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Sie alle und noch fast 200 weitere studieren hier in der usbekischen Hauptstadt in Kooperation mit der IMC Krems

Deutsch als vierte Sprache öffnet Tor nach Europa

Neben der großen Humo-Arena, der größten Eis(hockey)Halle Zentralasiens, wenige Gehminuten von der Metro-Station O’zebekiston entfernt, befindet sich einer der von vielen Studierenden benutzen Zugänge zum weitläufigen Park-ähnlichen Gelände der staatlichen Wirtschaftsuniversität von Taschkent. Für den Besucher aus Österreich doch einigermaßen überraschend hängt am Torgitter ein großes blaues Transparent der IMC Krems, der Fachhochschule dieser niederösterreichischen Stadt. (Die Abkürzung stand einst für Internationales Management Center; wird heute so nicht mehr verwendet, nur mehr die drei Buchstaben, die Internationalität ausstrahlen, Untertitel heute: University of Applied Sciences/ Uni für Angewandte Wissenschaften.)

Bildmontage aus dem vergrößerten Transparent der IMC Krems, das ganz hinten am Gitter beim Eingang neben der großen Eishockeyhalle hängt
Bildmontage aus dem vergrößerten Transparent der IMC Krems, das ganz hinten am Gitter beim Eingang neben der großen Eishockeyhalle hängt

Doppel-Bachelor

Rund 200 junge Erwachsene studieren hier entweder Tourismus- und Freizeit- oder exportorientiertes Management – in Kooperation mit der international ausgerichteten FH Krems. Gelehrt und gelernt werden (fast) alle Fächer auf Englisch. Dazu aber gibt es noch Deutsch-Lehrveranstaltungen. Untergebracht ist dieser Studiengang in einem der neu gebauten Gebäude des Areals. Die Kooperation gibt es seit drei Jahren, der erste Studiengang startete im Herbst 2019 – und fiel prompt schon im zweiten Semester in die Pandemie-Zeit. Die ersten 50 Studierenden hatten im Vorjahr mit dem Bachelor of Arts in Business abgeschlossen – ihre Fotos mit vor allem aus US-Filmen bekannten schwarzen, viereckigen Hüten hängen in der Eingangshalle des Uni-Gebäudes. Und dazu gab’s natürlich auch den usbekischen Hochschul-Abschluss. Der internationale Bac. Berechtigt, weltweit ein Masterstudium zu beginnen.

Rektor der staatlichen Wirtschaftsuni Taschkent, Kongratbay Avezimbetovich Sharipov
Rektor der staatlichen Wirtschaftsuni Taschkent, Kongratbay Avezimbetovich Sharipov

Schon vor Corona Onlineplattform

Letzteres war hier nicht das große Problem, weil die gesamte staatliche Wirtschaftsuni (22.000 Studierende) – wie viele andere Hochschulen des Landes -, so Rektor Kongratbay Avezimbetovich Sharipov im Interview mit Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… „schon ab 2018 auf einer Online-Plattform vielfach auch von extern studierenden besucht wurde, die nur vor den Prüfungen noch ein Monat Präsent-Studium absolvieren mussten“.

Österreichishce und usbekische Fahnen
Österreichishce und usbekische Fahnen im Büro der Studiengänge mit der IMC Krems

Warum Krems, weshalb Deutsch

Zwei Studentinnen sprechen Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… auf dem Weg zur Reportage über einen Deutschkurs in der Fakultät für Fremdsprachen an – wir vereinbaren für danach ein Interview vor den IMC-Krems-Lehrsälen. Und bevor die beiden noch auftauchen, stellt sich eine aufgeweckte Schar Studierender ein, gegenseitig werden Fotos geschossen und vier Studierende geben kurze Interviews, in denen sie vor allem die Frage beantworten, weshalb sie sich entschlossen hatten, ausgerechnet den Studiengang mit der FH Krems zu wählen.

Asad Saidakhmadov, Studierendenvertreter im Interview
Asad Saidakhmadov, Studierendenvertreter im Interview

„Aber bitte, können wir die Interviews lieber auf Englisch führen, in Deutsch sind wir erst Anfängerinnen und Anfänger beginnt der gewählte Studierenden-Vertreter, Asad Saidakhmadov. „Ich studiere hier seit September 2022, jetzt haben wir grad Stress mit Prüfungen. Ich sehe dieses Studium als große Chance für mich, weil es auch Austauschprogramme gibt, die Weiter-Studieren in Österreich ermöglichen. Und ich meine, Österreich bedeutet Europa. Und das ist eine große Chance, sich weiterzuentwickeln und eben auch neue Sprachen zu lernen.“

Andere switchen in den Interviews zwischen Englisch und Deutsch hin und her.

Elina Kashimova im KiJuKU-Interview
Elina Kashimova im KiJuKU-Interview

Reisen, daher Tourismus-Studium

Elina Kashimova platzt vor Freude, kundzutun: „Mein großer Wunsch ist es zu reisen, die Welt zu sehen und natürlich auch Europa. Deswegen hab ich Tourismus-Management als Studium gewählt. Klar, es gibt an der Wirtschaftsuniversität hier auch internationale Programme mit mehreren Ländern, aber das Studium mit Krems hab ich wegen Europa und auch wegen Österreich gewählt. Ich mag die deutsche Sprache, ich finde sie schön.“

Kamila Raimova im Interview
Kamila Raimova im Interview

Kamila Raimova meint, „es war eine gut, nein die beste Wahl, weil wir nicht nur sehr gut Englisch lernen – es wird ja fast alles in dieser Sprache unterrichtet -, sondern eben auch Deutsch lernen – und da die meisten neben Usbekisch auch Russisch können, haben wir dann schon vier Sprachen.“

Layla Yarasheva im Interview mit KiJuKU
Layla Yarasheva im Interview mit KiJuKU

Layla Yarasheva macht’s schnell noch kurz und bündig, weil alle los müssen zur nächsten Lehrveranstaltung: „Dieses Studium ist eine sehr gute Gelegenheit, zu reisen und mehr und mehr und mehr zu lernen, und hoffentlich zumindest ein Jahr in Österreich zu studieren.“

Dr. Drlshodjon Rakhmonov, Leiter der Taschkenter Kooperationsstudiengänge mit der FH Krems
Dr. Drlshodjon Rakhmonov, Leiter der Taschkenter Kooperationsstudiengänge mit der FH Krems

Viele Lehrende aus Österreich

Fast die Hälfte der Lehrenden (40 bis 45% – „IMC Flying Faculty“) stellt die IMC Krems, die Studierenden absolvieren sozusagen einen Doppel-Bachelor – einen usbekischen und einen in Österreich anerkannten, sagt der Abteilungsleiter dieser Studiengänge Dr. Drlshodjon Rakhmonov zum Journalisten aus Österreich. „Künftige Studierende müssen sich bewerben – mit einem Aufsatz, einem Motivationsschreiben und wenn diese beiden entsprechen, gibt’s noch ein Prüfungs- bzw. Aufnahmegespräch mit dem Team, in dem auch Vertreter von Krems dabei sind“, beschreibt der Studiengangsleiter die Zugangsbeschränkungen.

Und dann kommen noch Studiengebühren dazu, die mit umgerechnet rund 2.300 Euro (28 Millionen Sum, wie die Währung Usbekistans heißt) nicht gerade billig sind (Durchschnittseinkommen in Usbekistan ca. 6000 Euro – jährlich). „Aber wir vergeben Stipendien.“ Wie viele Studierende ein Stipendium erhalten, konnte er nicht sagen.

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Durdona Bahodirova, Dozentin und für so manch Administratives der Studiengänge zuständig

Usbekische Dozentin: „Deutsche Sprache war Liebe auf den ersten Blick“

Im Büro der Leitung der beiden internationalen Studiengänge Tourismus und Export-Management an der staatlichen Wirtschaftsuni Taschkent (Usbekistan), die gemeinsam mit der IMC Krems geführt werden, arbeitet unter anderem Durdona Bahodirova. Die 27-Jährige ist auch Deutsch-Dozentin und erzählt in einem Interview mit Kinder I Jugend I Kultur I und mehr… dass sie seit drei Jahren diese Sprache hier lehrt.

KiJuKU: Wie und warum kamen Sie dazu, gerade Deutsch zu lernen und lehren?
Durdona Bahodirova: Bereits während meiner Schulzeit habe ich bei mir die Neigung zu den geisteswissenschaftlichen Fächern entdeckt und zwar zum Sprachenlernen, was mich dazu bewogen hat, die feste Entscheidung zu treffen, Germanistik als Hauptfach meines Studiums zu wählen. Sowohl meinen Bachelor als auch meinen Master habe ich erfolgreich an der Nationalen Universität Usbekistan abgeschlossen. Ich hatte und habe immer noch große Leidenschaft für Deutsch, denn diese Sprache hat aus meiner Sicht was Besonderes, was andere Sprachen der Welt nicht haben. Die deutsche Sprache hat mir ermöglicht, die Welt von einer total anderen Perspektive zu entdecken.

KiJuKU: Was ist für Sie das Besondere an der deutschen Sprache?
Durdona Bahodirova: Diese Frage zu beantworten ist ein bisschen kompliziert. Ich weiß nicht genau, was dieses Besondere ist. Ich glaube das liegt darin, dass Deutsch die erste Sprache damals war, die ich gelernt habe, deshalb sage ich Liebe auf den ersten Blick 🙂

Durdona Bahodirova, Dozentin und für so manch Administratives der Studiengänge zuständig
Durdona Bahodirova, Dozentin und für so manch Administratives der Studiengänge zuständig

KiJuKU: Weshalb unterrichten Sie gerade an dieser Uni?
Durdona Bahodirova: Da wir schon mit der Fachhochschule Krems seit 4 Jahren erfolgreich kooperieren, haben wir positive Beziehungen zu Österreich. Ich möchte feststellen, dass es dabei viele Herausforderungen gibt, aber trotzdem machen wir miteinander sehr gute Erfahrungen. Das Ziel dieses Gemeinsamen Programms besteht darin, den usbekischen Studierenden europäische Bildung zu ermöglichen. Unsere Studierende profitieren sehr sowohl von österreichischen als auch von lokalen Dozenten und Dozentinnen sowie Professor:innen und genießen ihr Studentenleben an der IMC Krems.

KiJuKU: Sie haben kurz vorher erzählt, dass Sie auch mit einem Blog starten wollen, bezieht sich der auf diese Uni und Ihre Dozentinnen-Tätigkeit?
Durdona Bahodirova: Nein, ganz etwas anderes, nicht nur für mich Wichtiges: Leider gibt es in keiner Gesellschaft Gleichberechtigung, wo Männer und Frauen gleich behandelt werden. Usbekistan ist dabei keine Ausnahme. Jeden Tag werden Tausende usbekische Frauen von Gewalt und Diskriminierung betroffen. Durch meinen Blog möchte ich Menschen auf diese sozialen Probleme aufmerksam machen und Stereotypen aufbrechen. Ich möchte jedem und jeder, der/die ganz konservativ und traditionell denkt, erklären, dass Frauen gleichberechtigte Teilnehmerinnen der Gesellschaft wie Männer sind – oder sein sollten!

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Bild-Montage aus drei Fotos: Humo-Arena in Taschkent, vergrößertes IMC-Transparent vom Eingang der Wirtschaftsuni sowie einer Österreich- und eienr Usbekistan-Fahne

Wie kam’s zur Kooperation Krems – Taschkent?

Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… stieß bei einer Recherchereise in der usbekischen Hauptstadt Taschkent an der staatlichen Wirtschaftsuniversität zufällig auf die Kooperation zweier Studienzweige mit der Fachhochschule Krems. Da Dr. Drlshodjon Rakhmonov in Taschkent erst seit Kurzem die Studiengänge leitete, bat er den Journalisten in Krems nachzufragen, wie es zur Aufnahme der Kooperation gekommen ist. Dort antwortete Geschäftsführer Dr. Karl C. Ennsfellner, der in der Hochschulleitung für Internationalisierung zuständig ist auf die eMailig gestellten Fragen: „Die Kontaktaufnahme mit der Tashkent State University of Economics (TSUE) erfolgte im Rahmen einer Delegationsreise nach Usbekistan. Bei einem Besuch einer Delegation der TSUE an der IMC Fachhochschule Krems wurden die Verträge nur wenige Wochen nach dem Erstkontakt unterzeichnet.“

KiJuKU: Sucht die IMC Krems immer wieder nach – vielen internationalen Partner-Unis? Oder kommen umgekehrt diese auf Krems zu?
Karl Ennsfellner: Die IMC FH Krems ist die internationalste Fachhochschule in Österreich und entwickelt Partnerhochschulnetzwerk kontinuierlich qualitativ und quantitativ weiter. Dabei kommen mögliche Partneruniversitäten auf uns zu. Wir suchen aber auch aktiv nach neuen Partnern, die wir dann entsprechend kontaktieren. Aktuell verfügen wir über 170 Partneruniversitäten in 52 Ländern. Diese Partnerhochschulen stehen für Studierenden-Austausch, für Lehrenden-Austausch sowie für Mitarbeiter*innen-Austausch zur Verfügung.

KiJuKU: Wie viele internationale Studiengänge in wie vielen Ländern gibt es derzeit?
Karl Ennsfellner: Aktuell bietet die IMC Fachhochschule Krems 10 internationale Studiengänge in China, Vietnam, Usbekistan und Aserbaidschan an. Zielgruppe dieser Studiengänge sind Studierende, die in einem internationalen Studiengang studieren möchten, aber das Heimatland beispielsweise aufgrund von beruflichen oder familiären Verpflichtungen nicht verlassen können.

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Blick auf den Campus der IMC Krems
Blick auf den Campus der IMC Krems