Interaktive, barrierefreie, spielerische Ausstellung samt Begegnungsort und Ideenlabor im mobilen „Human Rights Space“ – vorerst für ein Jahr in der Bildungsdirektion Wien.
„Neu war für uns, dass Kinder auch selber mitentscheiden dürfen, bei wem sie leben wollen, wenn sich die Eltern trennen. Und dass auch Vernachlässigung als Form der Gewalt gilt“, sagen Kristina und Melanie zu Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… schon vor der offiziellen Eröffnung der Menschen- und Kinderrechts-Ausstellung am Sitz der Wiener Bildungsdirektion.
Wie aufgeklappt überdimensionale Bücher – oder schmale Kästen – mit vielen – leicht fasslichen, kurzen Informationen, die auch auf-, weggeklappt oder gedreht werden können, um (noch) mehr zu erfahren. Oder auch mit den Fingern zu lesen – beim Tasten der Schriften – Braille (die klassische Blindenschrift mit erhabenen Punkten) oder die sogenannte Pyramidenschrift – angreifbare Buchstaben – für jene, die Braille nicht lesen können. Oder für Sehende, die versuchen wollen, mit geschlossenen Augen die Informationen zu lesen. Über Kopfhörer können Informationen auch gehört werden.
Apropos Sehen: Wie eingeschränkt ist das Sichtfeld bei Grauem Star – eine Spezialbrille lässt dies nachempfinden. Aber auch deutlich Lustigeres lässt sich an anderer Station erleben: Wie schaut die Welt durch eine rosa Brille aus? Oder durch eine dunkelschwarze?
Bei einer anderen Station – jede hat eine eigene Leitfarbe – können die Besucher:innen (ab 10 Jahren) lächelnde und weniger fröhliche Smilies an Schnüren hin und her schieben. Und damit zeigen, wie sie ihre eigenen Schule in verschiedenen Bereichen finden, einschätzen: Ob sie etwa viel , wenig oder gar nicht mitbestimmen dürfen, wie’s um das Kindeswohl bestellt ist, ob es Diskriminierung gibt oder nicht, wie sie sich dort vor Gewalt geschützt fühlen, wie mit ihrer Privatsphäre umgegangen wird, inwiefern Kinder mit Behinderung(en) eingebunden sind, wie’s um Freizeit, Spiel, Kultur und Kunst steht und nicht zuletzt, ob sie dort was von Kinderrechten lernen.
Das Recht auf Barrierefreiheit war eines der für sie eher neuen Themen im Vorbereitungs-Workshop erzählen Chiara und Katharina dem Journalisten im Keller der Wiener Bildungsdirektion, in der die Ausstellung nun wochentags täglich besucht werden kann – samt Workshops von Amnesty International. Früher, so der Bildungsdirektor, sei das der Speisesaal für die Mitarbeiter:innen des damaligen Stadtschulrates gewesen, heute werde er als Bewegungsraum für Beschäftige verwendet – da werden die mobilen Ausstellungstafeln auf Rädern zusammengeklappt und auf die Seite geschoben.
Robin interessierte sich vor allem für das Thema Gewalt, „weil ich das zum Glück selber gar nicht in meiner Familie erlebe, es bei uns in der Schule ziemlich friedlich zugeht, aber ich schon in meinem Bekanntenkreis einige Leute kenne, die das sehr betrifft und ich da mehr wissen und erfahren will.“
Die Ausstellung informiert nicht nur über fünf Themenbereiche – siehe nächster Absatz -, sondern bietet bei jeder Station auch Telefonnummern oder Erreichbarkeiten von Hilfs-Einrichtungen wie Rat auf Draht – 147 – und andere. Sie versteht sich auch als Begegnungsort zum Austausch Jugendlicher untereinander und will auch „Ideenlabor“ werden, wie die Erfinder Katharina Schuller betont. Jugendliche – an Kinder unter zehn ist (leider) noch nicht gedacht – können und sollen liebend gern Ideen, Anregungen, Ergänzungen usw. einbringen.
Der „Human Rights Space“ ist in fünf Themenbereiche gegliedert – die von den rund 200 Jugendlichen in den über Monate gehenden Workshops zur Vorbereitung und Erarbeitung der Ausstellung stattgefunden haben – selbst gewählt wurden:
* Was sind Menschenrechte und Kinderrechte
* Recht auf Bildung
* Recht auf Schutz vor Gewalt
* Recht auf psychische Gesundheit
* Das Recht auf Schutz vor Diskriminierung
Offiziell eröffnet wurde sie schließlich von der Initiatorin des „Human Rights Space“, Katharina Schuller sowie Bildungsdirektor Heinrich Himmer und Wiens Vizebürgermeister und Stadtrat u.a. für Kinder, Jugend, Bildung, Christoph Wiederkehr. Und von vier Schüler:innen der 2. Klasse der Handelsschule in der Polgarstraße (Donaustadt, 22. Wiener Bezirk).
Arpan, Amina, Kristina und Maksim teilten den Festgäst:innen ihren- und ihrer Kolleg:innen dringendsten Wunsch mit: „Wir möchten als wertvolle Mitmenschen geachtet, gut behandelt und gefördert werden. Wir wollen mehr als leere Worte! Wir wollen die Verbesserungen, über die wir jetzt reden, sehen, erleben und wirklich spüren.“
Zielgruppe sind Schüler:innen ab 10 Jahren sowie außerschulische Gruppen. Auch Erwachsene sind im Human Rights Space willkommen. Nach vorheriger Anmeldung kann die Ausstellung in Form einer Entdeckungsreise besucht werden. Die Dauer beträgt ca. 90 Minuten.
Es besteht die Möglichkeit, den Ausstellungsbesuch mit einem Workshop zu kombinieren: Der Kooperationspartner Amnesty International Österreich bietet den Workshop „Menschenechte – was hat das mit mir zu tun“ für Schüler:innen der Sekundarstufe 1 und 2 und Berufschüler:innen an. Der Workshop dauert inkl. Ausstellungsführung ca. 2 bis 3 Stunden und kann entweder zu einem früheren Zeitpunkt im Klassenzimmer stattfinden oder direkt vor dem Ausstellungsbesuch vor Ort.
Übrigens: Auch einen Stock drüber – rund um den BildungsHub in der Bildungsdirektion gibt es an den Wänden eine Plakat-Ausstellung von Amnesty International. Unter anderem auf einer der Tafeln der Spruch einer Jugendlichen: „Das stört mich wirklich. Ich lebe in einem demokratischen Land, aber ich als Asylberechtigte darf nicht wählen. Ich muss warten, bis ich meine Staatsbürgerschaft bekomme. Das bedeutet, bis dahin kann ich die Politik nicht beeinflussen, aber die Politik kann mein Leben beeinflussen.“
Interaktive Ausstellung zu Menschen- und Kinderrechten – (vorerst) ein Jahr lang in der Bildungsdirektion Wien
(Zumindest) bis Ende dieses Schuljahres (2022/23)
Für Workshops und Führungen – mit Voranmeldung
Montag bis Mittwoch: 8 bis 11 und 13 bis 15 Uhr
Donnerstag: 8 bis 11 und 13 bis 17 Uhr
Freitag: 8 bis 11 Uhr
Jeden Freitag von 14 bis 17 Uhr können Einzelpersonen und Kleingruppen ohne Voranmeldung kommen.
1010, Renngasse 18, (barrierefreier Seiteneingang der Bildungsdirektion Wien)
Anfragen für Ausstellungsbesuche: office@humanrightsspace.at
Anfragen für Workshop-Buchungen: amnesty -> interaktive-ausstellung
Weitere Informationen: humanrightsspace.at/
Gründerin, Leitung und Kuratierung: Katharina Schuller
Ausstellungsgestaltung & Produktion, Konzeption & Produktion der Hands-On: Angelika Höckner & Gerald Moser (Atelier Wunderkammer)
Grafikdesign und Illustration: Katja Hasenöhrl
Audioguides Stimme: Sarah Emler
Audioschnitt: Bernhard Recheis
Projektassistenz: Martina Mirković
Beteiligte Schulklassen
* Fachmittelschule (Polytechnische 18) Wien West, 9. Schulstufe
* Das Caritas Ausbildungszentrums für Sozialberufe Seegasse, 9. und 11. Schulstufe
* GRG 15 (Schmelz), 5. Schulstufe
* BHAK/BHAS Wien 22, 10. Schulstufe
* BG Babenbergerring Wr. Neustadt, 8. Schulstufe
* NMS Dietmayrgasse, 7. und 8. Schulstufe
Außerschulische Jugendgruppen
* Die Verrückte Jugend Aktion (Blindenverband WNB),
* Jugendbeirat für den Tiroler Monitoring-Ausschuss für die Überwachung der Rechte von Menschen mit Behinderung
* Verein Start Stipendien (engagierte Jugendliche aus einkommensschwachen Familien mit Migrationsgeschichte)
Menschenrechtsbildner:innen Human Rights Space
Abukharma Ahmad, Mujesira Borozan, Katharina Fischer, Michael Gaudriot, Markus Mariacher, Melanie Orishebemigho Volgger, Judith Rücker, Andrea Taudt
Menschenrechtsbildner*innen Kooperationspartner*innen
Gudrun Rabussay-Schwald (Amnesty International Österreich)
Stefan Knapp (Amnesty International Österreich)
Stefan Weghuber (Interkulturelles Zentrum)
Peter Sarto (Kinder- und Jugendanwaltschaft Wien)
Ehrenamtliches Team
Julia Eminger, Julia Hahn, Corinna Heinzle, Anna Heissinger, Eduardo Kapapelo, Sarah Koch, Ronja Panholzer, Laura Panzenbeck
Involvierung Studierende des Vienna Master of Arts in Applied Human Rights
Lorenza de Luna (Studienprojekt zu internationalen Best-Practice Beispielen von Kindern und Jugendlichen im Einsatz für ihre Rechte)
Besonderer Dank geht an: Wilhelm Behensky, Sarah Emler, Alexandra Graupner, Benjamin Hofer, Petra Pendl, Antonia Plessing, Gudrun Rabussay-Schwald, Marion Reiter, Astrid Roth, Helmut Sax, Peter Stepanek, Georges Younes, Gerald Wagner, Katharina Zimmer-Hausmann