Tanzende Bilder? Oder wollen einfach die „gemalten“ lebendigen Menschen raus aus ihrem Rahmen? Vielleicht auch „nur“ die Aufmerksamkeit der feinen Dame erregen, die dann in die Galerie stolziert? Und ist der Rahmen, den sie auf dem Boden findet, nicht zu klein für ihre große Persönlichkeit?
Mit „Galerie der Träume“ gastierte eine Kooperation aus der Gruppe Lemour (Miriam und Sarah Kerneza, Ben Petermichl) und dem Solo-Jonglage-Clown Marijan Raunikar beim Wiener Kultursommer – und ist mit diesem Programm diese Woche noch beim Kultursommer in Wr. Neustadt (Niederösterreich, wenige Minuten vom Bahnhof entfernt – siehe Info-Block) zu erleben.
Ganz ohne Wort kommen die vier Künstler:innen aus – erzählen mit ihren, teils akrobatischen, Bewegungen kunstvolle, verträumte, poetische Geschichten. In die können die Zuschauer:innen jeden Alters durchaus Unterschiedliches hinein-interpretieren oder aus ihnen herauslesen. So ziemlich alles ist möglich.
Da steigen die einen und anderen aus Rahmen heraus, in andere hinein oder hindurch. Neben ihren Körpern und deren Bewegungen erzählen sie viel aber auch mit ihren Augen – diese Blicke! Dieses lautlose Brüllen!
Neben den Rahmen-Handlungen, dreht sich eine lange Szene auch um – ebenso wortlose – Missverständnisse und Streitereien des Trios Lemour (ein Mischwort aus einem Lemur-Äffchen und dem französischen Wort für Liebe Amour) bei einem gemeinsamen Essen. Auch zu erleben: Über weite Strecken gekonnt ungeschickte Jonglier-Künste Marijan Raunikars, bevor er – wie zu erwarten – natürlich auch fünf Bälle gleichzeitig in der Luft halten kann 😉
Atemberaubend – der Begriff wird vielleicht zu oft und leichtfertig eingesetzt. Bei dieser Show, die beim aktuellen Festival „jungspund“ im Schweizer St. Gallen ablief, trifft sie jedenfalls zu. In einem Mix aus Highest-Level-Akrobatik und akrobatischem (Ballett-)Tanz stark gewürzt mit clownesken Elementen stockt immer wieder der Atem des Publikums. Vor allem bei Kunststücken von Eline Guélat. Wenn sie den auf ihrem bevorzugten Turngerät, einem Lichtmast mühelos und fast ohne Anhalten raufspaziert und dann vermeintlich runterfällt – kollektives Luftanhalten im Publikum. Sie scheint sogar die Schwerkraft zu überwinden. Vorgegebene Regeln sind ihre Sache nicht.
Inszeniert hat Martin Zimmermann, Choreograf, Theater-Regisseur, Bühnenbildner und selber Performer, der aus dem Zirkus kommt, die Show „Ciao, Caio“ (für das Ballett Theater Zürich entwickelt). Er ließ sich dabei, wie er nach der fulminanten, begeistert aufgenommenen – schier never ending Applaus – Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… anvertraute von Federico Fellinis vielleicht berühmtestem Film „La Strada – Das Lied der Straße“ (1954) inspirieren lassen.
Die schon genannte umwerfende Zirkuskünstlerin nimmt Anleihe bei der Figur der Gelsomina, der Assistentin des brachialen Jahrmarkt-Schaustellers Zampanò – der Name hat sich seit Fellinis Film als Begriff verselbstständigt. Obwohl sie so viel kann, wird sie von ihm auf Hilfsdienste reduziert. In „Ciao, Caio“ befreit sie sich schon früh und er (Aimé Morales), der die einstündige Performance eröffnet, wird nur zum hin und wieder Side-Kick. Passt doch gut zum Internationalen Frauentag am 8. März!
Sie dominiert, aber doch eher bescheiden in clownesker Manier mit Erinnerungen an Charlie Chaplin das Geschehen.
Es bleibt nicht bei dem Duo. Nach und nach kommen teils wie aus dem Nichts aus dem Bühnenpodest von unten, aus irgendeinem Kasten oder sonst woher noch Tänzerinnen – vielfältige Figuren manche mit Freak-Anwandlungen. Sie alle vereinen perfekte Körperbeherrschung, verbinden Clownerie mit Ballett. Und so wechselt die Szenerie ständig, wir erleben die weiß gekleidete Baum-Fee-artige Léna Bagutti, einen alten immer wieder buckligen Mann (Jesse Callaert), eine zwergenhafte Übermama (Neil Höhener) sowie Valeria Marangelli (Harlekin) und Sandra Salietti (fast klassisches Ballett).
Mit all ihrer fantastisch körperlichen Kunst erzählen die sieben in vielen immer wieder auch Staunen erzeugenden Szenen, etwa einem Riesen-Hütchen-Spiel mit auftauchenden und verschwindenden Chaplin-behüteten Menschen, kleine und doch so große Geschichten unterschiedlichster Gefühle. Von freundschaftlichen und verliebten bis zu aggressiven, befreienden…
Ach, übrigens: Im deutschsprachigen Teil der Schweiz wird „Ciao“ ebenso wie in Italien – im Gegensatz zu Österreich und Deutschland (wo es sich oft zum tschau gewandelt hat) – sowohl für Abschied als auch Begrüßung verwendet. Laut Wikipedia stammt es übrigens aus der venezianischen Sprache, wo sčiao [ˈst͡ʃao] (Diener) dem italienischen schiavo [sˈkjaːvo] entspricht. Und dieses steht für „ich bin Ihr Diener“ – wie die dem Lateinischen entlehnte Grußformel „Servus“.
Compliance-Hinweis: Die Berichterstattung kann nur erfolgen, weil das Festival „Jungspund“ Kinder I Jugend I Kultur I und mehr … für fünf Tage nach St. Gallen eingeladen hat.
In Neu Marx, einige Gehminuten vom Media-Quarter, auf dem noch das große Logo der zu Tode gebrachten Wiener Zeitung prangt, stehen das große und einige kleinere Zelte von Circus Louis Knie, dahinter Wohnwägen, es riecht nach Pferden. Künstler:innen in Glitzerkostümen unterstreichen traditionelle Zirkus-Atmosphäre; bzw. unterstreichen sie. Clown Jimmy Folco sorgt für Späße, Moderation und sammelt einige der Artist:innen für die Fotos und Videos der Journalist:innen, die am Vortag der Premiere des Programms „It’s Showtime“ (1. September bis – vorläufig – 5. November 2023, Details siehe Info-Box am Ende des Beitrages) eingeladen worden sind.
Im Programm, das am 1. September 2023 Premiere hat, wird Jimmy aus italien – so die Ankündigung – neben Clownerie auch Jonglage, Zauberei und Akrobatik zeigen. Bis zu sieben glänzende große Hula-Hoop-Reifen lässt die aus Prag kommende Nicole Berousek an Armen, Beinen und Hals kreisen lassen. Außerdem wird sie mit Hunden auftreten.
Noch immer kommen viele Zirkusartist:innen aus Familien für die seit Generationen Manegen ihre Arbeitsplätze sind. Der Zirkusdirektor himself blickt auf 200 Jahre Circus Knie zurück. Ludmilla Valla-Bertini ist die Akrobatin in achter Generation. Sie liegt auf dem Rücken und lässt Tücher auf Füßen und Händen kreisend schweben.
Vioris Zoppis (22 Jahre) vollführt Spagat und noch krassere Kunststücke in luftiger Höhe. Er hat schon einen „Golden Clown“ beim internationalen Zirkusfestival von Monte Carlo gewonnen. Es wird nicht seine letzte Auszeichnung sein.
Neben traditionellen Nummern, zu denen auch Louis Knies klassischer Auftritt mit Pferden gehört, sorgen auch jungen BMX-Fahrer aus der Ukraine für atemberaubende Auftritte. Petro und Dima zeigten nicht nur rasante Schanzenfahrten, Sprünge auf dem Hinterrad auf selbst eine kleinste Plattform. Hin, her, kreuz und quer springt einer der Rad-Artisten über den auf dem Boden liegenden Kollegen. Und das unzählige Male.
Rot-weiß-rote hölzerne Scherengitter, eines davon an einem Ende bunt bemalt, zeigen bei einem Abschnitt der Ottakringer Hasnerstraße an, ab hier ist die Straße – wenigstens für den Autoverkehr – gesperrt. Zwischen Habicher- und Haymerlegasse/Richard-Wagner-Platz. Da steht zwischen den Hausnummern 57 und 57a ein alter Anhänger mit Planken aus Holzleisten, der Theaterwagen. Auf dem steht in Kreiseschrift „Egon & Erika“.
Daher ist knapp vor 18 Uhr, für dann ist „Eine Reise um die Welt“ angesetzt, schon leicht zu erkennen, die ältere Frau, die scheinbar verwirrt – mit ebensolchen Haaren – in weißem ärmellosen Arbeitsmantel über ihrem roten Kleid herumirrt, ist wohl die Schauspielerin. „Erika“ – im echten Leben Ingeborg Schwab – sucht nach „Egon“, ihrem Kollegen RRemi (Raimund) Brandner. In ähnlich clownesker Manier tattert auch er rund um den Wagen, der sich natürlich zur Bühne öffnen wird. Nicht wird – die beiden klappen in Slapstick-Einlagen nach etlichen Minuten der gekonnt gespielten Ungeschicklichkeit die zur Straßenseite schauende Seitenwand runter, erweitern die Ladefläche damit zur Bühne. Und sorgen mit diesem Auftritt in der beschriebenen Art schon für die ersten Lacher der gegenüber auf Bänken, Sesseln und Liegestühlen sitzenden Zuschauer:innen.
In der folgenden Stunde erzählen sie über ihre – ausgedachten – Weltreisen mit dem Theaterwagen, Auftritte vor Massenpublikum in den unterschiedlichsten Ländern, deren Umrisse sie mit Kreide auf die Innenseite der zweiten Seitenwand, die zur Kulisse samt Requisiten-Regal wird, malen. Und sich dabei immer wieder vom Publikum korrigieren lassen was die Lage des einen oder anderen Landes betrifft.
Zwischen Schauspiel, Gesang und immer wieder clownesken Einlagen wechseln sie zwischen gespielten grandiosen Auftritten und scheinbar patschertem Scheitern, holen ein bisschen Weltflair in die Hasnerstraße, sorgen für manch gespieltem Angs-Kitzel bei einer „Messerwerfer“-Nummer und Wildheit mit „Born tob e wild“ auf der E-Gitarre.
Bereits zum dritten Mal ist das oben schon genannte Stück der Hasnerstraße in den Sommerferienwoche autofrei. Der Verein „O.N.E.16 – Ottakringer Nachbar*innenschafts Engagement für mehr Platz im öffentlichen Raum und ein besseres Mikroklima“ hat dies erreicht und bietet kulturelles Programm, vor allem für Kinder – von Theater bis zu bilingualem Geschichten-Erzählen, Anfang August beispielsweise auf Arabisch/Deutsch sowie Deutsch und BKS (Bosnisch/Kroatisch/Serbisch) – siehe Infobox ganz am Ende. Darüber hinaus gibt’s auch – wie das oben beschriebene „Egon und Erika – Eine Reise um die Welt“ Programm für alle Altersgruppen. Bühne ist immer der Theaterwagen.
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Facebook. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Mehr InformationenSie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Instagram. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Mehr InformationenSie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von X. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Mehr Informationen