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Einige Kinder vor einer großen Kinderrechte-Fahne
Einige Kinder vor einer großen Kinderrechte-Fahne
25.10.2022

Pilotschulen wollen Kinderrechte umfassend leben

In diesem Schuljahr startet das Projekt Kinderrechte-Schulen von Unicef: Alle – Kinder bzw. Jugendliche, Lehrer:innen, Personal und Eltern – sollen mitmachen und teilhaben.

Seit fast 33 Jahren haben Kinder und Jugendliche durch die von fast allen Staaten der Welt beschlossene Kinderrechtskonvention verbriefte Rechte – nicht nur auf Schutz (etwa vor Gewalt), Teilhabe an Bildung, Kultur usw., sondern auch darauf, ihre Meinung zu sagen – und mitzubestimmen. Und dennoch gibt es noch immer viele Menschen in Österreich, die nach Abschluss ihrer Schullaufbahn nicht einmal davon gehört haben, dass es Kinderrechte gibt. Sogar in zertifizierten kinderfreundlichen Gemeinden.

Breites Bündnis

Nach Schweden, Irland, Großbritannien und Deutschland und startet in diesem Schuljahr – vorerst in Wien – in einer Handvoll Schulen die Pilotphase, Kinderrechte nicht (nur) zu unterrichten, sondern zu leben. Die Österreich-Sektion des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen, Unicef (Geschäftsführer Christoph Pinter), und die Bildungsdirektion (Direktor Heinrich Himmer) stellten dies am Montag (vor den Herbstferien 2022) vor; gemeinsam mit dem für Bildung, Kinder und Jugend zuständigen Stadtrat und Vizebürgermeisterin (Christoph Wiederkehr) sowie der Leiterin des Menschenrechtsbüros der Stadt Wien (Shams Asadi) und dem Direktor des Bildungscampus Donaufeld (Richard Pregler), der schon daran teilnimmt. Letzterer konnte berichten, dass die Delegierten des Schulparlaments postwendend wenige Stunden nach der ersten Sitzung begannen, auf die Umsetzung von Beschlüssen der Kinder zu drängen.

Das Podium des Meidengesprächs: Unicef-Vertreter Christoph Jünger, Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr, Bildungsdirektor Heinrich Himmer, Leiterin des Menschenrechtsbüros der Stadt Wien Shams Asadi und Direktor des Bildungscampus Donaufeld Richard Pregler
Das Podium des Meidengesprächs: Unicef-Vertreter Christoph Jünger, Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr, Bildungsdirektor Heinrich Himmer, Leiterin des Menschenrechtsbüros der Stadt Wien Shams Asadi und Direktor des Bildungscampus Donaufeld Richard Pregler

Gelebte Demokratie

Kinderrechte-Schulen müssen einen ganzen Prozess durchlaufen, bis sie von der Unicef als solche zertifiziert werden. Wichtig ist: Es muss zu einer Grundhaltung aller in der Schule – Kinder, Jugendliche, Pädagog:innen aber auch alle anderen Beschäftigten (Küche, Reinigung usw.) – werden, dass Kinder bzw. Jugendliche Rechte haben, alle miteinander respektvoll umgehen, einander auf Augenhöhe begegnen. Das Programm soll Kinderrechte im schulischen Alltag verankern. In Unicef-Kinderrechteschulen lernen Kinder und Jugendliche nicht nur ihre Rechte (besser) kennen, sondern sie erleben ihre Schule als einen Ort, an dem Kinderrechte gelebt und ernst genommen werden. Dadurch werden die Kinder dabei unterstützt, ihre Persönlichkeit besser zu entwickeln, sich zu artikulieren, Meinungen auszutauschen, diskutieren, um Kompromisse zu ringen und erleben vor allem, dass sie wahrgenommen und ihnen zugehört wird.

Gerade letzteres sei vor allem in der Anfangsphase der Pandemie massiv unterlassen worden, bedauerte der Unicef-Sprecher und ließ durchklingen, dass genau das der Grund war, jetzt dieses Projekt auch in Österreich zu starten. Ab 2023/24 sollen Schulen aus ganz Österreich einsteigen. Workshops für alle Beteiligten stehen am Beginn, die Umsetzung wird von externen Gutachter:innen überprüft, bevor es die Anerkennung als Unicef-Kinderrechteschule gibt.

die Leiterin des Menschenrechtsbüros der Stadt Wien Shams Asadi und der Direktor des Bildungscampus Donaufeld Richard Pregler
die Leiterin des Menschenrechtsbüros der Stadt Wien Shams Asadi und der Direktor des Bildungscampus Donaufeld Richard Pregler

Ganzheitlich

Das ganzheitliche Konzept der UNICEF-Kinderrechteschulen basiert auf einem mehrstufigen Prozess, in dem die praktische Umsetzung von Kinderrechten in der gesamten Schulgemeinschaft miteinander besprochen wird und von allen gleichermaßen respektiert und unterstützt wird. Gemeinsam mit Trainer:innen werden dazu in Workshops Maßnahmen erarbeitet, die am Schulstandort verwirklicht werden und mit einem besseren Schulklima sowie einer Bescheinigung (Zertifizierung) durch Unicef belohnt werden. Eine eigene Online-Plattform führt interaktiv und individuell durch mehrere Module wie Jugendbeteiligung, Nicht-Diskriminierung oder Gewaltprävention, um langfristig und kollektiv von diesem neuen Wissen zu profitieren.

Darüber hinaus soll aber auch versucht werden, das Thema Kinderrechte in die Diskussion um eine Reform der Pädagog:innen-Ausbildung einzubringen. Immerhin haben mittlerweile rund acht Volksschul-Durchgänge seit dem Beschluss der Kinderrechtskonvention stattgefunden – und viele Kinder nie davon gehört, dass ihnen Rechte zustehen.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Janusz Korczak und seine Kinder“, gespielt von Jugendlichen der Mittelschule St. Elisabeth (Wien-Leopoldstadt) beim internationalen Korczak-Symposium im April dieses Jahres in der Pädagogischen Hochschule Grenzackergasse (Wien-Favoriten)

Umdenken bei Erwachsenen nötig

Dass die Umsetzung vor allem ein Umdenken in den Köpfen Erwachsener erfordert, untermauerte der Unicef-Sprecher mit dem Zitat einer – namentlich nicht bekannten – Lehrperson aus Schweden aus einer der dortigen Pilotschulen: „Man denkt sehr häufig, das sind Themen, bei denen man die Kinder und Jugendlichen nicht in den Entscheidungsprozess miteinbeziehen kann. Aber das geht doch! Es bin vor allem ich selbst, der aus seinen eingeschliffenen Denkmustern ausbrechen muss. Die Frage ist die, wie wir die Rechte umsetzen und leben, über die wir so viel reden – damit die Schüler eben nicht das Gefühl bekommen, dass wir ihnen zwar sagen, sie haben diese und jene Rechte, aber am Ende organisieren, lehren und entscheiden wir ohnehin wieder alles auf unsere eigene Weise.“

Ist aber möglich…

Dass aber selbst unter schwierigsten Bedingungen Partizipation möglich sein kann, beweist nicht zuletzt der „Vater“ der Kinderrechte, der polnische Arzt und Pädagoge Janusz Korczak. Im Kinderheim im Freiluftgefängnis des Warschauer Ghettos im von den Nazis besetzten Polen, konnten die und 200 Kinder und Jugendlichen mitbestimmen.

Übrigens: Am internationalen Korczak-Symposium Ende April diesen Jahres, das an der Pädagogischen Hochschule in Wien-Favoriten stattfand und von der Rektorin eröffnet wurde, hat von Studierenden dieser Ausbildungsstätte für angehende Lehrer:innen niemand teilgenommen.

Kinderrechte in jedes Klassenzimmer

„Lieber Bundespräsident/ In meiner Schule ist Ihr Bild zu sehen. Und ich will, dass darunter in jeder Schule die Kinderrechte stehn!“ In Handschrift, versehen mit drei bunten Blumen, einem lächelnden Smilie und einem großen Stern, schrieb der 9-jährige Felix Mayr aus Innsbruck diesen Brief an Alexander Van der Bellen. Der ihn dann auch in seiner Schule besuchte – Kinder I Jugend i Kultur I Und mehr… berichtete – Link unten.

Das könnte doch wenigstens ein Anfang sein, damit alle in ihrer Schulzeit davon erfahren, dass sie Reche haben.

Follow@kiJuKUheinz

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