Die 33. Olympischen Sommerspiele der Neuzeit sind in Paris – und für die Surf-Bewerbe mehr als 15.000 Kilometer entfernt – bis 11. August 2024 im Gange; wobei die Zählung – naja… Denn es sind in Wirklichkeit erst die 30. Spiele, zählt das Olympische Komitee doch auch jene drei wegen des Ersten bzw. des Zweiten Weltkrieges abgesagten, geplanten Spiele in Berlin (1916), Helsinki (1940) und London (1944) mit. Ja mit den Zahlen da gibt’s so eigenartige Dinge – selbst die wegen der Corona-Pandemie auf 2021 verschobenen Olympischen Spiele in Japan heißen nach wie vor Tokio 2020.
Übersichtlich erfährst du das auf der ersten der Doppelseiten mit kurzen Textfeldern und vielen gezeichneten Bildern des Buches „Olympia!“.
Danach folgt eine Doppelseite für die 1170 Jahre der antiken Spiele zu Ehren des Göttervaters Zeus: Von 776 vor bis 394 nach unserer Zeitrechnung (viele sagen/schreiben vor bzw. nach Christi Geburt, obwohl die sicher nicht in dem Jahr stattgefunden hat, das die Zeitrechnung als 0=null festlegt) fanden 293 dieser Wettbewerbe statt. Und alle fanden statt – denn für die Spiele wurden sogar Kriege unterbrochen.
Obwohl die Menschen in Griechenland sich in ihrer Religion eine Art göttlicher Regierung aus Männern und Frauen, die oft für Wichtiges wie beispielsweise Athene für die Weisheit zuständig waren, ausgedacht haben, ließen sie Frauen nicht an den Bewerben teilnehmen. Ja nicht einmal zuschauen durften sie. Und dennoch – so wissen Iryna Tarenenko & Marija Worobjowa (Übersetzung aus dem Ukrainischen: Annegret Becker) zu berichten, hat dennoch eine Frau einen Bewerb gewonnen. Nein, Kyniska, Tochter eines Königs aus Sparta, hat sich nicht verkleidet, aber die Pferde mit denen eine Wagenlenker diese Rennen bei den 96. und den 97. Spielen gewann, gehörten ihr. Die Regel besagte, dass gar nicht die Teilnehmer, also die Wagenlenker gewannen, sondern nur die Besitzer der Pferde – in dem Fall eine Besitzerin.
Selbst bei den ersten Spielen der Neuzeit – Olympiade ist übrigens der Begriff für die Zeit zwischen zwei Olympischen Spielen – durften Frauen nicht antreten! Allen geplanten Sommerspielen, also auch den oben schon erwähnten drei abgesagten, widmen die Autorinnen – illustriert von Marta Leschak & Anna Plotka – eine Doppelseite mit in diesen drei Fällen weniger sportlichen, aber anderen Fakten aus der Zeit. Auch die 1936 zu vor allem Propagandazwecken der Nazis in Berlin abgehaltenen Spiele werden – kritisch – dargestellt. Wie überhaupt Politik nicht ausgespart wird – der Terror-Überfall einer palästinensischen Organisation auf israelische Sportler mit Toten (München 1972), der Boykott vieler Länder der Spiele in Moskau 1980, weil die Sowjetunion im Jahr davor Krieg in Afghanistan begonnen hatte, der Gegenboykott der Spiele vier Jahre später in Los Angeles (USA)…
Vor allem aber werden außergewöhnliche sportliche Leistungen und so manch kuriose Schmankerln aufgelistet.
Für fast jede der Spiele haben die Autorinnen auch teils kuriose Fakten oder solche, die heute kaum mehr bekannt sind, zusammengetragen. 1904 im US-amerikanischen St. Louis gewann Anton Heide seine ersten Medaillen für die österreichische-ungarische Monarchie, wurde während der Spiele US-Bürger und gewann weitere Bewerbe.
Die ersten Olympischen Winterspiele wurden 1924 im französischen Chamonix ausgetragen – aber schon 1908 in London und später auch 1920 in Antwerpen (Belgien) gab es Wintersportbewerbe, etwa Eiskunstlaufen, bei den Sommerspielen!
1912 im schwedischen Stockholm fanden erstmals – wie teils schon in der Antike – auch Bewerbe in künstlerischen Sparten statt – Literatur, Malerei, Bildhauerei, Architektur.
Vor 100 Jahren, bei den zweiten Olympischen Spielen in Paris, gewann Johnny Weissmüller drei Schwimmbewerbe – später wurde er als Tarzan-Darsteller viel berühmter. Bei den Spielen selbst viel berühmter wurde der Finne Paavo Nurmi, der mehrere Laufbewerbe über unterschiedliche Distanzen (3000 Meter, 1500 Meter, 5000 Meter) gewann, zwei davon innerhalb von nur einer Stunde. Seine Geschwindigkeit wurde jahrzehntelang zum geflügelten Wort: „Schnell wie der Nurmi!“
1928 in Amsterdam legte der australische Ruderer Henry Pearce im Viertelfinale eine kurze Pause ein, um Enten vorbeischwimmen zu lassen – gewann am Ende aber sogar im Finale Gold.
1968 in Mexico City sorgten zwei US-Springer für großes Aufsehen. Bob Beamon stellte mit 8,90 Metern im Weitsprung einen Weltrekord auf, der erst fast 23 Jahre später überboten wurde. Dick Fosbury erfand im Hochsprung einen eigenen Stil, indem er mit dem Rücken zuerst über die Latte sprang. Er gewann – und viele, ja fast die meisten wechselten auf diesen dann nach ihm benannten Stil.
Im selben Jahr 1968 sorgten aber auch zwei Läufer – ebenfalls aus den USA – für (politisches) Aufsehen: Tommie Smith und John Carlos holten über die 200 Meter Gold und Bronze. Bei der Siegerehrung streckten beide je eine Faust – in schwarzen Handschuhen – in die Höhe und standen in schwarzen Socken auf dem Sieger-Treppchen („Black Power“). Damit protestierten sie gegen die in den USA noch immer herrschende Trennung in Schwarze und Weiße. Das IOC (Internationale Olympische Komitee) forderte von den USA den Ausschluss der beiden aus dem Team und erließ ein Verbot, künftig an Olympischen Spielen teilzunehmen.
31. bei den Spielen 2004 in Athen, vier Jahre später in Peking die Plätze 12 und 17, 2012 in London schon 9., 8. und 4. – da wollte die ungarische Schwimmerin Katinka Hosszú ihre Karriere beenden. Shane Tusup, ihr Trainer und damaliger Ehemann überredete sie, weiter zu machen – 2016 im brasilianischen Rio de Janeiro gewann die Schwimmerin drei Gold- und eine Silbermedaille.
Apropos Schwimmen: 2016 trat auch erstmals ein Team Refugee Olympic Athletes (Flüchtlings-Team) an. Fahnenträgerin dieser zehn Sportler:innen, die aus ihren Heimatländern flüchten mussten, war die syrische Schwimmerin Yusra Mardini. Als sie 2015 das Bürgerkriegsland Syrien verlassen musste, hatte sie – gemeinsam mit ihrer Schwester und zwei anderen Flüchtlingen stundenlang ein überfülltes Boot mit 18 Insaß:innen, die nicht schwimmen konnten, schwimmend gezogen als es drohte unterzugehen und damit all diese Menschen gerettet. In Berlin (Deutschland), wo sie Zuflucht fand, begann sie in einem Sportverein wieder zu trainieren. Sie nahm auch 20021 an den Spielen in Tokio teil und wurde 33. im Bewerb 100 Meter Schmetterlings-Schwimmen. Seit 2022 lebt sie in den USA.
Für die – 2020 geplanten und dann (Corona!) 2021 ausgetragenen Spiele in Tokio (Japan) wurden alte Elektrogeräte gesammelt, um 5000 olympische und paraolympische Medaillen herzustellen. Und es kam viiiiel mehr zusammen 79 Tonnen Edelmetall konnten recycelt werden. Die Siegertreppen wurden aus recyceltem Kunststoff – hauptsächlich Shampoo-Flaschen – produziert – und danach zu Verpackungsmaterial vor allem für Hygieneprodukte verarbeitet.
Für die Olympischen Sommerspiele in Tokio hatten übrigens Kinder aus 16.769 japanischen Grundschulen über die beiden Maskottchen und Namen dafür abgestimmt: Die Anime-Figuren hießen Miraitowa (= Zukunft bzw. Ewigkeit) und Someity (von so migthty – so mächtig bzw. kraftvoll).
Und erstmals gab es Skateboard-Bewerbe – heuer in Paris 2024 wird es erstmals Breakdance als Olympische Disziplin geben.
Übrigens, erst im Jahr 3066 wird es genau so viele Olympische Sommerspiele in der Neuzeit geben, wie es sie im antiken Griechenland gegeben hat!
In Uniformen, die an Flugbegleiter:innen oder Raumfahrer:innen erinnern, tritt die Crew auf (Kostüm: Nadine Cobbina). Und stellt sich als Bot:innen heraus. Sie überbringen Nachrichten. Zwischen Raum und Zeit sozusagen. Mit Anklängen an antike Geschichten. Troja fällt mehrfach. Und indirekt auch im Titel, wurden Überbringer schlechter Nachrichten für diese selbst immer wieder bestraft, mitunter sogar getötet.
Die neuzeiltichen Bot:innen sind dafür immer in Eile, gehetzt zwischen da und dort, einst und jetzt.
Zeynep Alan, Julia Pitsch, Morteza Tavakoli und Charlotte Zorell fassen in „PLEASE – Don’t shoot the Messenger“ im innerstädtischen Theater am Werk ihre Aufträge / Nachrichten bei einer Art von Satellitenschüsseln mit dicker Rohrleitung (Bühne: Markus Liszt, Daniela Schindler) aus. Nicht die allgemeinen Nachrichten, die Online, via TV, Radio oder gedruckt in Zeitungen erscheinen, sondern persönliche. Und da es sich stets um Bad News handelt, haben Menschen sie ausgelagert: An eine Agentur, die für Perfektion, Leidenschaft, Effektivität, Anfang, Sicherheit, Entkommen steht – was eben PLEASE ergibt. Wobei die Begriffe möglicherweise gesucht und gefunden wurden, um das englische Wort für Bitte aber ebenso für erfreuen oder zufrieden stellen zu ergeben.
Ausgelagert wird ja vieles – Geschäftstüchtige können aus allem und jedem ein Business machen. Warum nicht auch für die Überbringung schlechter Botschaften? So das Konzept dieser Agentur. Die Mitarbeiter:innen perfektionieren die Verpackung übelster Mitteilungen in feine Worte – ob geschwollene Formulierungen oder vorgespielte Einfühlsamkeit. Vieles ist möglich. Ja sogar Umdeutungen – das zeigen literarische ebenso wie historische Beispiele. Vom „Wahrheitsministerium“ in George Orwells „1984“ bis zur realen Message Control des jungen Alt-Kanzlers reichen die Umdeutungen durch „Verpackung“ bzw. Herr-schaft des Marketings über den Inhalt.
In diesem Stück von diverCityLab – Text: Pau R. Bernat, Regie: Leonardo Raab; Dramaturgie: Aslı Kışlal, Anna Schober – geht’s um echte, schlechte Nachrichten, die einfach nur in verdaulicher Form an die Empfängerin/den Empfänger gebracht werden sollen. Doch was ist mit der Botin da rechts vorne? Die hat unter ihrer Empfangs-Schüssel eine versperrbare Lade. Heimlich. Klar, irgendwann fällt’s auf. Und die anderen drängen sie, das Versteck zu öffnen. Sie (Zeynep Alan) ließ Nachrichten verschwinden, die sie für zu unerträglich hielt. Da es sich letztlich doch nicht nur um individuelle Schicksalsschläge handelt – hätte das Nicht-Überbringen von Nachrichten den Lauf der Geschichte verändert? Schlimmeres verhindert? Eine Frage, die in den Raum geworfen – und nicht direkt adressiert, aber doch – ans Publikum weitergeleitet wird; sozusagen als Hausaufgabe.
Dennoch werden die Zuschauer:innen damit nicht entlassen. Es folgt – ohne Pause – ein zweiter, recht schräger Teil, den Anillo Sürün, der von der künstlerischen Mitarbeit zum kurzzeitigen Schauspieler avancierte, einleitet. Vorbereitung für eine TV-Talk-Show mit dem programmatischen Titel „Hart, aber sehr“. Und hier ist sie die umwerfende… – Charlotte Zorell als überdrehte Charly Forelli, Moderatorin einer Art TV-Talkshow, macht eine Talk-Gästin, die ohnehin schon von schlechten Nachrichten depressiv ist, vor fiktiver laufender Kamera erst recht fertig. Wobei ihr ein weiterer Gast, Psychodoc-Experte (der sehr wandlungsfähige Morteza Tavakoli, der im Laufe des Abends neben dem Nachrichten auch noch als Fahrradbote auftritt), äußerst behilflich ist.
Schließlich tauchen die Agent:innen nach und nach noch in einer Art überdimensionalen, vertikalen Hamsterkäfigen auf. Können sie sich daraus befreien?
Die Bühne im Theater am Werk Petersplatz ist dieses Mal komplett umgedreht. Das Publikum sitzt auf Tribünen an jener Stelle, wo sonst gespielt wird. Gegnüber macht die abgebaut Tribüne dafür die geschwungenen Treppen mit verschnörkeltem Geländer – und viel Platz frei für das Schauspiel – die schon erwähnten Nachrichten-Schüsseln und -Schläuche sowie Monitore für Video-Projektionen (Pablo Trujillo Tobaria). Neben dem dynamischen, phasenweise witzigen Spiel verleiht die Musik (Uwe Felchle) der Aufführung (1 ¾ Stunden) den zusätzlichen Schwung.
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