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Preisverleihung an Sabrina Myriam Mohamed - mit Moderatorin Jessica Beer und Stadt-Wien-Vertreterin Julia Danielczyk
Preisverleihung an Sabrina Myriam Mohamed - mit Moderatorin Jessica Beer und Stadt-Wien-Vertreterin Julia Danielczyk
22.12.2022

Ernste Themen jetzt auch mit Humor und Leichtigkeit

Gespräch mit Sabrina Myriam Mohamed, der 3. Preisträgerin der exil-Literaturpreise 2022.

In „all-inclusive“ verpackt die Gewinnerin des dritten der exil-Literaturpreise 2022 eigene Erfahrungen, die vielfach auch exemplarisch sind für Kinder mit Migrationsgeschichte (ihrer Elternteile) – wie zu lesen und sie im Gespräch mit Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… erzählt.

KiJuKU: Wie und wann hast du zu schreiben begonnen?
Sabrina Myriam Mohamed: Ich glaub, ich hab zuerst einmal Tagebuch geschrieben, klassisch, aber in der Schule hat mir das Schreiben von Aufsätzen auch immer Spaß gemacht. Außerdem hatten wir einmal in der Schule eine Schreibwerkstatt, da hab ich mich so richtig damit auseinandergesetzt.

KiJuKU: Noch in der Volksschule?
Sabrina Myriam Mohamed: Nein, schon im Gymnasium. Und bei den Erich-Fried-Tagen vom Literaturhaus hab ich dann in der 8. Klasse den 1. Preis gewonnen. Unser Deutsch-Lehrer hat uns als Klasse angemeldet und am letzten Tag vor den Weihnachtsferien gesagt: Es hat niemand was geschrieben, das ist urpeinlich. Und dann hab ich in den Ferien halt einen Texte geschrieben, obwohl in der achten Klasse – Vorbereitung auf die Matura, das war der Ur-Stress -, hab ich halt was geschrieben, aber danach nicht mehr daran gedacht. Dan ist eines Tages die Direktorin in die Klasse gekommen und hat gesagt, „es wurde die Short-List veröffentlicht, eure Klasse ist drauf, geht’s bitte hin.“

Aber ich hatte für den Führerschein die Nachtfahrt, einen Termin auf den man ewig wartet, also konnte nicht hin. Als ich danach das Handy wieder aufgedreht hab, fand ich die Nachricht von den anderen: Hey, du hast gewonnen!“

Dystopische Zwiebel

KiJuKU: Worum hat sich der Text gedreht?
Sabrina Myriam Mohamed: Das Thema war Utopie – Dystopie und das war voll mein Glück, weil ich zu der Zeit nur Jugendromane mit Dystopien gelesen habe. Der Text hat „Die Zwiebel“ geheißen.

KiJuKU: Was war das Dystopische an der Zwiebel?
Sabrina Myriam Mohamed: Es ging um einen Menschen, der in einem Raum aufwacht, der ein bisschen ausschaut wie ein Raumschiff. Da wo die Protagonistin oder der Protagonist – ich mag es, wenn die Figuren nicht immer so eindeutig geschlechtlich festgelegt sind – aufwacht, ist herum eine weiße kreidespur – wie oft bei Tatorten. Und dieser raumschiffartige Raum schaut aus wie eine Zwiebel. Ich war dann doch urfroh, damit gewonnen zu haben.

KiJuKU: Hat dich das dann bestärkt, weiter literarisch zu schreiben, oder hättest du das ohnehin gemacht?
Sabrina Myriam Mohamed: Es hat mich doch extrem bestärkt. In Deutsch war ich immer so mittelgut – kreativ ziemlich gut, aber mit vielen teilweise schweren Rechtschreib- und Grammatikfehlern, weshalb es fast nie für einen Einser gereicht hat. Ich bin halt auch sehr schlecht im Korrekturlesen, was bei Schularbeiten nicht so förderlich ist. Und für den Preis hat mich dann halt schon auch mein Professor gelobt.

Wusste damals nicht, dass es viele trifft

KiJuKU: Nun zu deinem jetzt ausgezeichneten Text: War das ein eigenes Erlebnis mit der ehemaligen Volksschullehrerin?
Sabrina Myriam Mohamed: Ja, aber ich wusste damals nicht, dass das so eine kollektive Erfahrung ist, dachte damals eher, das ist mein Einzelschicksal. Dass es viele trifft, hab ich erst später erfahren als ich mit mehr Leuten geredet habe, die auch Migrationsgeschichte haben. Bei „SAG’S MULTI“ (mehrsprachiger Redewettbewerb, den es heuer zum 14. Mal gibt, wo sie in der Organisation mitarbeitet) hab ich viele solcher Jugendliche getroffen, einige wollen deswegen auch Lehrpersonen werden, um für Schülerinnen und Schüler da was zu verändern, weil das Schulsystem sehr ungerecht ist.

KiJuKU: Und wie kam’s dann in deinem Text zu dem Bogen mit dem Istvan, der sich Tipps holt, ums ich aufzumascherln für die Vorstellung bei den Eltern seiner Schulfreundinnen?
Sabrina Myriam Mohamed: Das war die erste Stelle von dem Roman, den ich geschrieben hab (und der in der edition exil kommendes Jahr erscheint, Anm. d. Red.) und einer der Charaktere dieses langen Geschichte. Es ist ja eigentlich eine furchtbare Situation, dass er trainiert werden muss, Eltern der anderen kennen zu lernen, das sollte doch gar nicht notwendig sein, natürliches Verhalten müsste ausreichen. Er ist einer von mehreren Charakteren, um die sich die Geschichte des Romans dreht.

Ich hab ja schon vorher zwei Mal Texte bei diesem Bewerb eingereicht. Aber die waren alle sehr traurig. Irgendwann kam mir dann die Idee, das Traurige dahinter checkt man eh, da muss ich nicht noch einmal draufklatschen. Deshalb hab ich dann probiert, auch Humor in die Geschichten zu packen und eine gewisse Leichtigkeit. Ja, und das hat dann eben geklappt.

Teil eines Romans

KiJuKU: Das heißt, dieser Text, mit dem du heuer den 3. Preis gewonnen hast, ist „nur“ Teil des schon (fast) fertigen Romans?
Sabrina Myriam Mohamed: Ja, das hat begonnen mit ein paar Szenen, Kurzgeschichten bis ich gemerkt habe, ich schreib am liebsten über diese Charaktere. Das hat mir Ur-Spaß gemacht und dann bin ich halt bei diesen Typen picken geblieben und hab immer neue Szenen für und über sie geschrieben.

KiJuKU: Haben diese Charaktere reale Vorbilder oder sind sie Puzzles aus leibhaftigen Personen?
Sabrina Myriam Mohamed: Puzzles, es sind sehr viele Menschen, mit denen ich aufgewachsen sind, vor allem Volksschule und Unterstufe. Es sind teilweise reale Situationen, manchmal schon auch verändert. Und dann hab ich auch geschrieben, wie Freund:innen und andere Personen auf diese oder solche Situationen reagiert haben.

KiJuKU: Schreibst du dann immer, wenn du Situationen erlebst oder siehst, die in so eine Geschichte reinpassen könnten, Stichworte auf oder gleich die gesamte Szene?
Sabrina Myriam Mohamed: Stichworte im Handy, weil ich merk mir gar nix. Wenn ich mich dann hinsetz, um weiter zu schreiben, geh ich meine Stichwörter durch…

Nur, wenn’s Freude macht

KiJuKU: Für den Roman – hast du dir da einen Handlungsbogen skizziert oder zuerst einfach die Szenen und dann überlegt, wie könnten die wo zusammenpassen?
Sabrina Myriam Mohamed: Beides; es sind immer mehr Szenen geworden und irgendwann haben die dann auch zusammengepasst. Es gab schon eine Grundidee für die ganze Geschichte. Es sind fünf Freund:innen, die sich nicht so von anderen Personen unterscheiden und ich hab begonnen zu überlegen, warum würden Leute das lesen wollen. Irgendwann sind aber die Szenen so nahtlos ineinander übergegangen, dass es eine runde Sache wurde – mit tragischem Beigeschmack, weil sehr ernste Themen behandelt werden wie zum Beispiel Abschiebungen. Aber die sind eben relevant.

KiJuKU: Ist das jetzt deine Perspektive, literarisches Schreiben zum Beruf zu machen?
Sabrina Myriam Mohamed: Nein, ich hab Publizistik studiert, ich schreib extrem gerne auch literarisch. Aber wenn mein Einkommen davon abhängt, dann nein. Ich find auch, wenn darauf angewiesen ist, dann verliert man oft auch die Freude an einer Sache. Ich wer das – hoffentlich – immer nebenbei machen und nur dann, wenn ich Freude am Schreiben habe.

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