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Das Buch, der Autor - seitlich - und das Auditorium - von vorne
Das Buch, der Autor - seitlich - und das Auditorium - von vorne
28.08.2021

Ein Selbstmordattentäter verliebt sich – und beginnt das Leben zu lieben

Diskussionsrunde des afghanischen Buchklubs in Wien mit dem Autor des (auf Dari geschriebenen) Romans „Liebe und Selbstmord“, den nadir Shah Nazari vor einem halben Jahr in Wien veröffentlichte.

Ein potenzieller Selbstmordattentäter, der aus Liebe seine Tat stoppte – das ist im Kern die Story des dicken Roman „Eshgh va entehar“ (Liebe und Selbstmord) von Nadir Shah Nazari. Der in wien lebende Autor, der sein Erstlingswerk – auf Dari (einer der großen Sprachen Afghanistans) vor rund einem halben Jahre veröffentlicht hat, stellte sich Samstagvormittag einer Diskussionsrunde mit dem afghanischen Buchclub (der Interessengemeinschaft afghanischer Studierender und Schüler:innen, IGASUS) – und einem Interview mit Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr …

Nahib und Palwasha aus der im Südosten gelegenen paschtunischen Provinz Logar haben sich ineinander verliebt. Sie zieht mit ihren Eltern in die Hauptstadt Kabul, weil sie dort für ihre Tochter bessere Bildungs-Chancen sehen. Er bleibt, sein Vater wechselt ins Lager der Taliban, auch Nahib schließt sich ihnen an. Er meldet sich sogar für ein Selbstmord-Attentat. Die Mitter, die das mitbekommt ist verzweifelt. Ihr letzter Ausweg, sie fährt nach Kabul und bittet Palwasha um Hilfe. Ihr gelingt es, Nahib von seinem Plan abzubringen, er flüchtet auch in die Hauptstadt. Der Vater verübt das Attentat anstelle seines Sohnes.

Intensiv diskutierten – vor allem die Teilnehemer:innen der regelmäßigen Leserunden – untereinander. Großes Lob von vielen, durchaus heftige, freundlichst vorgetragene Kritik von anderen – an der Zeichnung der Charaktere, dem Wechsel zwischen Romantik und kriegerischer Sprache, bzw. dem Nicht-Angebot, sich in Figuren hineinzuversetzen. Der Autor gab nur zu bedenken, er habe bloß eine Geschichte erzählen wollen.

Weshalb er diese, so eine Geschichte erzählt hat, wollte der Reporter wissen. Nadir Shah Nazari, der selbst 1995 vor den Taliban – zunächst nach Pakistan und als diese auch dort auftauchten, meinte zum Reporter: „In Afghanistan herrscht seit Jahrzehnten Krieg. Dennoch gibt es auch unter solchen katastrophalen Umständen Liebe zwischen Menschen. Das hat mich interessiert. Daraus wollte ich eine Geschichte machen und die hat sich erst während des Schreibens entwickelt. Ich wollte schildern, dass es natürlich selbst unter Kriegsbedingungen alltägliche Gefühle wie Liebe geben kann – gleichzeitig aber immer auch viel Angst.“

Schon als kleiner Bub (in Ghazni) „wollte ich, noch bevor ich in die Schule ging, lesen und scheiben können, weil ich die Bücher verstehen wollte“, sagt der Autor. Aber selbst eigene Texte zu schreiben hat er erst mit ungefähr 25 Jahren – damals schon auf der Flucht in Pakistan – begonnen, in einem „Club für Demokratie, in erster Linie politische Texte“. Später begann er auch Kurzgeschichten zu schreiben und vor rund zwei Jahren an diesem Roman zu arbeiten.

Natürlich ist nicht nur für ihn die aktuelle Entwicklung in seinem Herkunftsland eine Tragödie, „meine Eltern leben nach wie vor in Kabul. Mein Bruder hat Angst, aus dem Haus zu gehen, bin ich doch schon vor mehr als 25 Jahren aus Afghanistan geflüchtet – wegen der Taliban und nun ist auch noch dieses Buch erschienen.“

Follow@kiJuKUheinz

PS: Modsha kheram, Khely, taskkür an Maryam Rashidi für die Übersetzung beim Interview.

Beitrag über den afghanischen Buchklub – damals noch im Kinder-KURIER

Noch ein Beitrag über den afghanischen Buchklub – damals noch im Kinder-KURIER

igasus