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Yoko Yagihara in "Hörst du das Wasser glitzern", das sie auch selber konzipiert hat

Wie schauen Klänge und Geräusche aus?

Schon der Titel eröffnet (Bilder- und Hör-)Welten im Kopf: „Hörst Du das Wasser glitzern?“ ist das jüngste Stück – für die Jüngsten – im Salzburger Toihaus Theater. Konzipiert als Gegenstück zu „Leak“, der Performance rund um und mit Wasser für erwachsenes Publikum, richtet es sich an Kinder ab 2 Jahren; eröffnet aber genauso für Erwachsene, die sich darauf einlassen einen wunderbaren – sichtbaren – Klangkosmos.

So, jetzt aber auf die Bühne – bzw. davor und die Beschreibung dessen, was und wie Yoko Yagihara, die im Toihaus Theater schon so manches Stück entwickelt sowie in anderen als Musikerin mitgewirkt hat. Mit einem kleinen mit Wasser gefülltem Glaskrug in der Hand und einem Kanister auf dem Rücken begrüßt sie das Publikum im Foyer, geleitete es in den Raum ihrer sichtbaren Geräusch- und Klangspiele (Bühne und Ausstattung: Gerold Tusch). Im Hintergrund drei überdimensionale – unterschiedlich hoch mit Wasser gefüllte – Vasen neben ihrem metallenen Vibraphon.

Davor unter anderem ein Tisch mit mehreren kleinen, drehbaren Ebenen auf denen Trichter in verschiedenen Farben verteilt sind. In einen davon füllt sie einige Eiskügelchen, sie aus ihrem Rucksack-Kanister holt.

Yoko Yagihara in
Yoko Yagihara in „Hörst du das Wasser glitzern“, das sie auch selber konzipiert hat

Erst Tropfen, dann immer mehr…

Und dann überlässt Yoko Yagihara den einen oder anderen Wassertropfen der Schwerkraft. Leise fast unhörbar platschen die ersten auf den Boden. Andere Materialien dazwischen geschoben, klingt das Aufkommen schon deutlicher – und ganz schönvielfältig. Ebenso wenn sie die unterschiedlichsten gläsernen Karaffen – beispielsweise bauchig rund oder mit langem, dünnen Hals – in andere Wassergefäße füllt.

In einer Ecke hat die Musikerin sogar ein Experiment aufgebaut: Wenn sie den Hahn des Wasserbehälters öffnet, erzeugen die fallenden Tropfen nicht nur Geräusche, sie bringen eine durchbohrte, unten aufgeschnittene Kunststoffflasche zum Kippen. Pendelt die wieder zurück, schlägt sie mit der Verschlusskappe auf ein Metallteil!

Von dieser Versuchsanordnung ausgehend könnte der Titel entstanden sein. Das Wasserspiel hier wirft helle, sich stets verändernde Schatten an die Wand (Licht und Technik: Florian Kirchmayr, Robert Schmidjell).

Hören sehen und sehen hören

Irgendwie könnten die verschiedensten – wohlüberlegten, ausgetüftelten – Wasserspiele fast ohne Ende verfolgt werden und alles sei hier sicher nicht preisgegeben, Überraschungsmomente sollen noch bleiben; auch wenn das Schau- und Hörspiel selbst bei genauer Vorab-Kenntnis beeindruckend ist – mit einer fast meditativen Komponente.

Verraten sei aber schon, dass Yoko Yagihara natürlich zwischendurch auch auf dem – schon genannten – Vibraphon spielt – mit Erweiterung des Klangspektrums auf den unmittelbar daneben platzierten hohen Glasröhren. Und dass die hier veröffentlichten Fotos aus der rund halbstündigen Performance mit Wasserballons zu tun haben…

„Ich als Musikerin nehme die Dinge immer zuerst durch das Hören wahr. Bei anderen und auch Kindern ist die visuelle Wahrnehmung oft stärker. Deswegen wollte ich mit dem neuen Klangspiel eine Verbindung schaffen. Es geht darum, das Hören zu sehen und das Sehen zu hören!“ So wird die Künstlerin in der Medieninformation zum Stück zitiert.
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Compliance-Hinweis: Das Toihaus Theater übernahm die Fahrtkosten von Wien nach Salzburg und zurück.

Yoko Yagihara in
Yoko Yagihara in „Hörst du das Wasser glitzern“, das sie auch selber konzipiert hat
Szenenfoto aus "Leak" im Toihaus Theater (Salzburg)

Klang- und Geräusch-Bilder am und rund ums Wasser

Die ersten vier Minuten fast ganz dunkel – Helligkeit kommt höchstens von Kleidungsstücken anderer Zuschauer:innen. Da konzentrierst du dich ziemlich schnell aufs Hören. Und vernimmst Tröpfeln, das sich nach und nach zu Regengeräusch auswächst. Oder ist es nur eine Soundinstallation?

Nein, es ist echtes Wasser das in „Leak“ von der Decke in eine breite Rinne tröpfelt bzw. strömt – das siehst du, wenn nach und nach, anfangs sehr zögerlich ein wenig Licht auf den Wasserstreifen fällt und später auch den ganzen Raum im Salzburger Toihaus Theater erhellt. Und damit das Tropfen und Plätschern um ein optisches Schauspiel mit vielen Zufallsbewegungen ergänzt, natürlich erweitert. Vor allem die unzähligen Springbrünnchen die sich ergeben, wenn die von oben fallenden Tropfen auf die Wasseroberfläche treffen und selber wieder hochspringen bzw. Artgenossen zum Hüpfen mitziehen.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Leak“ im Toihaus Theater (Salzburg)

Ausgangsmaterial Flüssigkeit

Nach Ton und Textilien sind nun Flüssigkeiten als Ausgangsmaterial für Performances in diesem Theater dran. Cornelia Böhnisch, künstlerische Co-Leiterin vom Toihaus, hat diesen – wie sie es bezeichnet „Spaziergang mit den Ohren“ experimentell mit der Performerin Elena Francalanci entwickelt. Ungefähr nach der Hälfte der halbstündigen minimalistische performativen Installation betritt diese die Bühne, kniet sich neben die Wasserrinne und beginnt mit dem Wasserlauf zu spielen – erst zaghaft, mit Fortdauer steigert sie ihre Armbewegungen, mit denen sie versucht Wasser auf die Seite zu schieben, wodurch sie natürlich Wellen erzeugt.

Das entspannende, kontemplative Spiel wird begleitet, sozusagen untermalt von ebensolcher Musik. Jan Leitner, der bei allen Proben dabei war, nahm das experimentelle Spiel auf und komponierte den Soundteppich aus Geräuschen, Klängen und Tönen, der als ein weiterer Puzzlestein das Hörbild abrundet.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Leak“ im Toihaus Theater (Salzburg)

Wasser-Klangspiel für Kinder kommt

„Du kannst Wasser nicht glatt streichen!“ nannte Böhnisch den Ausgangspunkt für „Leak“, das ebenso wie die Vorgänger-Produktionen vor allem viele Bilder und Assoziationen im Kopf der Zuschauer:innen erzeugt, im Nachgespräch mit vor allem Jugendlichen jener Vorstellung, die auch Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… besucht hat.

Wie bei den anderen von Materialien ausgehenden experimentellen Performances folgt auch dieses Mal ein eigenes Stück für sehr junges Publikum. „Hörst du das Wasser glitzern?“ ist ein „Klangspiel“ von Yoko Yagihara, das Mitte Oktober Premiere hat – KiJuKu wird berichten.

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Compliance-Hinweis: Das Toihaus Theater übernahm die Fahrtkosten von Wien nach Salzburg und zurück.

KiJuKU-heinz im Gespräch mit Katharina Schrott und das Plakat zum aktuellen BimBam-Festival

Tanz der Dinge für das jüngste Publikum

Anlässlich des Besuchs von Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… beim BimBam-Theaterfestival für Klein(st)Kinder gab es auch ein Interview mit der künstlerischen Leiterin, Katharina Schrott.
KiJuKU: Ihr stellt das aktuelle Festival unter das Motto: „Tanz der Dinge“. Ich kenn ja nur zwei Stücke, die ich auf eure Einladung hin gesehen habe, sag bitte mehr zu eurem Motto.
Katharina Schrott (künstlerische Leiterin): Wir haben dieses Mal sehr viele choreografische Stücke in denen viel mit Bewegungssprache gearbeitet wird.

KiJuKU: Wie wählst du die Stücke aus?
Katharina Schrott: An erster Stelle steht natürlich, dass sie sehr gut geeignet sein müssen für die allerjüngsten Kinder. Und da wird eben international sehr viel mit Tanz und mit Materialien gearbeitet.
Heuer hat sich später dann auch herausgestellt, dass mehrere Gruppen gegen Ende ihrer Stücke auch die Kinder auf die Bühne lassen, sie mit ihren Materialien zum miteinander spielen einladen.

KiJuKU: Magst du etwas über weitere Produktionen erzählen?
Katharina Schrott: Besonders beeindruckend ist „La serpillère de Monsieur Mutt“ (Der Wisch-Mopp des Herrn Mutt) von und mit Marc Lacourt. Dieser Alltagsgegenstand, der eben zum Putzen verwendet wird, fährt magisch auf der Bühne herum, wird zum mechanischen Kunstwerk. Andere Gegenstände, wie eine Jacke, die zu Boden fällt und weiteres suchen und finden ihren Platz auf der Bühne als Kunst-Objekte, die letztlich gemeinsam zu einer Ausstellung werden (siehe Info-Block).
Oder Isabelle Schad, die für „Ernte“ ein Stück mit Weidenstöcken erdacht hat, wo erst das Material erkundet wird und dieses dann zu Figuren wird.

KiJuKU: Obwohl BimBam für sehr junge Kinder gedacht ist, habt ihr auch ein Stück für ab 6-Jährige, „Other World“ (Eine andere Welt)…
Katharina Schrott: Das ist eine Ausnahme, passt aber zur Arbeit mit den Materialien. Alfredo Zinola baut in „Other World“ (Eine andere Welt) sozusagen ein Klassenzimmer um. Allein durch Umstellen der Möbel und Bespielen derselben verwandeln die Tänzer:innen das Zimmer – immer in einer echten Schule.
Wann und wo die drei genannten Stücke zus ehen sind – siehe Info-Block am Ende des Beitrages.

Aus
Aus „Other World“ von Alfredo Zinola

KiJuKU: Das Festival breitet sich räumlich immer mehr aus…
Katharina Schrott: Wir haben neue Veranstaltungs-Partner:innen in der Stadt, aber auch regional versuchen wir immer, mehr Kinder zu erreichen, die selber nicht so leicht in ein Theater kommen. Und aus München kam die Anfrage vom dortigen Kuckuck-Festival an uns.

KiJuKU: BimBam ist ein internationales Festival, dazu spielt ihr Eigenproduktionen aus dem Toihaus Theater, aber sonst kommt niemand aus Österreich?
Katharina Schrott: Wir waren in Gesprächen, das hat sich leider diesmal dann doch nicht ergeben, aber es gibt in Österreich auch nicht so viele Stücke, die sich schon an sehr junge Kinder richten.

KiJuKU: Wir sitzen vor zwei Wänden mit Illustrationen wie sie aus Kinderbüchern stammen könnten, haben die etwas mit den gezeigten Produktionen zu tun?
Katharina Schrott: Diese 31 Illustrationen sind Teil des EU-Projektes „Mapping – A Map on the Aesthetics of Performing Arts for Early Years“, das wissenschaftlich die darstellende Kunst für jüngste Kinder erforscht. Es geht darum, wie sich Stücke, Performances auf die Wahrnehmung von Kindern auswirken und umgekehrt, wie deren Wahrnehmung sich in künstlerischer Produktion niederschlägt. Und Teil des Projekts war das Ersuchen an Kinderbuch-Illustrator:innen dazu Bilder zu gestalten.

KiJuKU: Das vergangene Festival ist ja leider dem ersten Lockdown zum Opfer gefallen?
Katharina Schrott: Aber wir zählen es dennoch mit, weil es ja fix fertig programmiert war, und einige Stücke konnten wir dann ja Monate später doch spielen. Und außerdem steht dann beim nächsten Festival das runde Jubiläum an 😉

KiJuKU: Was hat sich in diesen Jahren seit 2007 verändert?
Katharina Schrott: Die größte Veränderung ist, dass BimBam ein Projekt des ganzen Toihaus-Teams geworden ist.
Helga Gruber – die das Festival für das jüngste Publikum ins Leben gerufen hat und nun zum Gespräch dazugestoßen ist: „Da haben alle immer gesagt: „Das ist ja dein Festival!“

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Compliance-Hinweis: Das Toihaus Theater übernahm die Fahrtkosten von Wien nach Salzburg und zurück sowie den eineinhalbtägigen Aufenthalt.

KiJuKU-Interview mit Choreografin und Tänzerinnen von de Stilte (Niederlande)

Am Anfang war die Idee von einem Klavier…

KiJuKU: Wie kam’s zu diesem Stück (Link zur Stück-Besprechung am Ende des Interviews) – fast ganz in Weiß und mit den Falt-Möbeln? Wurde das gemeinsam von Ihnen entwickelt, aber hatte wer schon ein fertiges Konzept?
Femke Somerwil: Wir haben das für dieses gemeinsame EU-Projekt „Mapping – a Map on the aesthetics of performing arts for early years”, kofinanziert durch das Programm „Kreatives Europa der Europäischen Union“ gemacht.

KiJuKU: Aber was war die erste Idee dafür?
Femke Somerwil: Wir, meine Kollegin Gertien Bergstra und ich hatten die Stück-Idee. Ganz am Anfang stand ein Klavier.

KiJuKU: Mit einem echten Klavier?
Femke Somerwil: nein, nein, nein – „nur“ mit der Idee von einem Klavier. Meine Kollegin hat als Kind Klavier gespielt. Für sie war das auch mit zu Hause, sich heimisch, geborgen fühlen, stark verbunden. Am Beginn haben wir schon mit einem echten Klavier Musik gespielt. Und dann kamen wir auf den Gedanken, das Stück, also die Szenerie sollte zu einem Ort werden, wo Kinder sich zu Hause fühlen können.

Die beiden Tänzerinnen im Interview: Eduarda Santos und Catarina Paiva
Die beiden Tänzerinnen im Interview: Eduarda Santos und Catarina Paiva

KiJuKU (an die beiden Tänzerinnen): Sie haben das Stück mitentwickelt oder war es fertig schon und Sie haben „nur“ mehr die Choreografie einstudiert?
Catarina Paiva: Ich habe es sogar zuerst mit anderen Tänzerinnen gesehen und dann einstudiert. Es gibt noch andere, die das gleiche Stück tanzen und spielen.
Eduarda Santos: Ich bin noch später zu De Stilte gekommen.
Femke Somerwil: Wir haben sogar drei Duos, die Wacht ’s even“/ Wait a Minute/ Moment mal tanzen, wir sind viele damit unterwegs – in mehreren Ländern aber auch in den Niederlanden in ganz kleinen Orten, wo Kinder sonst nie zu Theater für ihre Altersgruppe kommen würden.
Aber mit einem der drei Duos haben wir das Stück gemeinsam entwickelt.

KiJuKU: Wie kam’s von der Idee Klavier und Zu-Hause-sein zum Stück, das wir jetzt erlebt haben?
Femke Somerwil: Es sollten Teile sein, die nicht fertig sind, die immer und immer wieder unterschiedlich betrachtet werden können, aber schon eine Idee davon zeigen, was sie werden könnten.
Catarina Paiva: Wir haben dann die Choreografie einstudiert. Aber obwohl die Ablauffolge feststeht, haben wir die Freiheit, unsere eigenen Persönlichkeiten einzubringen. Die Aufführungen sollen ja authentisch sein und so macht jede und jeder es dann doch ein bisschen anders, zu ihrem oder seinem Eigenen.

Tanzen Sie nur dieses oder auch andere Stücke?
Beide Tänzerinnen: Wir tanzen mehrere Stücke.
Femke Somerwil: De Stilte ist ein Repertoire-Theater, daher haben wir immer mehrere Stücke im Angebot und spielen die dann oft auch jahrelang.

KiJuKU-Interview mit Choreografin und Tänzerinnen von de Stilte (Niederlande)
KiJuKU-Interview mit Choreografin und Tänzerinnen von de Stilte (Niederlande)

KiJuKU: Wie lange tanzen sie schon für DeStilte?
Catarina Paiva: Seit drei Jahren
Eudarda Santos: Das ist meine erste Saison.

KiJuKU: Das heißt, Catarina, Sie haben das Stück zuvor mit wem anderen getanzt, war das schwierig, sich auf eine neue Tanzpartnerin einzustellen?
Catarina Paiva: Nein, gar nicht.

KiJuKU: Würden Sie gern jeweils den anderen Part, die andere Rolle tanzen?
Eduarda Santos und Catarina Paiva praktisch gleichzeitig: Neieiein.
Catarina Paiva: Ich denke, die Auswahl ist ziemlich natürlich erfolgt.
Eduarda Santos: Sie ist die größere.
Femke Somerwil: Wir haben uns von Anfang an gedacht, die Rolle vom „Schaf“ kann von einer kleineren Person leichter gespielt und getanzt werden. Aber es wäre interessant, das mal zu ändern.

KiJuKU: Aber wenn die Tänzerinnen das nicht wollen?!
Femke Somerwil: Aber wenn wir’s entscheiden würden…

KiJuKU: Also keine demokratische Gruppe?
Femke Somerwil: nein, ich würde natürlich nie wen in eine Rolle zwingen oder auch nur fragen, wenn wer signalisiert, das will ich nicht.

Haben Sie dieses Stück schon oft gespielt?
Femke Somerwil: Das haben wir schon seit zwei Jahren im Programm.
Eduarda Santos: Wir haben es vor Kurzem in Italien getanzt, auch schon in Spanien, jetzt beim Festival.
Femke Somerwil: Wir waren damit auch schon in Polen.
Catarina Paiva: Wir spielen es aber auch in den Niederlanden sogar in kleinen Dörfern, wo Kinder nicht so leicht die Möglichkeit haben, in ein Theater zu kommen.

KiJuKU-Interview mit Choreografin und Tänzerinnen von de Stilte (Niederlande)
KiJuKU-Interview mit Choreografin und Tänzerinnen von de Stilte (Niederlande)

KiJuKU: Wenn Sie an so unterschiedlichen Orten und in verschiedenen Ländern spielen Unterschiede bei den Reaktionen des Publikums?
Catarina Paiva: Bei Ländern jedenfalls, aber Femke hat sicher mehr Überblick, weil sie auch mit den anderen Tänzer:innen unterwegs ist und außerdem die Sicht von außen hat.
Femke Somerwil: Kinder sind Kinder. Aber speziell in Frankreich erleben wir eine große Disziplinierung. Die Pädagog:innen ermahnen dort die Kinder immer mit dauernden „pscht!“. Das ist unglaublich und schrecklich. Ich mein, Kinder müssen reagieren können und dürfen.

KiJuKU: Sie müssten vielleicht die Pädagog:innen lehren, dass dieses „pscht!“ die Vorstellung stört.
Femke Somerwil: Genau, das ist es. Ja, wir müssten die Pädagog:innen erziehen! Aber andererseits sehen wir in den Niederlanden oft, dass Kinder gar keine Theaterregeln kennen und sich im ersten Teil nicht aufs Zuschauen konzentrieren können. Hier in Österreich waren sie sehr konzentriert – auch was das Musik-Hören betrifft.

KiJuKU: Gibt es im zweiten, interaktiven Teil Unterschiede?
Femke Somerwil: In den größeren Städten überwinden sie die Grenze zwischen Publikumsbereich und Bühne oft schneller als in kleinen Dörfern.

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Compliance-Hinweis: Das Toihaus Theater übernahm die Fahrtkosten von Wien nach Salzburg und zurück sowie den eineinhalb-tägigen Aufenthalt.
Fortsetzung folgt

Szenenfoto aus "Wait a Minute" von "De Stilte" (Niederlande), zu Gast beim BimBam-Festival

Viele schöne, poetische, spannende, immer wieder überraschende Momente

Nach Grau am letzten Februartag, dominierte Weiß am 1. März – im Salzburger Toihaus Theater, dem Zentrum des BimBam-Festivals für junges und jüngstes Publikum. (Link zur Besprechung von „Hvad er det?“ /Was ist das? aus Dänemark siehe Link am Ende dieses Beitrages.)

Weiß, (fast) nichts als Weiß: Boden, darauf liegende faltbare Teile und eine große Tür im Hintergrund. Auch ein Großteil der Sitzflächen – weiße, weiche Schaffelle. Nur Catarina Paiva tanzte aus diesem Rahmen – in einem bunten, vielfarbigen Jump-Suit, einem großen „Strampler“. Groß auch ihre Augen. Sie nimmt die auf dem Boden liegenden Teile in Augenschein – auch mit ihren Händen. Faltet ein großes Ding fast auseinander, die aufgemalten Tasten eines Klaviers werden sichtbar. Doch nein. Sie stellt es nicht auf – die Musik (Jeroen van Vliet) kommt ohnehin aus den Lautsprechern, abgespielt über einen Laptop. Der Faltflügel wird wieder zugeklappt.

Szenenfoto aus Wacht 's even / Wait a Minute/ Moment mal von De Stilte (Niederlande) - mit Catarina Paiva und Eduarda Santos
Szenenfoto aus Wacht ’s even / Wait a Minute/ Moment mal von De Stilte (Niederlande) – mit Catarina Paiva und Eduarda Santos – in beim BimBam-Festival spielen udn tanzen

Nicht auf den Boden steigen

Die meiste Zeit versucht die Tänzerin den Boden nicht direkt zu berühren, sondern nur auf die herumliegenden Teile (Bühnenbild: Bert Vogels) zu steigen. Das erinnert an Pippi Langstrumpf, die Tommy und Annika in der Villa Kunterbunt zu diesem Bewegungsspiel einlud, nur auf Kästen, Tische, Betten oder was auch immer zu steigen oder zu springen und sich durch den Raum zu bewegen, ohne den Boden zu berühren.

Szenenfoto aus Wacht 's even / Wait a Minute/ Moment mal von De Stilte (Niederlande) - allerdings in einer anderen Besetzung
Szenenfoto aus Wacht ’s even / Wait a Minute/ Moment mal von De Stilte (Niederlande) – allerdings in einer anderen Besetzung

Paiva streckt sich dazu immer wieder, um mit den Händen so ein Teil zu greifen, näher zu schieben, um darauf ihre Füße abzustellen. Aber immer nur kurzfristig. Denn weiter geht’s, springt’s, tanzt’s. Immer wieder klappt sie dazwischen das eine oder andere dieser Teile auseinander. Das eine könnte ein Zimmer sein, das andere ein ganzes Häuschen, die kreisrunde Scheibe vielleicht eine Tischplatte. Dann wieder scheint es eine Sonne sein zu wollen. Oder was auch immer. „Wacht ’s even“ („Wait a Minute“, Moment mal) ist ein rund halbstündiges Tanztheaterstück für das allerjüngste Publikum – erschaffen von der niederländischen Gruppe „De Stilte“ (Die Stille) aus Breda, choreografiert von Femke Somerwil und Gertien Bergstra. Funktioniert alles auch ganz wunderbar ganz ohne Worte. Klassische Musik begleitet die Tänzerin.

Szenenfoto aus Wacht 's even / Wait a Minute/ Moment mal von De Stilte (Niederlande) - mit Catarina Paiva und Eduarda Santos
Szenenfoto aus Wacht ’s even / Wait a Minute/ Moment mal von De Stilte (Niederlande) – mit Catarina Paiva und Eduarda Santos – in beim BimBam-Festival spielen udn tanzen

Spielgefährtin

Die beschriebene Tänzerin bekommt ungefähr in Halbzeit eine Kollegin- zunächst versteckt unter einem großen weißen Fell (Kostüme: Czakon). Ist’s ein Schaf? Oder ein großer Hund? Oder ein Fatansiewesen? Jedenfalls wird Eduarda Santos zu einer Spielgefährtin. Einer, die sich anfangs nur ganz selten zeigt – und da mit ähnlich großen Augen wie die Kollegin vor allem mit den nahe sitzenden Kindern Blickkontakt aufnimmt. Und ihre Bühnenkollegin immer wieder neckt. Kaum meint die Tänzerin im bunten Overall das tierische Wesen zu fassen zu kriegen, ist die auch schon wieder weg, hinter ihr oder am anderen Ende des Raums. Und wieder nimmt die Kollegin ein Teil nach dem anderen, um einen Weg zur „Vierbeinerin“ zu bauen.

Natürlich erreichen die beiden einander, das Fellkostüm mit seiner wiesengrünen Innenseite fällt und die beiden tanzen nun miteinander, bauen die Teile auf, zu einer Inneneinrichtung einer Wohnung – oder was auch immer, bauen wieder ab und um. Obwohl die beiden nur rund ein halbes Dutzend Teile zur Verfügung haben, könnten (Erwachsene) vielleicht deren Spiel noch viel länger zuschauen.

Szenenfoto aus Wacht 's even / Wait a Minute/ Moment mal von De Stilte (Niederlande) - allerdings in einer anderen Besetzung
Szenenfoto aus Wacht ’s even / Wait a Minute/ Moment mal von De Stilte (Niederlande) – allerdings in einer anderen Besetzung

Ständig dran

Viele Erwachsene sagen „gleich“, „sofort“, „in ein paar Sekunden/Minuten“, um dann Kinder „ewig“ auf das Versprochene warten zu lassen. Ein wenig ließe dieser Stücktitel solches befürchten. Ist aber mitnichten so. Kein Vertrösten. Ständig spielt sich was auf der Bühne ab – wenngleich nicht rasant und actionmäßig, sondern mit sehr viele Ruhe und Geduld – aber immer wieder so, dass die so jungen Besucher:innen praktisch ständig dranbleiben.

Szenenfoto aus Wacht 's even / Wait a Minute/ Moment mal von De Stilte (Niederlande) - allerdings in einer anderen Besetzung
Szenenfoto aus Wacht ’s even / Wait a Minute/ Moment mal von De Stilte (Niederlande) – allerdings in einer anderen Besetzung

Miteinander

Nach knapp mehr als einer halben Stunde verschwinden die Tänzerinnen abwechselnd kurz hinter der oben genannten großen Türe und kommen mit großen – weißen – Taschen zurück aus denen sie große und kleinere Steck-Teile an den Rand der Bühne legen, um – ganz ohne Worte – die Kinder rundherum einzuladen, mit ihnen oder noch viel lieber miteinander diverse Gebilde zu bauen.

Boten die beiden Tänzer:innen aus Dänemark den jüngsten Theaterbesucher:innen – und natürlich ihren schon älteren Begleitpersonen 😉 – am letzten Februartag beim BimBam-Festival (nicht nur) in Salzburg eine graue Teppichlandschaft – Link zur Besprechung von „Hvad er det?“ (Was ist das?)
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Fortsetzung folgt

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus Wacht ’s even / Wait a Minute/ Moment mal von De Stilte (Niederlande) – allerdings in einer anderen Besetzung
Szenenfoto aus „Hvad er det?“ (Was ist das?)

Entdeckungen beim Tanz auf und mit Teppichen

Eine Teppichlandschaft. Grau in Grau, umgrenzt von ebenfalls aufgerollten Teppichstücken.  Ebenfalls grau. Lediglich dunkler – so wie die noch weiter an den Wänden liegenden Teppichrollen, die als Sitzreihen dienen. Nur zwei – entrindete – Baumstücke und einige gerippte große helle Rollen dienen – zunächst – als Farbtupfer auf der Bühne.

In hellerem Grau gekleidet die beiden Tänzer:innen – Ole Birger Hansen, Antoinette Helbing. Schritt für Schritt erkunden sie den Boden unter ihren Füßen. Sie bücken sich, um auch mit ihren Händen den Filz zu entdeckten. Zu spüren. Dabei bleibt es nicht, nach und nach, mal ganz langsam und sanft, dann eher heftiger versuchen sie die (Teppich-)Böden mit möglichst vielen Teilen ihrer Körper wahrzunehmen.

Szenenfoto aus „Hvad er det?“ (Was ist das?)
Szenenfoto aus „Hvad er det?“ (Was ist das?)

13 Stücke, 7 Länder, 62 Vorstellungen

„Hvad er det?“ (Was ist das?) heißt diese Performance von Aaben Dans aus Dänemark (Konzept / Choreografie / Inszenierung: Thomas Eisenhardt, Kamilla Wargo Brekling). Sie gastieren damit beim BimBam-Festival – unter anderem im Toihaus Theater in der Stadt Salzburg. Von hier nimmt dieses zweijährlich stattfindende Theaterfestival für Klein(st)Kinder – und zieht immer weitere Kreise. Bei der aktuellen Ausgabe, von der Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… auf Einladung der Veranstalter:innen zwei Tage lang berichtet, werden Aufführungen nicht nur im Land Salzburg, sondern auch in Oberösterreich und Oberbayern gespielt (insgesamt 62 Vorstellungen 13 verschiedener Stücken aus sieben Ländern) noch bis 19. März 2023 gespielt – siehe Info-Block.

Zurück zum fast durchgängig fast wortlosen Tanz zur Erforschung des Untergrundes – aber auch der eigenen Beine, Arme – und der des/der anderen. Bis hin zum ineinander verknüpft sein mit den Armen wie bei großen Ringen von Magier:innen. Nach und nach schauen sie auch unter den einen oder anderen Teppichteil – und finden rote, blaue Vierecke – meist aus Filz, auch noch in weiteren Farben. Aus der einen oder anderen Teppichrolle fischen oder schieben sie Schlangen aus Stoffteilen – und bringen so immer mehr Farbe ins Spiel.

Szenenfoto aus „Hvad er det?“ (Was ist das?)
Szenenfoto aus „Hvad er det?“ (Was ist das?)

Tanz, Objekte, Licht, Musik

Wobei Farben auch von anderen Objekten kommen, die Teil des choreografierten Spiels sind – vom Licht – aus Lampen, aber auch aus mindestens einem der Röhren-Objekte (Licht/ Technik / Produktion: Elke Laleman; Bühnenbild / Kostüm: KASPERSOPHIE). Zu den Bewegungen der Tänzer:innen, den Objekten und den wechselnden Lichtstimmungen gesellt sich die Musik (Fredrik Lundin) eine weitere Dimension hinzu – die das Stück der Gruppe aus Roskilde (vor allem für das große Musikfestival auf der Ostseeinsel Sjælland, nahe Kopenhagen bekannt) zu einer sehr runden Sache macht.

Interaktiver Teil

Irgendwann nach rund einer halben Stunde (mit dieser Länge wird das Stück angegeben) laden die Tänzer:innen die umsitzenden, liegenden, stehenden, gehenden, hin und her schwingenden Kinder ein, die Bühne in der Mitte endlich auch erobern zu dürfen. So manche von ihnen wollten das ohnehin schon längst, was aber weder beabsichtigt und obendrein aufgrund vieler sehr schwungvoller Bewegungen des Duos auch zu riskant wäre.

Fast gleich viel Zeit wie für das Stück selbst wird dieser Phase des gemeinsamen Spiels eingeräumt. Apropos einräumen: Die Animierung, gemeinsam schön langsam all die bunten und grauen kleinen Filz-Vierecke in eine der kurzen, aufgestellten Röhren hineinzuwerfen ist der Übergang zum Ende auch dieses interaktiven Abschnitts.

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Zu einem Interview mit den Tänzer:innen und der Produzentin/Lichtdesignerin und Technikerin geht es hier unten

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Szenenfoto aus „Hvad er det?“ (Was ist das?)
Szenenfoto aus „Hvad er det?“ (Was ist das?)
Screenshot aus dem Video-Trailer des Tanztheaterstücks " Hvad er det? (Was ist das?"

Lass uns ganz elementar beginnen

KiJuKU: Wie kam’s zu diesem Stück – Link zur Stückbesprechung am Ende dieses Interviews -, war erst das Thema da oder das Material, die Teppiche und Rollen?
Antoinette Helbing (Tänzerin): Erst war das Thema da, die künstlerische Leitung entscheidet das.
Ole Birger Hansen (Tänzer): Gestartet haben wir dann mit dem Körper – mit den Händen…
Elke Laleman (Licht/ Technik / Produktion): Die Szenografie hat früh mitgespielt und mit dem Choreografen früh entschieden, Teppiche zu verwenden. Am Anfang wurde nur mit vielen Rollen gearbeitet. Bei allem, was neu in den Proberaum gekommen ist, tauchte immer sofort die Frage auf „Was ist das?“ – und das wurde ja dann immerhin der Stücktitel.

KiJuKU: War es von Anfang an klar, dass mehr als die Hälfte fast nur mit Grau gespielt und getanzt wird und Farben erst sehr spät ins Spiel kommen?
Elke Laleman: Auch das wurde sehr früh entschieden. Wir haben uns viele Stücke für Kinder angeschaut. Oft scheint es so zu sein: Wenn es für Kinder ist, muss es viele Farben haben. Wir haben gesagt: Lass uns lange nur mit grau spielen, sozusagen „basic basic“, eben ganz elementar.
Antoinette Helbing: Außerdem lernen wir als Babys ja erst nach und nach Farben zu sehen.

KiJuKU: Die Gruppe Aabens Dans gibt es schon länger…
Ole Birger Hansen: … ja seit 2008. Aber wir spielen und tanzen für verschiedene Altersgruppen.
Antoinette Helbing: Einmal im Jahr machen wir ein Stück für Kinder – aber da auch für unterschiedliche Altersgruppen, manchmal wie jetzt für ganz junge Kinder, dann wieder für Teenager. Mit „Hvad er det?“ (Was ist das?), das wir schon mehr als 100 Mal gespielt haben, waren wir kürzlich in Barcelona, jetzt hier und dann touren wir in Dänemark.

KiJuKU: Obwohl so manche Kinder schon sehr früh auf die Spielfläche wollen, dürfen sie hier erst sehr spät mitspielen.
Ole Birger Hansen: Es ist bei unseren Stücken immer anders, es gab auch schon welche, wo Kinder sehr früh interaktiv mitmachen konnten, hier wäre es in der ersten halben Stunde aufgrund unserer Bewegungen viel zu riskant.

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