Die Jury haben gespielt, getagt und entschieden: Die österreichischen Spielepreise 2024.
Eine Woche nach der Wiederbelebung des großen Spielefestes im Wiener Austria Center, stellte die Österreichische Spiele-Akademie ihre Entscheidungen in Sachen Spiele des Jahres vor. Der Spielepreis sind ja mehrere – in insgesamt sieben Kategorien: Kinder, Familie, Freund:innen, Expert:innen, Karten, Trend sowie der Hauptpreis – jenseits aller Spezialdisziplinen.
Die Schachtel wird zum Teil des Spiels namens „Garten-Gauner“ (Autoren: Anthony Perone & Fabrice Chazal, Ravensburger Verlag) , ein Teil davon als Gartenhaus aufgebaut hinter dem sich eine Spielerin/ein Spieler als Gärtner:in platziert und nur ein (gar nicht so) kleines Sichtfenster auf das Spielfeld, einem Garten, hat. Auf diesem werden Karton-Büsche aufgestellt. Die anderen spielen mit ihren Kartonfiguren, die Waschbären darstellen. Diese wollen zu den Mistkübeln, in denen sich auch Lebensmittelabfälle befinden.
Wie bei „Donner – Wetter-Blitz“ darf in dem Fall der Gärtner oder die Gärtnerin kurz nicht schauen, die Spieler:innen bewegen ihre Figuren in Richtung Haus mit Mülltonnen. Statt starr oder bewegt verbergen sie hier ihre „Waschbären“ hinter Büschen. Manche der Büsche haben Löcher. Erkennt der Gärtner/die Gärtnerin einen Waschbären, gibt’s einen Punkt. Bei fünf Punkten hat diese Spielerin/dieser Spieler gewonnen. Umgekehrt kann aber auch eine Spielerin oder ein Spieler gewinnen deren/dessen Waschbär bis zur Mülltonnen gekommen ist.
Auch hier ist die Schachtel Teil des Spiels: Als Halterung für hölzerne Masten. Schnüre sind „Stromleitungen“, auf denen sich Karton-Vögel niederlassen. Karten stellen Aufgaben für „Selfies“. Wer soll auf dem Foto sein – ein rosafarbener kleiner Vogel mit zwei anderen kleinen – unterschiedlich bunten Flugkumpan:innen? Oder fünf große mit eher Strubbelgefieder am Kopf? Oder…
Es gilt die richtigen Kombinationen auf die Seile zu setzen. Und Klick. Karte abgelegt und die darauf befindlichen Punkte zählen am Ende. „Federflink“ (Autoren: Julien Prothière und Juan Rodriguez, Verlag Piatnik) verbindet Geschicklichkeit – die Vögel dürfen nicht runterfallen – mit gutem Auge für die richtigen Kombinationen. Wirklich fotografiert werden müssen die Vogelgruppen entsprechend der Kartenaufgabe aber nicht 😉
Seit einigen hundert Millionen Jahren haben sich Krabbenarten wie andere Lebewesen (weiter)entwickelt. Nun Simplicimus vulgaris, auch quadratische Krabbe genannt nicht, die an den Ufern der Gironde-Mündung immer nur seitwärts gehen können ohne die Richtung ändern zu können. Vor 20 Jahren wurde der satirische Kurzfilme „La Révolution des Crabes“ veröffentlicht, in dem drei dieser Krabben einen Weg gefunden haben, die Richtung doch zu ändern. Auf dem Film aufbauend entstanden einige Jahre später drei Comic-Bände – und nun ein Kartenspiel: „Marsch der Krabben“ (Autor: Julien Prothière, Verlag Huch!). Die Grafik orientiert sich an Film und Comic, Teamwork ist gefragt, denn miteinander kann der richtige Weg doch gegangen werden.
Germán P. Millán hat sich ein hochkomplexes Spiel – daher nur für Hardcore-Spieler:innen – ausgedacht (Verlag Strohmann Games / Ludonova). Selbst das Studium der Spielanleitung dauert schon einige Zeit. Jene, die sich das antun (wollen), bauen die Alhambra (Stadtburg auf dem Sabikah-Hügel in Granada, Andalusien/Spanien) mit auf, wirken an Handelsrouten entlang des Mittelmeeres mit und errichten Steintafeln mit Gedichten. Das Spiel endet mit der Eroberung Granadas durch die Katholischen Könige im Jahr 1492 – und Beginn der Inquisition samt Zwangs-Christianisierung oder Vertreibung aller Jüd:innen und Menschen islamischen Glaubens. Spiel-Ziel ist es, dennoch als die einflussreichsten Adligen der Naṣridendynastie in die Geschichte einzugehen.
Das von der Jury ausgewählte Kartenspiel des Jahres erinnert vom Prinzip her stark an das vor mehr als 50 Jahren erfundene „UNO“ (nicht nach den Vereinten Nationen benannt sondern nach 1 – auf spanisch und italienisch). „Finito“ (Auoren: Garrett J. Donner, Brian S. Spence und Michael S. Steer – Verlag: Game Factory) ist vom Prinzip her einfacher, aber „g’feanzter“. Um Karten aus der eigenen Hand auf den Stapel ablegen zu können, reicht die richtige Farbe. Aber hat wer anderer in der Runde die gleiche Karte, sagen wir eine rote mit einem 3er drauf, kann die/der „Finito“ (italienisch für beendet) rufen, und du musst den ganzen Stapel nehmen – selbst wenn’s deine letzte Karte war.
Als Trends ortete die Jury einerseits Pocket Games, also solche klein, handlich zum Mitnehmen, andererseits Neues von Altbekanntem und drittens thematisch Klimawandel bzw. Nachhaltigkeit als Spielinhalt.
And the Winner in dieser Kategorie wurde „Chips“ von Mathieu Aubert, Théo Rivière (Verlage Huch!). Präsentiert wurde das Spiel von Roland Anna und Flo, drei der vier aus dem Team „Austrian Meeple People“, die seit einigen Monaten einen YouTube-Kanal betreiben, auf dem sie Spiele vorstellen.
„Meeple“ ist – laut Wikipedia – „die Bezeichnung für eine besondere Form eines Spielsteins, welche mit dem Spiel Carcassonne auf den Markt kam. Es handelt sich um stilisierte Männchen aus Holz in unterschiedlichen Farben. Die Bezeichnung soll von Alison Hansel als Kofferwort beim Spielen von Carcassonne durch den Zusammenzug der Wörter my (englisch meine) und people (englisch Leute, Menschen) geprägt worden sein.“ Der Begriff hat sich seither für Spielfiguren verselbstständigt.
Verschieden-färbige (Karton-)Chips werden nach und nach aus der Verpackung, die stark an eine für die Knabber-Erdäpfelscheiben erinnert, gezogen. Es gilt, möglichst zu erahnen /spekulieren, wie die Chips-Verteilung aussieht. Für richtig gezockt, gibt’s die entsprechenden Punkte.
Wald, Schwammerln, Wassertropfen – alles hängt mit allem zusammen. Pilze und Bäume bilden in der Natur wichtig Netzwerke. Das von der Jury ausgewählte Spiel der Spiele des Jahres ist „Mycelia“ (Daniel Greiner, Verlag: Ravensburger). Der Name nimmt Anleihe beim Fachbegriff Mycel (aus dem Griechischen für Pilz) und bezeichnet die Gesamtheit aller fadenförmigen Zellen eines Pilzes oder Bakteriums.
Die Spieler:innen versuchen Blätter zu sammeln, Tau- oder Wassertropfen auf ihren eigenen Spielfeldern zu verschieben, so dass sie zum großen Baum kommen können. Hat der genügend Wasser, fällt der Würfel in ein Loch und eine neue Runde geht los. Jede und jeder muss entsprechende Karten sammeln.
„Ein höchst gelungenes Familienspiel, das nicht nur mit gekonnter Themenumsetzung und detailreichem Karten-Design begeistert, sondern auch einen einfachen Einstieg in den Deckbuilding-Mechanismus ermöglicht, ohne dabei auf Genre-Kenner zu vergessen: Planung, etwas Taktik und ein wenig Strategie sind hier durchaus von Vorteil – Glückspilze werden sich nicht allein auf ihre Stärke verlassen können“, urteilte die Jury.
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