Treffpunkt vor einem riesigen Rad, einer senkrechten Dampfmaschine im Technischen Museum in Wien. Kinder – und ihre erwachsenen Begleitpersonen – warten auf das angekündigte Stationentheater. Da taucht eine Dame auf und meint, die Vorstellung sei abgesagt. Was ihr ohnehin kaum wer glaubt, haben so manche doch schon einen im Hintergrund aufgebauten kleinen roten Theatervorhang entdeckt. Außerdem erscheinen zwei Personen in üppigen hellgrünen Kostümen (Ausstattung: Gudrun Lenk-Wane).
„MINT ist meine Lieblingsfarbe“ heißt ja auch das Stationentheater, zu dem die Besucher:innen extra hierher gekommen sind. An einer Tafeln mit dieser Ankündigung sind sie beim ersten Stiegenaufgang vorbei gegangen und hier neben diesem riesigen technischen Ausstellungsstück steht eine weitere Tafel mit diesem Spruch.
Obwohl die Pflanze Minze in der Regel ein deutlich dünkleres Grün aufweist, wird in der Mode „Mint“, die englische Bezeichnung, immer wieder für ein recht helles grün verwendet. Die vier Buchstaben erleben aber vor allem im schulischen oder universitären Zusammenhang seit vielen Jahren einen Hype, stehen sie doch für die Fächer bzw. Wissensbereiche Mathe, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. Allüberall wird auf diese gesetzt, sie werden gefördert – nicht zuletzt, weil es A) großen Fachkräftemangel in diesen Bereichen gibt und B) vor allem Erstgenannteres noch immer als Angstfach gilt.
Noch immer wird gerade in so manchen künstlerischen Bereichen ein Gegensatz zwischen Mint- und kreativen Fächern gesehen, vermutet, gespürt. Dabei hatte sich schon vor einem ¼ Jahrhundert eine der interaktiven Mitmachausstellungen im Zoom Kindermuseum im Wiener MuseumsQuartier den Verbindungen und Zusammenhängen von Mathe und Musik gewidmet. An der Linzer Johannes-Kepler-Universität übersetzt der „Zirkus des Wissens“ unterschiedlichste wissenschaftliche Themen in künstlerische Performances, darunter oft auch naturwissenschaftliche – u.a. Figuren- und Objekttheater über die bekannte Erfinderin einer Vorform einer Computersprache – über Lochkarten -, Ada Byron Lovelace und die bei uns kaum bekannte „Königin der Physik“, Chien Shuing Wu.
Hier im Technischen Museum verbinden Anna Maria Eder, Tina Haller und Lina Venegas (Regie: Julia Nina Kneussel; Text: Katharina Tiwald, Regie und Ensemble) in Gesängen, Erzählungen und Tänzen Informationen zu den genannten vier wissenschaftlichen Bereichen mit dem einen oder anderen Objekt in der Ausstellung des Museums – nicht dem beim Treffpunkt. Da deuten die beiden auf eine Galerie im obersten Stockwerk, knapp unter dem Dach. Da tanzt die dritte Person mit einer großen roten Scheibe auf. „Der Mars“ ist Ziel so mancher Mission – und hier nun für die Wanderung durchs Museum – vorbei an Ausstellungsstücken rund um Raumfahrt.
Erzählt wird unter anderem von Carmen Possnig, einer österreichischen Medizinerin, die aus mehr als 20.000 Bewerber:innen als Ersatz-Astronautin der ESA (European Space Agency / Europäische Raumfahrtagentur) ausgewählt wurde. Ihr Traum ist es seit Langem, zum Mars zu fliegen. Zwar war sie noch nicht im Weltall, aber monatelang mit einer Forschungsgruppe in der Antarktis – abgeschieden, unwirtliche Umgebung und dennoch intensiv wissenschaftliche arbeiten – das konnte dabei trainiert werden.
Auch wenn sich vieles in dem Stationentheater, wo die Kinder von einer zur nächsten Station Spuren suchen und finden – Kreise, Quadrate, Dreiecke und Rechtecke – um Flüge ins All dreht, kommen andere Wissenschaften und übrigens ausschließlich Forscherinnen vor. Von der Atom-Physikerin Lise Meitner über eben auch Ada Byron Lovelace, die vor mehr als 200 Jahren über Lochkarten eine riesige Rechenmaschine steuern wollte, die dann doch nicht gebaut wurde, die Architektinnen Margarete Schütte-Lihotzky, Zaha Hadid und Amaza Lee Meredith. Die zuletzt Gennante (1895 bis 1984) ist hierzulande weniger bekannt, als Frau und Schwarze durfte sie offiziell in den USA nicht als Architektin arbeiten und war deshalb vor allem als Kunstlehrerin an einer Uni tätig, entwarf und plante aber dennoch einige Häuser, nicht nur das für sich und ihre Ehefrau.
Mehrmals wird auch auf ein offenbar unkaputtbares Lebewesen, die Bärtierchen, hingewiesen. Vor knapp mehr als 250 Jahren erstmals von Menschen entdeckt, können die kleinwunzigen Wesen, wissenschaftlich Tardigrade bezeichnet (tardus = langsam, gradus = Schritt) sowohl in Salz- als auch in Süßwasser, aber auch ganz trocken, in Hitze und Eiseskälte (über-)leben und auch im Weltall waren sie schon zu Forschungszwecken von Raumfahrer:innen mitgenommen. Das „Museum der Zukunft“, das Ars Electronica Center in Linz, hat dazu vor fünf Jahren ein Bilderbuch herausgebracht und Videos dazu gedreht. (Buchbesprechung – damals noch im Kinder-KURIER, dem Vorläufer von Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… veröffentlicht – in einem der Links unten)
Mit dem Spruch „Wissenschaft ist eine Superkraft!“, der auch bald nach Beginn gesungen wird, endet die Tour durch Museum und Wissenschafterinnen.
Besprechung des Bilderbuchs über Bärtierchen <- damals noch im Kinder-KURIER
Tom (10) liebt das Weltall, er will Astronaut werden. Nicht irgendeiner, sondern der erste Mensch, der zum Mars fliegt. Tom ist darüber hinaus weiters besonders. Für ihn muss alles genau nach Regeln ablaufen. Gibt es eine Abweichung, kann es sein, dass er auszuckt. Er ist die Hauptfigur in dem Film „Grüße vom Mars“ (nach dem gleichnamigen Roman von Sebastian Grusnick und Thomas Möller; Dressler Verlag), mit dem das 36. Internationalen Kinderfilmfestival in Wien aber auch in der Steiermark eröffnet wird. (16. bzw. 23. November 2024 – siehe auch Überblicksartikel mit allen Filmen – unten verlinkt).
Eine ziemlich große Veränderung, die das Leben Toms, seiner Geschwister Nina und Elmar und der Großeltern durcheinanderbringt, steht an. Die Mutter hat ein cooles Job-Angebot. Als Fernseh-Journalistin darf sie vorübergehend als Korrespondentin aus China berichten. Aber wie wird das für Tom sein?
Die drei Kinder könnten in dieser Zeit bei den Großeltern, den Eltern des Vaters, der früh verstorben ist, am Land verbringen. Aber… – da kommt die Mutter auf die Idee, diese Zeit könnte eine Trainings-Expedition für Toms Mars-Mission sein. Und so schlüpft er in einen Raumanzug, führt Logbuch und … – klar ergeben sich Komplikationen und das nicht zu geringe und nicht wenige!
Mehrfach droht die Mission zu scheitern. Und mit jedem Hindernis, jedem Missgeschick wächst der zehnjährige an den Aufgaben. So „nebenbei“ wird er mit Hilfe des Teleskops seines Vaters, das er auf dem Dachboden findet, zum Entdecker eines durch die Nachrichten geisternden Asteroiden, der mit dem Mond zusammenstoßen könnte. Und kommt dank seines Wissens und seiner Berechnungen drauf, es ist kein solcher, sondern ein Komet…
Nach einem heftigen Zwischenfall im kleinen Dorf will die Mutter schon ihre „Mission“ in China abbrechen und vorzeitig zurückkommen, aber Tom (sehr überzeugend und professionell gespielt von Theo Kretschmer) sagt in einem Telefonat mit ihr: „Ich hab Angst, aber ich will das hier schaffen…!“
Der Film nimmt – wie alle zum Festival eingeladenen – eindeutig die Perspektive des Kindes ein. Und den Filmemacher:innen – Regie: Sarah Winkenstette; Drehbuch: die Autoren des Buches siehe oben; Bildgestaltung: Jakob Berger – gelingt es auch, durch Unschärfen und Verzerrungen von Bildern bzw. Ton in kritischen Szenen – die ganz unterschiedliche, beängstigenden Wahrnehmung von Tom spür- und nachvollziehbar zu machen.
Und noch ein spannendes filmisches Element enthält „Grüße vom Mars“ – in manchen Szenen materialisieren sich Toms Gedanken in Zeichentrick-Bildern.
Eröffnet wird das 36. Internationale KinderFilmfestival in Wien am 16. November um 15 Uhr im Wiener Gartenbaukino mit „Grüße vom Mars“; die steirische Ausgabe des Festivals (da ist es erst das 16.) beginnt am 23. November (bis 1. Dezember – siehe Info-Block am Ende) im Grazer KIZ Royal.
Der – schon mehrfach ausgezeichnete Film erzählt die Geschichte des 10-jährigen Tom, dessen größter Traum es ist, eines Tages auf dem Mars zu landen. Als seine Mutter wegen ihres neuen Jobs nach China muss, werden Tom und seine Geschwister über den Sommer zu ihren Großeltern von der Großstadt aufs Land gebracht. Eine große Umstellung für Tom, der Veränderungen überhaupt nicht mag. Es gibt für ihn nur einen Weg, diese Mission zu überstehen: Der Aufenthalt am Land wird kurzerhand zur Mars-Expedition.
Durch clevere Kameraeinstellungen und Soundeffekte ermöglicht der Film in die Welt des autistischen Jungen einzutauchen. „Grüße vom Mars“ ist eine humorvolle und bewegende Reise, die zeigt, wie wichtig es ist, Unterschiede zu akzeptieren und die Vielfalt unserer Gesellschaft zu feiern.
Bei der Festivaleröffnung wird auch der junge Hauptdarsteller Theo Kretschmer anwesend sein. „Der Film zieht das Publikum in eine andere Welt, lässt es lachen, weinen und öffnet Türen zu neuen Perspektiven. Es ist der perfekte Start für ein Festival, das sich der Vielfalt widmet“, so die Festivalleitung bestehend aus Franz Grafl, Elisabeth Lichtkoppler und seit heuer neu Anna Hofmann und Ines Wagner.
Tom in „Grüße vom Mars“ ist nicht der einzige Film des diesjährigen Festivals, bei dem Inklusion im Zentrum steht. Die Macher:innen der für das 36. Festival ausgesuchten internationalen Filme greifen das Thema auf unterschiedliche Weise auf und mit differenziert gezeichneten Charakteren, die dem Publikum durch ihre Stärken und ihre Einzigartigkeit nähergebracht werden: „Lars ist LOL“ erzählt von Lars, der mit Down-Syndrom geboren ist und sich in einer neuen Schule zurechtfinden muss. Unterstützung bekommt er von Amanda, einer Mitschülerin, die in ein Dilemma gerät: Wie geht man mit Mobbing im Netz um, wenn es den neuen Freund betrifft?
„Saudade – Die Sehnsucht in mir“ nimmt das Publikum mit auf die Reise des lebensfrohen Bruno, der nach einer plötzlichen Erblindung sein Leben neu ordnen muss. Ein berührender Coming-of-Age-Film, der ohne Pathos zeigt, wie Mut und Entschlossenheit ein neues Licht ins Dunkel bringen können.
Und „Jippie No More!“ ist ein herzerwärmendes Feelgood-Movie um Jaap Peter, genannt „Jippie“, und seine große Familie, die sich zur Hochzeit der ältesten Schwester zusammenfindet.
„Es ist uns wichtig, dass unsere Filme sowohl die Herausforderungen als auch die Schönheit der Vielfalt widerspiegeln. Kinder sollen die Möglichkeit haben, die Welt durch die Augen anderer zu sehen – und das tut Kino wie kein anderes Medium“, unterstreicht das Team der Festivalleitung.
Vielfalt spielte schon vom ersten Festival an eine wichtige Rolle – das Leben von Kindern in verschiedensten Ecken und Enden der Welt, stets aus der Sicht dieser Kinder sind eines der wichtigen Kriterien für die Auswahl der Filme. Und diese werden in den jeweiligen Originalsprachen in den Kinos gespielt – heuer aus Belgien, Brasilien, China, Deutschland, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Kanada, Kroatien, Luxemburg, Neuseeland, Niederlande, Norwegen, Österreich, Schweden, Slowakei und Tschechien. Der Ton wird etwas leiser gedreht und die Dialoge bzw. Zwischentexte live auf Deutsch eingesprochen.
Ein filmästhetischer Schwerpunkt des diesjährigen Programms liegt auf Animationsfilmen, die in ihrer künstlerischen Gestaltung außergewöhnlich vielfältig sind. Das Märchen „Tony, Shelly und das magische Licht“ wurde in Stop-Motion-Animation mit handgemachten Puppen gedreht. „Weihnachten der Tiere” vereint in fünf winterlichen Kurzfilme mehrere Animations-Stile, darunter etwa Aquarellmalerei und japanischen Pergamentdruck.
Für die jüngsten Zuschauer:innen ab 4 Jahren gibt es ein Kurzfilmprogramm, das von fantasievollen Geschichten und farbenfrohen Animationen lebt. Besonders hervorzuheben ist der österreichische Beitrag „Fleckenlos“ von Astrid Rothaug, eine warmherzige Erzählung über einen Leoparden, der lernt, sich selbst anzunehmen, wie er ist.
Sieben Kinder im Alter zwischen 11 und 13 Jahren bilden die Kinderjury. Diese entscheidet am Ende des Festivals über den besten Film und vergibt zusätzlich den UNICEF-Preis für jenen Film, in dem Kinderrechte eine zentrale Rolle spielen. Aber auch das Publikum kann nach den Filmen mit den Eintrittskarten in drei verschiedenen Säulen – lächlender, trauriger bzw. neutraler Smilie – für den Lieblingsfilm abstimmen. Die Gewinnerfilme werden am 1. Dezember ein weiteres Mal im Kino gezeigt.
Adjustiert wie eine Raumfahrerin, nur das Visier des Helms geöffnet und ein Fernrohr ans Auge gehalten – so steht Titelheldin Maya im Bilderbuch von „Helle Sterne, dunkle Nacht“ auf der ersten Doppelseite im Zentrum des Geschehens. Während unter ihrem Arm eine Rakete vorbeihuscht, schaukelt oben auf den Wolken ein Pirat:innen-Schiff.
Für Maya hat sich die Autorin Lisa-Viktoria Niederberger zwar alle möglichen Ängste ausgedacht, aber eine sicher nicht: die vor dunkler Nacht. Nein, das Mädchen liebt das Dunkel, denn da kann sie gut Sterne beobachten – das will sie auch zu ihrem späteren Job machen. Sternforscherin, oder Astronautin und der erste Mensch auf dem Mars – das wäre ihr Traum.
Aber erst einmal geht’s ums Beobachten von Sternen. Und da rückt die Autorin ein Problem ins Zentrum des Geschehens: Die „Lichtverschmutzung“. Zu viele künstliche Lichter erschweren das Sternderlschauen. Deswegen wandert Maya mit ihrer Nachbarin Rabea, einer Ärztin, eines Nachts an den Rand der Stadt, wo weniger beleuchtet wird. Dort können sie viel mehr Sterne beobachten.
Die „Lichtverschmutzung“ ist aber nur so nebenbei ein Hindernis für Mayas Hobby, viel mehr stört sie den Lebensbereich so mancher Tiere – ob das nun Fledermäuse oder Nachtfalter sind. Das bettet die Autorin in die Geschichte ein – und wo nötig, schiebt sie eigens gekennzeichnete Erklär-Texte ein. Unter anderem erfährst du, dass Sternschnuppen nichts anderes sind, als Stein- und Staubteilchen, die mit so großer Geschwindigkeit auf die Erde zurasen, dass sie beim Eintritt in die Erdatmosphäre zu glühen beginnen.
Den schon genannten Fledermäusen und ihrer Orientierung über den von Hindernissen zurückgeworfenen Schall, sozusagen das Echo, widmet sie gar eine Doppelseite. Letzteren, aber auch allen anderen Wesen – ob einem alten Baum oder Nachtfaltern zaubert Illustratorin Anna Horak Lächeln oder andere Gefühlsausdrücke in die Gesichter.
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