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Szenenfoto aus "Rico, Oskar und der Diebstahlstein" in den Linzer Kammerspielen

Tief- und Hochbegabte lösen den nächsten Fall

Eine flotte, dichte Theaterversion von Krimi Nummer 3 des kongenialen jungen detektivischen Freundespaares Rico und Oskar feierte am Dreikönigstag in den Linzer Kammerspielen vielbejubelte Premiere. Übrigens spielt das erste Abenteuer („und die Tieferschatten“), in dem sich der Tiefbegabte Frederico Doretti und der hochbegabte Oskar kennenlernen, noch bis fast Ende Jänner im Wiener Theater der Jugend.

Im Band 3 der mittlerweile fünf Abenteuer umfassenden Serie von Andreas Steinhöfel machen sich die beiden auf die Suche nach einem gestohlenen Erbe Ricos. Der eigentlich griesgrämige, eher grausliche Nachbar Gustav W. Fitzke ist gestorben, wird von den beiden jungen Buben tot am Gang gefunden. Und obwohl der zu Lebzeiten Rico immer wieder „Schwachkopf“ genannt hat, vermacht er ihm testamentarisch seine Steinsammlung. Zu der zählt auch der „gezüchtete“ Kalbstein. Und genau den stiehlt eine ehemalige Bewohnerin des Hauses. Weil sie denkt, der sei wertvoll und für ihren neuen Freund will sie ihn verkaufen.

Mehr als das Abenteuer

Also geht’s on „Rico, Oskar und der Diebstahlstein“ um die Rückgewinnung des geraubten Steins. Und wie bei Steinhöfel natürlich um weit mehr. Die Freundschaft der beiden, die in dem Fall auf eine harte Probe gestellt wird. Denn im Zuge der abenteuerlichen Jagd nach der Verbrecherin, die die beiden Buben auf eigene Faust sogar als Schwarzfahrer in der Bahn von Berlin bis an die Ostsee bringt, stellt sich heraus, Oskar geht’s in dem Fall gar nicht um Ricos Stein. Er will nur seinem Vater, dem er nur einen Zettel schreibt, dass er eine Auszeit braucht, Angst einjagen.

Tanja Regeles Inszenierung in Linz hat den – mit rund 330 Seiten dicksten Roman aus dieser Serie – krass aber ziemlich gut gekürzt. Vielleicht hätte das wahre Ende – dass die alle Steine auf Fitzkes Grab legen – auch noch Platz in den eineinhalb Stunden gefunden.

Wie es Andreas Steinhöfels Romanen entspricht, enthält die Abenteuergeschichte auch in der Linzer Inszenierung – ebenso wie in der Wiener (Link zur Besprechung unten am Ende des Beitrages) – viel (Selbst-)Ironie, Witz und Situationskomik. Sowie eine Art Aussteigen vor allem Ricos aus den Szenen und eine Art reflektierende Betrachtung von außen – auch mit einem kindlich-philosophisch-naiven Blick. Gerade er als Tiefbegabter, der Schwierigkeiten mit Orientierung habe, müsse sich fragen, wieso heißt das Meer im Norden Deutschlands Ostsee…

Kostüm- und Materialschlacht

Angelika Daphne Katzinger durfte sich mit der Drehbühne mit Wohnungen in Berlin und Prerow auf verschiedenen Ebenen und in einer kurzen Szene auch den Schnürboden mit einer herabkommenden Glühbirne austoben. Gleiches gilt für ihre Kostümschlacht vor allem für die Rollenwechsler Friedrich Eidenberger (fünf Nebenfiguren) und Nikolaj Maximilian Klinger (vier Nebenfiguren).

Übrigens mit einer der Nebenfiguren, dem gehörlosen Sven, wird ein bisschen Gebärdensprache ins Spiel gebracht – und seine Fähigkeit, gut Lippen lesen zu können – für die Lösung des Falls genutzt. Auch wenn der Darsteller in dieser Szene gleich verschwinden muss, um in eine andere Rolle zu schlüpfen – und dennoch alles aufschreiben konnte?

Mit Hilfe eines genialen Kostümtricks wird sogar die Nacktbade-Szene gelöst. Was im Buch leicht ist, hätte auf der Bühne urpeinlich und deswegen der Einfachheit halber ja auch ersatzlos gestrichen werden können. Wäre nicht weiter aufgefallen oder abgegangen. Aber die handelnden Personen ziehen sich aus – und haben darunter Gewand mit Pixel-Muster in verschiedenen Hauttönen!

Diebin und Hausmeister

Wieso allerdings mit einer Polaroid-Kamera fotografiert wird und nicht digital wie im Buch? Nur weil am Ende Schnappschüsse mit Polaroid-Rahmen projiziert werden?

Selbst Sofie Pint darf drei unterschiedliche Typen spielen: Von der Diebin Julia Bonhöfer über die Mitbewohnerin in der „Dieffe 93“, Frau Dahling, bis hin zum Hausmeister Mommsen, dem sie tiefen Prolo-Charme verleiht und damit gleich zu Beginn des Stücks viele Lacher sammelt.

Isabella Campestrini als hochbegabter, aber recht ängstlicher Oskar, der immer eine Schutz-Kopfbedeckung braucht, – in Band 1 einen Helm, hier im Band 3 eine Wollmütze mit Bommel – findet die Mischung aus Wissen, hier mit wenig Klugscheißen, und Angst vor Gefühlen ganz gut. Rico wurde bei der Premiere von Karina Pele gespielt, die sich in dieser Hauptrolle mit Alexander Köfner abwechselt. Vielleicht ist die Figur ein bisschen zu alt für den eigentlich Elfjährigen angelegt und ein wenig mehr Unsicherheiten würden dem Frederico Doretti gerechter werden. Vielleicht beim ersten Mal irritierend, dann doch spannend klingt das Scheppern aus dem Off, wenn Rico meint, sein Hirn drehe sich wie eine Bingo-Trommel.

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