SOS Mitmensch und Amnesty International Österreich kritisieren Schnellschüsse in Sachen Aussetzen von Schutz für geflüchtete Syrer:innen.
„Die aus Syrien nach Österreich geflüchteten Menschen sind verständlicherweise tief bewegt vom Umsturz in Syrien. Sie brauchen angesichts der extrem instabilen Umbruchssituation jetzt Rückhalt und nicht das destruktive Schüren von Unsicherheit oder gar hämische Abschiebeaufrufe“, so SOS Mitmensch-Sprecher Alexander Pollak am Tag der Menschenrechte (10. Dezember 1948 beschloss die UNO-Generalversammlung die allgemeine Erklärung der Menschenrechte).
Viele der in den vergangenen Jahren aus Syrien geflüchteten Menschen seien außerdem zu einem wichtigen Teil der österreichischen Gesellschaft geworden, erklärt die Menschenrechtsorganisation SOS Mitmensch. Am selben Tag veröffentlichte übrigens die Wochenzeitung „Falter“ im morgendlichen Newsletter ein Gespräch mit Abdulhkeem Alshater. Dieser war – wie viele andere – vor neun Jahren aus Syrien geflüchtet, hat in Österreich eine Lehre absolviert und am Sonntag die Freudenkundgebung und Demo nach dem Sturz des jahrzehntelang-Diktators Assad (mit-)organisiert. Außerdem gründete er im Vorjahr den Verein „Freie syrische Gemeinde Österreich“. „Wir beteiligen uns aktiv an der Gestaltung der Demokratie in Österreich und wenden uns gegen jede Form von Extremismus und Diktatur”, zitiert „Falter-morgen“ die Selbst-Beschreibung des Vereins auf Facebook. Im September hatte der Verein Hunderte syrische Helfer:innen organisiert, die nach dem Hochwasser in Niederösterreich bei den Aufräumarbeiten geholfen haben.
So schnell wie nie reagierten österreichischen Politiker:innen auf den Sturz des syrischen Diktators. Erste Reaktionen: Der Bundeskanzler ordnete die Aussetzung der laufenden Asyl-Verfahren an. Dabei weisen alle mit der Region und der Lage vor Ort einigermaßen Vertraute auf die Unübsichtlichkeit hin. Und darauf, dass in den vergangenen zehn Tagen Tausende vor allem Kurd:innen aus jenen Regionen flüchten mussten, die von den neuen Machthabern erobert worden sind – siehe hier
SOS Mitmensch fordert: Jetzt gelte es diesen Menschen Sicherheit zu geben, und zwar sowohl, wenn sie das Leben, das sie in Österreich aufgebaut haben, fortsetzen wollen, als auch, wenn sie sich bei einer Stabilisierung der Lage einen persönlichen Neuanfang in Syrien vorstellen können.
Es sei sachlich gerechtfertigt, dass die österreichischen Asylbehörden in der jetzigen unklaren Situation innehalten und die Entwicklung überprüfen, aber es sei niemandem geholfen, wenn Menschen, die längst Teil von Österreich geworden oder in den vergangenen Jahren als Kind hier aufgewachsen sind, um ihre Aufenthaltssicherheit bangen müssen, betont Alexander Pollak. Mit dem populistischen Befeuern von Unsicherheit schädige man nicht nur die Betroffenen, sondern unsere gesamte Gesellschaft, daher brauche es eine Politik, die Menschlichkeit lebt und positive Zukunftsperspektiven fördert, so der SOS-Mitmensch-Sprecher.
Die Österreich-Sektion der internationalen Schutzorganisation Amnesty International kritisiert in einer Aussendung am internationalen Tag der Menschenrechte die Entscheidung der österreichischen Bundesregierung, laufende Asylverfahren für Syrer:innen auszusetzen und gewährten Asylstatus zu überprüfen, „auf das Schärfste. Diese Maßnahme setzt Schutzsuchende unnötigen Unsicherheiten aus und widerspricht internationalen menschenrechtlichen Verpflichtungen.“
Aimée Stuflesser, Advocacy und Research Officer für Asyl und Migration bei Amnesty International Österreich argumentiert, „die Lage in Syrien bleibt besorgniserregend und unvorhersehbar. Politische Entwicklungen müssen mit Bedacht analysiert werden, bevor Änderungen in der Asylpraxis vorgenommen werden. Schutzsuchende in Österreich dürfen in dieser Situation nicht ohne Perspektive zurückgelassen werden.“
Amnesty International fordert die Bundesregierung auf, die Aussetzung syrischer Asylverfahren umgehend rückgängig zu machen. Stattdessen muss eine sorgfältige Einzelfallprüfung sichergestellt werden, die den internationalen Menschenrechtsstandards entspricht. Dabei muss insbesondere das Non-Refoulement-Prinzip eingehalten werden, das jegliche Rückführung in Länder verbietet, in denen Schutzsuchenden Verfolgung, Folter oder andere schwere Menschenrechtsverletzungen drohen. Forderungen nach schnellen Abschiebungen oder Einschränkungen der Familienzusammenführung lehnt Amnesty entschieden ab.
Amnesty fordert, dass die Rechte von Schutzsuchenden über politischen Interessen stehen müssen: „Die Sicherheit syrischer Geflüchteter darf nicht den Preis für politische Schnellschüsse zahlen. Schutz und Stabilität müssen im Vordergrund stehen – nicht politisches Kalkül“, so Stuflesser abschließend.
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