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Probe der Freude über den Wiederbeginn der Schule

Sture unerwünschte Außenseiterin erkämpft sich große Anerkennung

Draußen drückende Hitze, drinnen im Saal des Mödlinger Stadttheaters wohltemperierte Kühle. Mitten zwischen den Publikumsreihen ein riesiges Technik-Pult mit Monitoren, Reglern und Knöpfen. Noch ist Probe. Auch wenn in wenigen Tagen die Premieren – zuerst jene von „Anne of Green Gables“ und eine Woche später die von „Cinderella“ – beides von der Kinder- und Jugend-Musical-Company teatro – über die Bühne spielen, tanzen und singen werden.

Bewegungen exakter setzen

Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… darf bei einer Probe fürs erstgenannte Stück dabei sein. Was schon als kompletter Durchlauf angekündigt war, erweist sich dann doch „nur“ als Probe für den zweiten Teil nach der Pause. Und das ist für den zuschauenden, fotografierenden und filmenden Reporter noch viel spannender. Da sitzt noch so manches nicht. Unterbrechung. Choreografin Katharina Strohmayer unterbreitet Änderungsvorschläge bei der Szene, in der Anne und ihre Kolleg:innen sich freuen, dass nach den Ferien endlich die Schule wieder losgeht – sie einander treffen und die eine oder andere Party machen können. „Setzt mit euren Köpfen scharfe, große Akzente bei den Bewegungen am Anfang“, ist einer von vielen Tipps, um die Szene exakter zu tanzen.

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„Verkauft mir eure Sätze“

Regisseur und Stückfassungs-Autor Norbert Holoubek ergänzt: „Gerade die, die weniger Sätze haben, bitte kämpft um eure kurzen Solos, setzt eure kurzen Auftritte, verkauft mir eure Sätze!“ Manchmal unterbricht er, um eben bei der Probe ausgedachte neue Sätze ins Textbuch einzufügen, um einzelne Szenen klarer, zugespitzter zu gestalten. Etwa die schon angesprochene, in der es um die Freude am Wiedersehen zu Schulbeginn geht. „Jetzt geht‘s los! Endlich wieder Schule!“ wird nun die Szene neu eingeläutet!

Die Choreografie danach mit einer Art Räderschlagen der ersten und auf die Würfel springenden Tänzer:innen der zweiten Reihe wird – mal ohne und dann wieder mit Live-Musikbegleitung durch Walter Lochmann am Klavier – mehrmals wiederholt. Von Mal zu Mal hat sie mehr Drive, wird exakter. Bis sie sitzt.

Von Mal zu Mal geschmeidiger

Die angesprochenen Würfel müssen übrigens von den Akteur:innen auf der Bühne immer selber hergeholt und wieder weggeräumt werden – und das natürlich voll in die Bewegung der entsprechenden Nummer eingebaut. In einer anderen Szene mit der Waisen-Jugendlichen Anne (Lili Beetz) und dem sie adoptierenden älteren Geschwisterpaar Marilla Cuthbert (Katharina Lochmann) und Matthew (Norberto Bertassi) checkt Letzterer, teatro-Intendant und Komponist, „ach ja, ich hab vergessen den Würfel umzustellen“. Was für die Mitwirkenden der folgenden Szene wichtig wäre. Bei der Wiederholung klappt’s – natürlich.

Je länger die Proben dauern, desto mehr flutschen die Szenen über die Bühne – hin und wieder kommt auch Applaus von den wenigen im Saal, die gerade eben nicht auf der Bühne sind. Mittlerweile sind einige der digital produzierten Hintergründe, die projiziert das Bühnenbild gestalten, eingelangt und werden vom Techniker eingespielt. Die Projektionen stammen übrigens von Moritz Mausser, der jahrelang in teatro-Musicals selber mitgespielt hat und nun ab Oktober 2023 im Wiener Ronacher Hans Hölzel alias Falco spielen, singen und tanzen wird.

Die Story – kurz gefasst

Da das Original (1908 erschienen) – und viele Übersetzungen – zwar in vielen Ländern, natürlich im Ursprungsland Kanada, wo die Autorin Lucy Maud Montgomery lebte, aber auch in Dutzenden anderen sehe, bei uns weniger bekannt, ist, hier eine knappe Zusammenfassung des Inhalts:

Das ältere Geschwisterpaar und Matthew und Marilla Cuthbert leben in der (ausgedachten) Kleinstadt Avonlea auf Prince Edward Island (wo ach die Autorin aufwuchs) auf einem Hof dessen Dach grüne Giebeln hat (daher der Name). Sie erhoffen sich Hilfe von einem Buben aus einem Waisenhaus, stattdessen kommt Anne Shirley am Bahnhof an. Nach erstem Zögern finden sie sich mit dem Mädchen ab, Matthew warmherziger, seine Schwester strenger.

Anne ist ein viel redendes, fantasievolles und stures Kind und leidet unter ihren roten Haaren was ihr von Mitschüler Gilbert Blythe den Spottnamen Karotte – und diesem „ewige“ Feindschaft mit Anne – einbringt. Was sich natürlich am Ende wendet. Außerdem rettet Anne, weil sie im Waisenhaus viel praktische Lebenshilfe gelernt hat, der kleinen Schwester von Diane, der besten Freundin, deren Mutter jedoch den Umgang der beiden verbietet, das Leben.

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Die Autorin war durch einen Zeitungsartikel über ein Paar, das irrtümlich ein Waisenmädchen statt eines Jungen geschickt bekommen hatte, zu ihrem ersten Band des Buches inspiriert worden, der im Wesentlichen das Leben Annes von 11 bis 16 Jahre umfasst. Wegen des großen Erfolges schrieb sie Fortsetzung um Fortsetzung, ab Band sechs drehen sich die Geschichten um Annes Kinder.

Angeblich war Anne of Green Gables das Lieblingsbuch von Astrid Lindgren, was diese zu einigen Elementen ihrer Pippi Langstrumpf angeregt haben könnte – von den roten Haaren bis zur Sturheit.

Geigenprobe
Geigenprobe

Interviews

Bevor die Proben auf der Bühne losgehen, übt Léna Sophie Lochmann, die Julia Bell, eine Mitschülerin Annes spielt und im Ensemble tanzt, einen Song auf der Geige – begleitet von ihrem Vater Walter auf dem Klavier. Die 12-Jährige spielt seit vier Jahren dieses Instrument, zum ersten Mal dann live in dem Musical. „teatro-Musicals kenn ich schon lange, weil ich immer zugeschaut habe, wenn mein Vater die Musik gespielt hat. Mit der Geige hab ich bisher immer nur kleinere Konzerte gespielt.“

Essen motiviert

Der Beginn auf der Violine sei ihr leicht gefallen, „aber da ist es ja noch einfach, weil du bald Melodien kannst und dir am Anfang alle auch Fehler verzeihen. So nach zwei Jahren war’s dann schon schwieriger. Da werden die Stücke schwerer und die Nachsicht ist vorbei. Da war’s nicht immer leicht mich selber zu motivieren“, gesteht sie im Interview. Auf die Nachfrage, wie es doch immer wieder gelungen sei, lächelt die Geigerin „meine Mama hat mir Nutella-Brote gemacht. Oder Eis versprochen. Mit Essen kann man mich leicht motivieren.“

Ob die Geige zu ihrem Berufswerkzeug wird, weiß Léna Sophie Lochmann noch nicht, „aber sicher irgendetwas auf der Bühne, Schauspiel und Musik“.

Lange bei teatro, aber erstmals auf der großen Bühne

Auch eine Newcomerin auf der Mödlinger Bühne sind Tanja Marie Rathbauer (17) und Elea Rupprich (15). Erstere schlüpft in die Rolle des Waisenhausmädchens Jilly, Letztere in die einer Schulkollegin Annes, Gertie Pye. Neu ist für beide aber nur die große Bühne samt dem großen richtigen Theatersaal. Denn beide singen, spielen und tanzen schon seit jeweils gut sieben Jahren, also ein Drittel bzw. die Hälfte ihres Lebens mit teatro – in der „musical academy brigittenau (mab – in Wien, im 20. Bezirk). Bei den großen Produktionen im Mödling „haben wir fast jedes Jahr zugeschaut und wollten wenigstens einmal auf der großen Bühne spielen“, erzählen Rathbauer und Rupprich Kinder I Jugend I Kultur I und mehr… heuer hat’s endlich geklappt.

„Ich hab zwar nur eine Szene“, so die Darstellerin des Waisenhausmädchens Jilly, „die Proben waren aber trotzdem schon anstrengender als in der mab, aber es ist sehr schön, hier spielen zu dürfen“. Dennoch ist Bühne nicht ihr Berufswunsch, „sondern lieber Synchronsprecherin, ich mag es, mit der Stimme zu spielen“.

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Ihre mab-Kollegin Elea Rupprich, die ein Schulkind spielt, „mag die Lieder und die Szenen sehr. Ich glaube, ich will weitermachen und später auf der Bühne stehen.“

Regisseur seit Jugendtage davon bezaubert

Norbert Holoubek, der – nicht nur hier – Regie führt(e) und das Textbuch geschrieben hat, wollte „das Stück schon immer machen“. Heuer ist es so weit. Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… wollte natürlich wissen, weshalb Holoubek „Anne of Green Gables“ so ein Herzensanliegen ist. „Ich war so ungefähr 15 Jahre als im Fernsehen bei uns eine kleine Serie gelaufen ist (1985 mit Megan Follows in der Hauptrolle). Meine Clique aus dem Gymnasium und ich haben uns die angeschaut. Ich war tief berührt, hin und weg von dieser Figur. Übrigens auch die ganze Clique in der Schule.

Ich war total verzaubert von ihr – wir alle natürlich auch von der Schauspielerin. Aber wie sie da in diesen Ort kommt und eigentlich sollte ja ein Junge von den beiden Cuthberts aufgenommen werden, wie sie sich ausdrückt, alles schönredet und doch unabsichtlich immer wieder in Fettnäpfchen tritt, aber trotzdem um sich kämpft. Ja und dann ihre Sprache, sie redet ja fast nur in Lyrikform. Auch die Landschaftsaufnahmen in Kanada haben mich sehr beeindruckt. Deshalb wollte ich das schon immer machen. Dann hab ich das Buch gelesen. Und war so erstaunt, dass fast niemand bei uns diese Geschichte kennt. Darum wollte ich, dass wir es mit teatro machen, damit mehr Leute diese wunderbare Geschichte kennen lernen.“

Follow@kiJuKUheinz

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Titelseite einer der Ausgaben von
Titelseite einer der Ausgaben von „Anne auf Green Gables“