Kinder Jugend Kultur und mehr - Logo
Kinder Jugend Kultur Und mehr...
Ausschnitt aus dem Buchcover "Aufstand der Vergessenen" - die ganze Titelseite weiter unten über der Buch-Info-Box
Ausschnitt aus dem Buchcover "Aufstand der Vergessenen" - die ganze Titelseite weiter unten über der Buch-Info-Box
05.12.2023

„Möchten Eintrittskarten ins Leben!“

Jugendbuch: Ein Jugendlicher verlegt seine Kampfkraft vom Boxen auf jene gegen Armut und Ausgrenzung – gemeinsam mit anderen. Kinderarmut anhand von Einzelschicksalem begreifbar gemacht.

„Max tänzelte, deutete einen linken Haken an…“ in den ersten Sätzen der ersten Runde wie der Autor seine Kapitel nennt, erleben wir den Jugendlichen, der sich intensiv auf DIE Chance seines Lebens vorbereitet. Hart und diszipliniert trainiert – obwohl kein Frühaufsteher täglich um 5 Uhr aus dem Bett kommt, um seine Lauf-Runden zu drehen…. Der in drei Wochen anstehende Kampf um die Juniorenmeisterschaft wäre nicht nur der Traum von Berühmtheit, sondern auch der scheinbar einzige Weg aus Armut.

„Wie Faustschläge sprudelten die Sätze aus ihm heraus, während sich der Schweiß mit seinen Tränen mischte“ als Max au Kritik von Charly kontert: In den letzten Tagen ist leider viel passiert, Trainer. … Sie haben uns vorige Woche auf die Straße gesetzt.“

Aktion der BundesJugendVertretung gegen Kinderarmut im Dezember 2021
Aktion der BundesJugendVertretung gegen Kinderarmut im Dezember 2021

Raus aus der Anonymität von Zahlen

Robert Klement ist Autor von mehr als zwei Dutzend (29) Kinder und Jugendbüchern, darunter einigen zu brisanten Themen unter anderem über Flucht übers Mittelmeer „70 Meilen zum Paradies“ für das er 2007 (!) den österreichischen Jugendbuchpreis gewonnen hat oder „Halbmond über Rakka“ über Jugendliche die zum IS wollten. Sein jüngstes, kürzlich erschienenes Werk heißt „Aufstand der Vergessenen“ und dreht sich um Kinderarmut und Kampf dagegen. Wobei der vormaligen jahrzehntelange Hauptschullehrer in Niederösterreich im Interview mit Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… – am Ende der Buchbesprechung verlinkt – daran erinnert, dass Armut, soziale Ungleichheit in einer Reihe seiner Bücher schon Thema war. Aber diesmal stehen sie – und zwar Kinder, Jugendliche und Familien, die von Armut in Österreich betroffen sind – im Zentrum. Hin und wieder werden Zahlen genannt wie jedes vierte Kind betroffen oder 370.000 Kinder und Jugendliche. „Mir ist es darum gegangen, diese Kinder aus der Anonymität der Zahlen rauszuholen. In meinem Buch haben sie Namen, sie haben eine Sprache, sie haben individuelle Geschichten und Schicksale. Damit werden sie begreifbar.“

Robert Klement mit seinem jüngsten Buch
Robert Klement mit seinem jüngsten Buch „Aufstand der Vergessenen“ über Kinderarmut

Du bist nicht der einzige

Und das gelingt ihm – leider, wäre ja gut, wenn es nicht notwendig wäre – wunderbar. Zwar verschafft Trainer Charly dem 15-Jährigen – trotz finanzieller Schwierigkeiten – noch die Möglichkeit weiter in den Boxclub zu kommen, wenn er dafür putzt, aber als zwei Jungs ihn nach dem nächtlichen Putzen überfallen und sein Handy klauen wollen, setzt Max seine Schlagkraft ein. Und Prügeln außerhalb des Rings ist für den Trainer ein No-Go.

Ein Gedanke von Charly bleibt bei Max hängen: „Du bist nicht der einzige mit diesem Problem… ihr solltet euch zusammentun und auf euch aufmerksam machen… Ihr Jungen kennt euch doch bei diesem Social-Media-Kram bestens aus…“

Max und seine jüngere, aber größere, kämpferische Schwester Kim hängen oft in der Zentrale der Wiener städtischen Büchereien ab, weil es dort Gratis-WLAN gibt. Die beiden sind Teil einer kleinen Clique zu der noch Roland, genannt Rolli, sowie der Computer-Freak Samir, der lieber Sam oder Sammy gerufen werden will, gehört. Später gesellen sich die Zwillingsmädchen Mia und Maja dazu. Der Großteil der rund 100 leicht und flott zu lesenden Seiten spielt sich in den Sommerferien ab. Oft sitzen sie auf der breiten, hohen Freitreppe, die von der Bücherei hinunter auf den Urban-Loritz-Platz mit seinem Eingang zur U6-Station, zu einigen Straßenbahnen und zwischen den beiden dicht befahrenen mehrspurigen Straßen des Gürtels führt.

Grafische Plakate gegen Kinderarmut mit dem Slogan
Grafische Plakate gegen Kinderarmut mit dem Slogan „Armut ist kein Kinderspiel“

Noch schlimmer als keine Zukunft

In der Bücherei beginnen sie zu recherchieren, wie viele Kinder und Jugendliche in Österreich von Armut betroffen sind. Und hier entsteht dann auch die Idee: Es gibt Demos junger Leute insbesondere gegen den Klimawandel. „Sie behaupten, sie hätten keine Zukunft“, meinte Rolli zu den Klimaaktivisten. „Wir aber haben nicht einmal eine Gegenwart.“ Und so hecken sie den Plan einer Demo aus, erkundigen sich, wie man eine solche anmeldet, gehen zur Polizei – und erfahren, sie brauchen dafür wen, der älter als 18 Jahre ist. Max fragt den alten Herrn Schebesta, der ihm immer wieder gesagt hatte, Boxen könne das Gehirn schädigen und von alten Zeiten spricht, in denen er selbst gegen Ungerechtigkeiten gekämpft hatte. …

Nun, es kommt zur Demo – und davor viel Zuspruch in sozialen Medien. Ohne allzu viel zu verraten: Die Demo wird ein Riesen-Flop. Worauf die Idee entsteht, kurzzeitig eine der dichtbefahrenen Gürtelkreuzungen zu blockieren… Bei der Diskussion darüber, dass die Leute von Klimaklebern ohnehin schon angepisst seien, fällt der Satz: „Ich sehe absolut nichts Unrechtes an dieser Aktion… Das Unrecht geht vielmehr von den Erwachsenen aus, die es zulassen, dass 370.000 Kinder in Armut leben müssen.“

Diese Jugendlichen verlangten nur den ihnen zustehenden Teil vom Kuchen, der möglich wäre durch so etwas wie Kindergrundsicherung, finanziert durch Reichensteuern. So „nebenbei“ regte Kim der Begriff von der „Armutsfalle“ auf – „schließlich waren sie keine Tiere“.

Ob’s dazu kommt und wie das ausgeht, sei hier ebenso wenig gespoilert wie die Kapitel, pardon „Runden“, über Sarah Pribil, die Mutter von Max und Kim.

Statistiken zu verschiedenen Wirtschaftsdaten

Mut machende Beispiele

Dafür sei schon verraten, dass der Autor so manche durchaus erfolgreiche Proteste von Kindern und Jugendlichen in verschiedensten Gegenden der Welt – über Recherche der Protagonist:innen im Internet – als aufbauende Beispiele einfließen lässt, darunter in Brasilien gegen Kinderarmut und Morde an armen Kindern. „Max gefiel die Parole „A vida pede passagem“ – Ich möchte eine Eintrittskarte fürs Leben!“ Sie ließen sich dann zusätzlich eigene Slogans einfallen, unter anderem: „Kinderarmut ist nicht gut: Dafür kriegt ihr unsere Wut!“

Dass das Thema Kinderarmut noch immer ein insgesamt zu wenig (nicht nur) bei Entscheidungsträger:innen angekommen ist, zeigt nicht zuletzt die Tatsache, dass Klement dieses Buch in einem Self-Publishing-Verlag rausbringen musste, obwohl seine vorangegangenen 28 Bücher in mehreren bekannten Verlagen erschienen sind, manche mussten aufgrund des Erfolgs sogar mehrfach neu aufgelegt werden.

Follow@kiJuKUheinz

Hier unten geht’s zum Interview mit dem Autor

Titelseite des Jugendbuchs
Titelseite des Jugendbuchs „Aufstand der Vergessenen“ von Robert Klement
BUCH-INFOS

Text: Robert Klement
Titelbild: putzkersgrafikteam: Judith Kroboth/Ronald Putzker; Farbe: Soinja Melnyk
Aufstand der Vergessenen
98 Seiten
Buchschmiede – Selfpublishing Verlag
Hardcover: 19,50 €
Softcover: 10,50 €

Zu einer kurzen Leseprobe – zwei Seiten – geht es hier

Eine etwas längere Leseprobe – sechs Seiten – findest du hier