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Szenenfoto aus "Wutschweiger" im Vestibül des Wiener Burgtheaters

Schweiger und Schwätzerin sagen aus Protest nichts mehr

Das Bühnenbild erinnert mit seinen kleinen Fenster- und Türlöchern ein bisschen an ein überdimensionales Puppenhaus. Und das passt sehr gut zum Eingangsmonolog von Ebeneser. „Kleiner, kleiner, kleiner … Ich hasse das Wort ’kleiner’“, beginnt er.

Nicht etwa, weil ihn alle „Kleiner“ nennen würden. Nein, alles muss immer kleiner werden. Die Wohnung, in die sie umziehen müssen. Aber sagen dürfe er das außerdem nicht. Durch den Schlitz an der Wand fallen Briefkuverts. Die meisten bleiben ungeöffnet. Vater – und mittlerweile auch der Sohn – weiß: Unbezahlte Rechnungen und darauf folgende Mahnungen.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Wutschweiger“ im Vestibül des Wiener Burgtheaters

Im – oder besser vor dem – neuen Wohnblock trifft Ebenser auf Sammy. Die Top-Torfrau der Schule kennt Armut ebenfalls. Sie beide sind auch die einzigen der Klasse, die nicht mit auf die Skiwoche – in der Version im Burgtheater-Vestibül nach Südtirol – mitfahren können (Gag: Der Bus kurvt als kleines ferngesteuertes Fahrzeug auf der Bühne herum.) Die 593 € sind einfach in den Budgets beider Familien nicht drin.

Ausgegrenzt

Trotz starker Gegensätze – Sammy ist eine Vielrednerin, Ebeneser eher das Gegenteil – vereint sie das Schicksal, in ärmere Familien geboren worden zu sein. Und wegen ihrer Armut von den anderen in der Klasse und Schule ausgegrenzt zu werden. Da hilft Sammy selbst ihre fußballerische Spitzenleistung nicht viel.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Wutschweiger“ im Vestibül des Wiener Burgtheaters

Humor im Ernst

Um nicht nach der Skiwoche den nervenden Erzählungen und Fragen der anderen ausgesetzt zu sein, beschließen die beiden aus Protest das Reden einzustellen. „Wutschweiger“ heißt das Stück von Jan Sobrie und Raben Ruëll (Übersetzung aus dem Flämischen: Barbara Buri), das vom Burgtheater-Studio im Vestibül noch (mindestens) bis Mitte Jänner zu sehen ist.

Nils Hausotte und Lenya Marie Gramß, beides Schauspiel-Studierende am Max-Reinhardt-Seminar, verkörpern die beiden Protagonist:innen. Von der Gesellschaft an den Rand gedrängt, sind sie im Stück ja praktisch die einzigen, jedenfalls die Hauptpersonen. Die Annäherung in ihren unterschiedlich gezeichneten Persönlichkeiten, die gegenseitige Offenheit, ihre Solidarisierung und ihr – trotz Schwierigkeiten – durchgezogener Protest ist trotz des ernsten Themas immer wieder mit Humor und Witz aufgelockert. Und von den beiden mit viel Spielfreude umgesetzt.

Siebener-Reihe?

Einzig die altersmäßige Verortung bereitet – aber auch schon im Stück selbst – ein wenig Unstimmigkeiten. Die beiden Figuren – und die Schauspielerinnen – wirken wie junge Jugendliche, sind aber in der vierten Volksschulklasse angesiedelt – wo es übrigens kaum Skikurse gibt. Und auf der anderen Seite die Siebener-Reihe wie sie am ersten Tag nach dem Skikurs vorkommt in der Regel gut zwei Schuljahre zurückliegt.

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