Wie derzeit – noch bis 11. Juni 2025 – in einer Bühnenversion im Krimi-Klassiker „Warte, bis es dunkel ist!“ im Wiener Theater Center Forum so war auch bei „Jetzt!“ im Vestibül des Burgtheaters Audiodeskription für alle Besucher:innen zu hören. Was sich auf der Bühne wie abspielt wird erklärt. So können einerseits blinde bzw. sehschwache Menschen dem Geschehen folgen, andererseits alle anderen dies miterleben. Für Zuschauer:innen, die nicht oder nur schwer hören, wurden die gesprochenen Texte als Schrift an die Wand projiziert.
Simon Couvreur, Billy Edel, Giuliana Enne, Jenny Gschneidner, Felix Elias Hiebl, Yuria Knoll, Christine Krusch, Magdalena Helga Franziska Tichy, Leonie Frühe sowie Lukas Hagenauer, Josefine Merle Häcker, Niels Karlson Hering, Mathea Mierl, Justus Werner Pegler, Elisa Perlick und Leonie Rabl sprachen und spielten Monologe, Dialoge sowie Szenen mit mehreren Personen aus klassischer bis moderner Theaterliteratur – von altgriechischen Dramen nicht zuletzt mit dem blinden Seher Teiresias über Georg Büchner bis zu Thomas Bernhard und Caren Jeß. Letztere wahrscheinlich die Unbekannteste und den Genannten, ist ein 40-jährige deutsche Schriftstellerin, von der Yuria Knoll kurze Passagen aus „Die Katze Eleonore“ über eine Frau, die zur Katze wird und mit ihrem davon faszinierten Therapeuten spricht.
Simon Couvreur, nicht zuletzt von Tanztheater-Auftritten mit „Ich bin O.K“ bekannt ließ bald nach Beginn seine Hände tanzen – was eine Kollegin in Audiodeskriptions-manier poetisch schilderte. Auch jeder Lichtwechsel wurde – im Wechselspiel mit Enrico Zych an den entsprechenden Reglern und Tasten – vorab angesagt.
„Jetzt!“ war die – wie es viele im Publikum bedauerten leider nur zwei Mal – aufgeführte Abschluss-Performance des gleichnamigen ersten inklusiven, großen Projekts in diesem großen wichtigen Theater. Das die ganze Saison gelaufene Projekt vereinte in Zusammenarbeit mit der MUK (Musik und Kunst Privatuniversität der Stadt Wien) Studierende der Bereiche Schauspiel und Tanz sowie theaterinteressierte und teils auch schon -erfahrene Menschen mit körperlichen oder kognitiven Beeinträchtigungen (Rollstuhl, blind, Trisomie 21 / Downsydrom).
Unter der künstlerischen Leitung von Constance Cauers hatten Monika Weiner die Teilnehmer:innen des Projekts in Bewegungstraining sowie Steffi Krautz-Held und Dorothee Hartinger im Rollenunterricht gecoacht. Wobei im Publikumsgespräch manche der Beteiligten davon erzählten, dass die Lehrenden mitunter unterschiedliche, ja gegensätzliche Lehren vermittelten. Woraus die Spieler:innen jedoch dann oft ihre eigenen Versionen entwickeln konnten 😉
„Jetzt!“ ist ein Programm für Menschen mit körperlichen oder kognitiven Beeinträchtigungen, die vorhaben, professionell am Theater sowie im Bereich Film und Fernsehen als darstellende:r Künstler:in zu arbeiten. Das Programm wird jeweils für die Dauer einer Spielzeit angeboten und ist eine Initiative des Burgtheaters und der Fakultät Darstellende Kunst der Musik und Kunst Privatuniversität der Stadt Wien.
Die Zuschauer:innen sitzen zum Teil schon auf ihren Plätzen im Theater Akzent, andere kommen noch in den großen Saal. Da ertönt eine Lautsprecherdurchsage, die aufs Erste verwirrt: „Wir bitten Sie nun, sich zum Ausgang zu begeben…“
Bitte wie?
„… das Museum schließt in fünf Minuten“.
Aha… Genau, die folgende eineinhalbstündige, abwechslungsreiche, spannende, berührende Tanz-Performance heißt ja „Aus dem Rahmen tanzen“. Ausgehend von Bildern und Objekten in einigen Wiener Museen ließen sich die Tänzer:innen der inklusiven Studios von „Ich bin O.K.“ gemeinsam mit Schüler:innen des Theresianums, Studierenden der MUK (Musik- und Kunstuni der Stadt Wien) sowie der Vitalakademie und den Choreograf:innen inspirieren – von einer solchen Probe in einem Museum hat Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… schon berichtet – Link am Ende des Beitrages. Die Mitwirkenden sowie die nächsten Vorstellungen sind ncoh weiter darunter in der Info-Box ganz am Ende des Beitrages.
Nun also auf der großen Bühne unterschiedlichste Tänze – klassische, zeitgenössische, Hip*Hop, Breakdance bis zu abschließenden Walzern nach berühmten Melodien von Johann Strauss, dem viele Veranstaltungen im Jahr 2025 – 200 Wiederlehr seines Geburtstages – gewidmet sind.
Zu Beginn ziert eine riesige Vergrößerung des Gemäldes „Die bösen Mütter“ von Giovanni Segantini aus dem Museum Belvedere die gesamte Bühnenbreite im Hintergrund. Auf einem recht vertrockneten Baum in einem offenbar zugefrorenen See „wächst“ eine Frau wie ein Ast aus dem Stamm hervor. Als alle sitzen, beginnt die sich scheinbar zu bewegen. Nun nicht die Frauenfigur im Bild selbst, aber in ähnlicher Position eine Tänzerin ein einem Video aus diesem Bild heraus auf der Projektionswand. Die hebt sich kurz, und eine nun leibhaftige Tänzerin in einem Kostüm im Baum-Design erobert tänzerisch die gesamte Bühne.
Sie bleibt nicht allein, ihr gesellen sich weitere Tänzer:innen hinzu und aus den „bösen Müttern“ wird ein ganz anderes Bild im Hintergrund: „Blühender Mohn“ von Olga Wisinger-Florian. Diese „Frühlingserwachen“-Szene geht über in Wetter (in en April-Aufführungen wird Vulkan-Feuer folgen), später in gewaltigen Seegang eines Ozeans – viele der Fotos von Gemälden durften animiert werden – was Bild im Hintergrund mit den Bewegungen der Tänzer:innen im Vordergrund fallweise wie zu einem einzigen Gesamtkunstwerk zusammenfügt.
Neben figuralen Landschaftsdarstellungen hatten sich Tänzer:innen und Choreograf:innen aber auch in manchen Museen abstrakte Bilder oder Installationen ausgesucht, von denen sie sich zu ihren Bühnen-Bewegungen inspirieren lassen wollten. Für eine Szene („Making-of“ Auf hoher See) stand sogar ein Stummfilm Pate.
Neben Live-Musik (Martin Burk – Kontrabass, Fabian Pollack – Gitarre, Valentin Duit – Schlagzeug), erklangen bei vielen Szenen auch bekannte hitverdächtige Nummern aus der Sound-Anlage, unter anderem „Sweet Dreams“ von Eurythmics zum Foto „Tiny für Hollywood gekleidet“ (Galerie Westlicht).
Manche Szenen wurden von ganz wenigen, die meisten aber von etlichen bis vielen Tänzer:innen ohne und mit Behinderungen gemeinsam getanzt – voller Energie, Leidenschaft, Lust und meist im synchronen Gleichklang oder so die Choreografie es erforderte als gegenseitige ergänzende Bewegungen. Die eine oder der andere kokettierte dabei noch zusätzlich mit dem Publikum.
Ein gänzlich neues „Museums“-Erlebnis, wobei die jeweiligen Tänzer:innen teilweise schon – inspiriert von den ausgewählten Kunstobjekten – in den jeweiligen Museen performt haben oder noch werden.
Hinter bzw. zwischen sieben senkrechten Bannern kriechen, hopsen, springen sieben Schauspieler:innen irgendwie hervor – und folgen einem zuvor mitten auf die Bühne geschmissenem weißen Styroporkopf, streiten sich um diesen. Immer ist der Kopf irgendwie präsent. Ist er aus einer der 96 vor 500 Jahren aufgeschriebenen „Historien, die besagen, wie Eulenspiegel…“ dies, das und jenes ausgeheckt hat? Vielleicht aus der 31. Episode, in welcher der „Narr“, „Schalk“ – mitunter auch Gauner genannte – berühmte Till (Dil, Dyl) mit einem Totenkopf durch die Lande zog, um den „Gläubigen“ Geld aus der Tasche zog, dafür, dass sie die „Reliquie“ berühren durften.
Viele seiner Narrenstücke ranken sich darum, wie er mit Schmäh und Tricks zu Geld gekommen sein soll. Und einige davon – und andere – spielen, tanzen und turnen sieben Studierende des zweiten Schauspieljahrgangs der MuK (Musik und Kunst Privatuniversität der Stadt Wien) derzeit im Dschungel Wien „Eulenspiegel Till Freedom“ (Regie: Frank Panhans, Choreografie: Sunčica Bandić, Akrobatik: André Reitter, Kostüme: Anna Schall). Befreit und verspielt spielen sie lust- und kraftvoll auf, bringen das Publikum oftmals zum Lachen – und hin und wieder zum Innehalten. Oder auch zum Staunen darüber, dass aus ganz anderen Geschichten bekannte „Streiche“ viel älter sind, schon von Till Eulenspiegel angewandt wurden und nicht erst von „Max & Moritz“ (Wilhelm Busch) etwa die Brotstückern an Fäden, mit denen die Hühner sekkiert werden (8. Historie Tills).
Oder wenn er anbietet, eine weiße Wand so kunstvoll zu bemalen wie es davor noch nie wer gekonnt hat. Das Gemälde würde allerdings nur von wirklichen Kunstkenner:innen gesehen – im Original ist die Rede, pardon Schreibe davon, dass nur ehelich Geborene es sehen 😉 Erinnert doch stark an Hans Christian Andersen „Des Kaisers neue Kleider“.
Von diesen Geschichten inspiriert dachten sich Elias Eisold, Amrito Geiser, Samira Kossebau, Fabia Matuschek, Minou Mehdizadeh-Baghbani, Paula Carbonell Spörk, Laetitia Toursarkissian und dazu noch als Achter im Bunde Fabian Cabak, der allerdings kurz vor den Aufführungen erkrankt ausfiel, und die anderen seine Parts mitübernahmen, neue „Streiche“ aus, von denen so manche um Werbung kreisten – von Produkten, die gegen jedwedes leiden helfen und alles Glück der Welt versprechen. So manche könnte sozusagen von einem heutigen Till – nicht dem, der derzeit dauerpräsent ist – stammen.
Eine der ersten Episoden, die die Studierenden spielen ist jene, in denen Eulenspiegel sich an die Menge wendet und sie auffordert, ihre Schuhe wegzuwerfen. Kaum macht er das mit Nachdruck, schon folgen die Bürger:innen – und geraten beim nachfolgenden Versuch, sich ihre Fußbekleidungen wieder zu holen in furchtbaren Streit. Worauf er ihnen verklickert, er hoffe, das sei ihnen vielleicht eine Lehre, nicht immer zu tun, was aufgetragen wird. Und so hält Till Eulenspiegel auch dem „gemeinen Volk“ den Spiegel vor, sagt nicht nur – wie Hofnarren – Herrschenden zu deren Amüsement die Wahrheit. Und wurde vielleicht deswegen immer auch als Verbrecher diffamiert?
Sein Freigeistsein nehmen die angehenden Schauspiel-Student:innen auch zum Anlass, um Gedanken und Diskussionen über Arbeit und Freizeit anzustoßen. Das Thema aus dem verspielten Stücktitel findet gegen Ende der Stunde in der Rezitation von Georg Danzers Songtext „Die Freiheit“ mit dem Ausflug in den Zoo mit seinem leeren Gehege einen Höhepunkt, der auch gut ein Abschluss sein hätte können:
„Ich sehe nichts, der Käfig ist doch leer
Das ist ja gerade, sagte er, der Gag
Man sperrt sie ein und augenblicklich ist sie weg
Die Freiheit ist ein wundersames Tier
Und manche Menschen haben Angst vor ihr
Doch hinter Gitterstäben geht sie ein
Denn nur in Freiheit kann die Freiheit Freiheit sein“
„Narren“ – pendeln zwischen Dummheit, Betrug und Freigeist. Viele Geschichten ranken sich um einen der berühmtesten – zumindest im mitteleuropäischen Raum: Till Eulenspiegel. Vieles deutet darauf hin, dass es eine Figur in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts gegeben hat, auf die einige der erzählten Geschichten zurückgehen. Wie auch immer, aus dem ersten Fünftel des 16. Jahrhunderts stammt von Hermann Bote die Sammlung der 96 Streiche – 150 unter dem Titel „Ein kurtzweilig Lesen von Dil Ulenspiegel geboren uß dem Land zu Brunßwick, wie er sein leben vollbracht hat“ (laut Wikipedia). Und sollte zum Bestseller werden. Allein in dem besagten Jahrhundert gab es 35 weitere Ausgaben.
Eine kleine Varieté-Bühne auf der großen Bühne im Dschungel Wien. Der Großteil dieser großen Bühne hergerichtet auf altes Kaffeehaus mit Schachbrett-Bodenmuster, Piano in der Ecke, zu dessen Pianist:innen sich noch Musiker:innen an Kontrabass, Geige und Klarinette gesellen. „Cabaret der alten Neuigkeiten“ war ein Stück, das nun mehrmals im Theaterhaus für junges Publikum im Wiener MuseumsQuartier aufgeführt worden ist, eine Produktion der MUK (Musik- und Kunstuniversität, vormals Konservatroum der Stadt Wien). Gemeinsam von Studierenden – und Schüler:innen der 6d der AHS de la Salle Strebersdorf.
Einerseits gibt’s den Satz, dass nichts so alt ist wie die Zeitung von gestern – und der stammt schon aus vor-Internet-Zeiten, seither erst recht. Und andererseits scheinen sich viele Dinge zu wiederholen – nicht nur was die Mode betrifft. Andererseits… – siehe gegen Ende des Beitrages 😉
Nach einer launigen Revue mit klassisch-klischeehaften Outfits aus den 20ern des vorigen Jahrhunderts und Liedern von vor rund 100 Jahren kommt’s gegen Ende zu so etwas wie einem Showdown: Zehn Freiwillige aus dem Publikum treten in einer Quizshow gegeneinander an. Schlagzeilen werden vorgelesen und eingeblendet – neutral, also nicht in alter oder neuer Schrift – und es gilt draufzukommen oder zu erraten, aus 19- oder 2020ern.
Liest sich einfacher als es ist. Galoppierende Inflation, Windenergie, weil Öl knapp wird usw. könnten aktuell sein, stammten aber aus dem ersten Viertel des vorigen Jahrhunderts – beispielsweise.
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