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Gezeichnete Bilder von Liam im Film seiner Schwester „Die neue genererzion der Welt“

Danke für „sowas Oarges“…

„Ich bin dir sehr dankbar, dass du mit mir sowas Oarges machst… – eine coole Dokumentation über das Leben und wie sie denken die Elfjährigen“, ist zu Beginn des knapp mehr als vierminütigen Films „Die neue genererzion der Welt“ die Stimme des Protagonisten Liam zu hören. In einem Mix aus dokumentarischen Szenen und handgezeichneten Bildern, die zu Collagen zusammengefügt werden, erzählt er über seinen Heimatort Edlitz (891 Einwohner:innen im Bezirk Neunkirchen, Niederösterreich). Seine 22-jährige Schwester Vanessa Pichler hat ihn, seine teils schon sehr abgeklärten Gedanken über die Welt und ihr gemeinsames Heimatdorf portraitiert. Damit wurden die 28. Video- und Filmtage im Wiener Cinemagic, dem Kinder- und Jugendkino in der Urania am Donaukanal eröffnet.

Künstlerisches Sujet für die 28. Video- und Filmtage
Künstlerisches Sujet für die 28. Video- und Filmtage

Fast fünf Dutzend Filme

59 Kurzfilme – Animationen, Schauspiel, Tanz… – sind bis einschließlich Sonntag, 6. Oktober zu sehen. Das Spezielle an diesem Festival des jungen und jüngsten Films: Es werden die Werke nicht nur abgespielt. Nach jedem zu Themen zusammengefassten Block finden im Kino live Gespräche mit den Filmemacher:innen statt. Sowohl das Publikum als auch eine Jury aus erwachsenen Profis kann Fragen stellen und Feedback geben.

Blick in den Kinosaal bei den Video- und Filmtagen eines vergangenen Jahres
Blick in den Kinosaal bei den Video- und Filmtagen eines vergangenen Jahres

Der elfjährige Protagonist konnte selber nicht teilnehmen, weil er natürlich am nächsten frühen Morgen Schule hatte, die filmende Schwester hatte für eine Arbeit im Kolleg an der Grafischen ein Portrait zu drehen. Mit 22 ist sie an der oberen Altersgrenze für die Teilnahme mit Werken bei den Video- und Filmtagen, die nunmehr seit fast drei Jahrzehnten vom wienXtra Medienzentrum organisiert werden. So manche der Kurzfilme, die noch zu sehen sein werden, wurden übrigens mit Unterstützung bzw. sogar in den Räumlichkeiten dieses Kompetenzzentrums für (außerschulische) mediale Arbeit von Kindern und Jugendlichen realisiert.

„Radia“-Trio beim Filmgespräch im Kino

Dystopie

In diesem Jahr gibt es recht wenige Beiträge von (sehr) jungen Kindern – was nicht immer so ist, sondern schwerpunktmäßig von Jugendlichen bzw. jungen Erwachsenen. Wie die Filmerin des ersten Beitrages, so kommen auch die Macher des zweiten gezeigten Films aus einer Schule mit kreativem Schwerpunkt. Mathis Gibon und Laurin Schmidle hatten im BORG Hegelgasse 12 maturiert, bei dem Film, Theater und andere Kunstsparten auf dem Stundenplan stehen. Mit „Radia“  – gemeinsam mit Martin Kofler – produzierten sie einen arg dystopischen nicht ganz dreiminütigen Film.

Ein Teil des Teams von „Shitty Liking“
Ein Teil des Teams von „Shitty Liking“

Toxische Beziehung

Viel zu oft würden große Altersunterschiede in queeren Beziehungen romantisiert. Dem wollten Linua Land, Elli Leeb, Leah Hochedlinger, Sophia Hochedlinger, Elena Wolff und Sophie Rabmer mit „Shitty Liking“ etwas entgegensetzen. Die 19-jährige Sophie und die 29-jährige Lilian zeigen durchaus toxische Machtgefälle bei großen Altersunterschieden in ihrem rund 12-minütigen Spielfilm.

Ein Teil des Teams von
Ein Teil des Teams von „strohfrau“ beim Filmgespräch im Kino

Von Eifersucht bis …

Ebenfalls rund zwölf Minuten dauert der extrem schauspielstarke Film „strohfrau“ von Fanny Marie Berghofer, Paul Müller (Kamera Luca Selberherr). Das Paar Marlene (Katharina Settele) und Ben (Jakob Benesch) streiten lautstark darüber, dass er ständig mit Laura, die noch im Nebenzimmer ist, intensiv redet, mehr auf sie als auf Marlene eingeht… Was anfangs wie Eifersucht wirkt, wendet sich im Laufe der heftigen Dialoge schrittweise in eine Bewunderung Marlenes für Laura. Ist gar sie in die andere „strohfrau“) verliebt? Die heftigen verbalen Auseinandersetzungen sind extrem authentisch und glaubhaft gespielt, als wären sie voll echt. Ein wenig hätten – meiner Meinung nach – die Filmemamcher:innen auf die schon spürbare Wendung im Streit und darauf vertrauen können, dass das Publikum dies gleich checkt. Wenn gegen Ende Marlene fast eine hymnische Verklärung Lauras von sich gibt, ist es, als würde noch mit dem Zeigefinger darauf hingewiesen, was sein könnte.

Musikvideos

Im Rahmen der Video- und Filmtage werden immer wieder qualitativ hochwertige künstlerische Musikvideos eingereicht – eine Vorab-Jury wählt aus allen Einreichungen die rund fünf Dutzend Filme, die beim Festival gezeigt werden. Gleich am ersten Abend waren mehrere – ganz unterschiedliche – zu erleben. Laura Sole Hanser, Stefanie Knebel, Rosa Reiter und weitere Mitarbeiterinnen drehten „von jetzt an“. Zu einem Song schafft es Anna aus der zunächst grauen, in einen engen Rahmen gepressten Welt, diese in ein farbenfrohes Leben – nicht nur – für sich zu verwandeln.

Kleinabaoho…

… nennt sich die Linzer Singer-Songwriterin, für die und mit der Leonie Zettl das nicht ganz vierminütige Video „grüne augen lügen nicht“ drehte. Ein Roadmovie mit signalrotem Auto und uraltem Kassettenspieler, in den die Musikerin eben eine Kassette mit der Musik zu ihrem Song einlegt. Wohin die Reise geht? Eher immer sozusagen im Kreis.

Tanzende Elemente

Eine Top-Tanztruppe – eingebettet in eine Story auf der Suche Elemente und Gefühlswelten darzustellen, professionell durchchoreografiert und mit bekannten Musiknummern unterlegt – das ist der 22-minütige Film „It Girl Project“; hier mit kleinem t geschrieben, das große T im Originaltitel führte zur Anmoderation als IT-Girl und würde vielleicht auch beim Lesen dazu verleiten an Informations-Technologie zu denken. Immerhin ist es natürlich ein digitaler Film mit so manchen virtuellen Bildwelten. Ein mitreißendes, bewegendes Stück Film – samt einem Maler, der stimmungsadäquate Bilder dazu anfertigte, das sicher auch gut live auf Bühnen funktionieren könnte. Tanzcoach, Choreografie und Regie: Niklas Zesar; Filmproduzentin: Leona Marie Baucek; Kamera: Luca Horak; Montage: Rafaël Lesage; Tänzer:innen und (Mit-)Chreograf:innen: Olivia Haas, Victoria Ressl, Juliana Maehlich, Rafaël Lesage, Niklas Zesar; Maler: Daniel Schießwald sowie eine große Crew an zwei Dutzend Background-Täner:innen.

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Sujetbild fürs Festival 2023

Suche nach (Aus-)Wegen im Labyrinth jugendlicher Gefühle

Drei große Säcke mit und für Gewand stehen auf dem Boden. Mona sortiert aus – beschriftet nach Müll, Spenden und in der Mitte Jasha. Als sie eine Jacke in Händen hält stutzt sie. Wohin damit. Anruf… „Lifejacket“ (Rettungsweste) war/ist einer der Filme, die am Eröffnungsabend der – mittlerweile 27. – Video- und Filmtage gezeigt wurden. 66 Filme – alle von Kindern und/oder Jugendlichen ausgedacht, gedreht und geschnitten/montiert – gehen bis einschließlich Sonntag im Wiener Urania-Kino über die Leinwand.

Filmgespräche, Vernetzung…

Das wienXtra-Medienzentrum organisiert dieses Festival, das nicht nur Leistungsschau, sondern mindestens genauso Diskussions- und Vernetzungsplattform ist. Denn die VFT zeichnen sich – seit Anbeginn dadurch aus, dass Profis aus der Filmbranche eine Live-Jury bilden, die im Kino – seit Jahren das Cinemagic Kinder- und Jugendkino – nach jedem Block einiger Filme Feedback gibt, das Publikum genauso Fragen, Anregungen und Kritik üben kann. Und es immer wieder dazu kommt, dass sich junge Filmschaffende vor Ort vernetzen und zu neuen Produktionsgemeinschaften zusammenfinden. Heuriges Festival-Sujet: Ein Labyrinth.

Rettungsweste

Zurück zur „Rettungsweste“ – anhand dieses Kleidungsstücks wird in knapp mehr als einer Viertelstunde die wechselvolle Beziehung der beiden Mädchen als Erinnerung Monas geschildert – auch mit unterschiedlichen Reaktionen erwachsener Verwandter darauf. Der Film ist Ergebnis eines Projekts im Medienkulturhaus Wels (Oberösterreich). In einem Workshop entstanden drei Drehbücher, jenes von Oliver Parsch wurde genommen – und in einem weiteren Workshop gefilmt, Robin Reininger führte Regie, Betül Karataş spielte Jasha, Barbara Rettig schlüpfte in die Rolle von Mona. Die vier Genannten waren auch nach Wien gereist. „Wir haben alle unsere eigenen Ideen eingebracht und konnten uns fix die Rollen selber aussuchen“, vertrauen sie – vor dem Screening – Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… an.

Übrigens, die Mona-Darstellerin Barbara Rettig ist auch Mitglied der Steuerungsgruppe Jugendlicher, die – neben der Junior-Festivalleitung (Leonie Wimmer & Brandon Viardo) Projektleiterin Marija Milovanović beratend zur Seite steht.

Musikvideos

Eröffnet wurde das diesjährige Festival der jungen und jüngsten Filmemacher:innen – außer Konkurrenz – vom Musikvideo „Kids N’Cats: Go“, das im Frühjahr bei einem speziellen Workshop für Musikvideos im wienXtra-Medienzentrum entstanden ist.

Wie dicht auch nicht einmal eine Minute sein kann, zeigte die „Video-Collage Wien“ aus Hunderten Fotos aus Wien, vor allem auf dem Weg von seiner Wohnung zur Schule des 14-jährigen Leonhard Kofler.

Top-Star sehr persönlich

Ein Stammgast der Video- und Filmtage, Alex Lazarov, der seit rund einem Jahrzehnt jedes Jahr (mindestens) mit einem Film beim Festival vertreten war, konnte aufgrund des Alterslimits (22 Jahre) zum letzten Mal eine Arbeit zeigen (mit Clemens Hillinger und Moritz Löwy) Und was für eine: „Straight Outta Vienna“ ist eine sehr dichte, intensive Doku über Dejan Nikolić, vielen besser bekannt a.k.a. Nik Dean. Dieser junge Wiener Musikproduzent hat es mit seinen Beats für weltberühmte Rapper bis an die Spitze der US-Charts geschafft – aus seinem zum Studio umgebauten Zimmer in einem Gemeindebau. Die nicht ganz zehn Minuten zeigen einen Star abseits aller Klischees und nicht zuletzt seine Verletzlichkeit. Was für ihn gilt – „ich bin Teil der Musik und Musik ist Teil von mir“ – prägt auch den jungen Filmemacher, der mittlerweile als Selbstständiger mit eigener Videoproduktion arbeitet.

Als er via Instagram den Nik Dean angeschrieben hat war der, wie er im Filmgespräch im Kino sagte, „anfangs skeptisch. Dann hab ich mir angeschaut, was der so gemacht hat, das hat mich überzeugt“. In einem intensiven 15-Stunden-Drehtag entstand das Material, das Lazarov dann sehr rhythmisch passend zu den Beats geschnitten/montiert hat.

Mental Health

Mental Health, psychische Verfassung, Auseinandersetzung damit – das sind befeuert durch die Pandemie sehr wichtige Themen, mit denen sich viele Jugendliche auseinandersetzen. Sehr intensiv, persönlich, filmisch spannend und mit dem einen oder anderen Schuss Humor ist dies Tilo Schott in „Downplaying“ gelungen – eine totale Ein-Personen-Produktion: Dreh, Schauspiel, Schnitt, Musik alles aus einer Hand.

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Screenshot der Homepage zu den Video und Filmtagen 2023
Screenshot der Homepage zu den Video und Filmtagen 2023