsen füttert.
12.07.2023

Hunger in der Welt nimmt jetzt wieder zu

Die vielfachen Krisen steigerten die Zahl der hungernden Menschen von 613 Millionen (2019) auf 735 000 000 im Vorjahr.

Corona-Pandemie, Wetterkatastrophen, (lokale und regionale Konflikte und der Ukraine-Krieg haben die Zahl hungernder Menschen innerhalb von drei Jahren deutlich wieder ansteigen lassen. Litten 2019 etwa 613 Millionen Menschen Hunger, so hat sich deren Zahl durchschnittlich auf 735 Millionen erhöht, was einer Steigerung um ein Fünftel (19,9 Prozent) entspricht und mehr als eineinhalb Mal der gesamten Bevölkerung der EU – zum rein zahlenmäßigen Vergleich!

Diese Zahlen präsentierten am Mittwoch (12. Juli 2023) die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO), der Internationale Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung (IFAD), das UN-Kinderhilfswerk (UNICEF), das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (WFP) und die Weltgesundheitsorganisation (WHO) in ihrem Bericht „The State of Food Security and Nutrition in the World“ (SOFI, Der Stand der Ernährungssicherheit und Ernährung in der Welt).

Maria Malele, eine Gemeindekrankenschwester, verwendet am Montag, den 27. März 2023, ein Muac-Band, um die Unterernährung der einjährigen Obadia Andrea im Cholera-Zelt des Queen Elizabeth Hospital in Blantyre im Süden Malawis zu beurteilen
Maria Malele, eine Gemeindekrankenschwester, verwendet am Montag, den 27. März 2023, ein Muac-Band, um die Unterernährung der einjährigen Obadia Andrea im Cholera-Zelt des Queen Elizabeth Hospital in Blantyre im Süden Malawis zu beurteilen

Fort- und Rückschritte

Obwohl die Zahl der Hungernden weltweit dann zwischen 2021 und 2022 annähernd glich geblieben ist, verschärfen sich Hungerkrisen an vielen Orten der Welt. Fortschritte bei der Bewältigung des Hungers waren in Asien und Lateinamerika zu beobachten. In Westasien, der Karibik und in allen Regionen Afrikas stieg der Hunger im Jahr 2022. Afrika ist nach wie vor die am stärksten betroffene Region: Jeder fünfte Mensch auf dem Kontinent ist von Hunger betroffen, mehr als doppelt so viele Menschen wie im weltweiten Durchschnitt.

„Es gibt Lichtblicke: Manche Regionen sind auf dem Weg, einige der Ernährungsziele bis 2030 zu erreichen. Jedoch braucht es eine intensive und sofortige globale Anstrengung, um die nachhaltigen Entwicklungsziele zu retten. Wir müssen die Widerstandsfähigkeit gegen die Krisen und Schocks stärken, die zu Ernährungsunsicherheit führen – von Konflikten bis zum Klima“, sagte UN-Generalsekretär António Guterres in einer Videobotschaft bei der Vorstellung des Berichts am UN-Hauptsitz in New York.

Ebtihal Muhammad, 7 Monate, mit seiner Mutter beim Essen einer energiereiche Paste aus Erdnussbutter in der Al Aman Health Unit – Gouvernement Hajjah im Jemen.
Dieses Kind hat eben eine energiereiche Paste aus Erdnussbutter in der Gesundheitseinrichrtung von Al Aman im Bezirk Hajjah im Jemen bekommen.

„Zweifellos stellt die Verwirklichung des nachhaltigen Entwicklungszieles, den Hunger bis 2030 zu beenden, eine gewaltige Herausforderung dar. Tatsächlich wird prognostiziert, dass im Jahr 2030 noch immer rund 600 Millionen Menschen von Hunger betroffen sein werden. Die Hauptursachen für Ernährungsunsicherheit und Unterernährung sind unsere „neue Normalität“, und wir haben keine andere Wahl, als unsere Anstrengungen zu verdoppeln, um die Agrar- und Ernährungssysteme umzugestalten und sie für die Erreichung des zweiten Ziels für nachhaltige Entwicklung zu nutzen“, schreiben die Leitungen der fünf UN-Organisationen im Vorwort des diesjährigen Berichts.

Obendrein weniger gesunde Ernährung

Die Lage in Bezug auf die Ernährungs- und Lebensmittelsicherheit war auch im Jahr 2022 düster. Dem Bericht zufolge hatten etwa 29,6 Prozent der Weltbevölkerung, d. h. 2,4 Milliarden Menschen, keinen steten Zugang zu Nahrungsmitteln. Darunter waren rund 900 Millionen Menschen von schwerer Ernährungsunsicherheit betroffen.

Währenddessen haben sich die Möglichkeiten, sich gesund zu ernähren, weltweit verschlechtert: Mehr als 3,1 Milliarden Menschen auf der Welt – oder 42 Prozent – fehlten die finanziellen Mittel für eine gesunde Ernährung im Jahr 2021. Dies entspricht einem Anstieg von 134 Millionen Menschen im Vergleich zu 2019.

Messung des Umfangs des Oberarms - das zeigt den Grad an Unternährung an - hier in einer spezialisierten Einrichtung von Unicef in Cité Soleil in Haiti
Messung des Umfangs des Oberarms – das zeigt den Grad an Unternährung an – hier in einer spezialisierten Einrichtung von Unicef in Cité Soleil in Haiti

45 Millionen hungernde, 37 Millionen übergewichtige Kinder

Millionen Kinder unter fünf Jahren leiden weiterhin an Mangelernährung: Im Jahr 2022 waren 148 Millionen Kinder unter fünf Jahren (22,3 Prozent) wachstumsverzögert, 45 Millionen (6,8 Prozent) waren akut mangelernährt und 37 Millionen (5,6 Prozent) waren übergewichtig.

Fortschritt wurde im Bereich des ausschließlichen Stillens verzeichnet: 48 Prozent der Kinder unter sechs Monaten wurden ausschließlich gestillt, was dem Ziel für 2025 nahe kommt. Nichtsdestotrotz sind weitere konzertierte Anstrengungen erforderlich, um die für 2030 gesteckten Ziele in Bezug auf Mangelernährung zu erreichen.

Am 3. Juli isst der 15 Monate alte Mahdi aufpäppelnde therapeutische Nahrung, nachdem er im Wad Madani (Sudan) Kinderkrankenhaus auf Unterernährung untersucht wurde. Seine Familie wurde aus Khartum vertrieben.
Am 3. Juli 2023 isst der 15 Monate alte Mahdi aufpäppelnde therapeutische Nahrung, nachdem er im Wad Madani (Sudan) Kinderkrankenhaus auf Unterernährung untersucht wurde. Seine Familie wurde aus Khartum vertrieben.

Wandel der Agrar- und Ernährungssysteme

Der Bericht befasst sich auch mit der zunehmenden Urbanisierung als einem „Megatrend“, der sich darauf auswirkt, wie und was Menschen essen. Bis 2050 werden voraussichtlich fast sieben von zehn Menschen in Städten leben. Regierungen und andere Akteur:innen, die sich im Kampf gegen den Hunger, Nahrungsunsicherheit und Mangelernährung einsetzen, sollten daher versuchen, diese Urbanisierungstrends besser zu verstehen und sie bei ihren politischen Entscheidungen berücksichtigen.

Die Exekutivdirektorin des UNO-Kinderhilfswerks (Unicef) Catherine Russell sagte bei der umfangreichen Studienpräsentation: „Mangelernährung ist eine große Bedrohung für das Überleben, das Wachstum und die Entwicklung von Kindern. Das Ausmaß der Ernährungskrise erfordert deutlichere, auf Kinder ausgerichtete Antworten. Dazu gehören der vorrangige Zugang zu nährstoffreichen und erschwinglichen Nahrungsmitteln und grundlegenden Ernährungsdienstleistungen, der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor nährstoffarmen, stark verarbeiteten Lebensmitteln und die Stärkung der Lebensmittel- und Nahrungsversorgungsketten, einschließlich angereicherter und therapeutischer Nahrung für Kinder.“

Tedros Adhanom Ghebreyesus, Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation (WHO) meinte: „Die Zahl der Kinder, die an schwerer akuter Mangelernährung leiden, ist nach wie vor inakzeptabel hoch, und bei der Verringerung von Übergewicht bei Kindern wurden keine Fortschritte erzielt. Wir brauchen gezielte öffentliche Maßnahmen, Investitionen und Aktionen, um ein gesünderes Ernährungsumfeld für alle zu schaffen.“

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Zum vollständigen Bericht geht es hier