KiJuKU-Interview mit den Akribat:innen der Gruppe „White Angels“, sehr jungen Artist:innen aus der Ukraine beim derzeitigen Wien-Gastspiel von Circus Louis Knie.
Stanilsav Tkachenko (19), Alina Drygar (21), Artem Kolotukhin ()17), Tymofii Maliuk (17) und Yarik Deynega (17) treten – verstärkt durch jemanden von der Gruppe der Flying Henriquez als „White Angels“ im zweiten Teil des Programms mit dem der Circus Louis Knie derzeit in Wien gastiert, mit akrobatischen Kunststücken auf. Eine durch die ganze Manege reichende luftgepolsterte Matte dient als Anlauf, um mit teils Mehrfach-Salti auf der dicken Matte vor den mittleren Logen des Zirkus zu landen. Die lange Strecke nutzen die Artist:innen immer wieder aber auch schon da als Sprung„brett“ für Salti, Handstand-Überschläge und atemberaubende Sprünge – einer führt sogar durch einen brennenden Reifen.
KiJuKU: Sie sind alle sehr jung – zwischen 17 und 21 Jahre – seit wann sind Sie eine Zirkus-, eine Artist:innen-Gruppe?
White Angels (manchmal antwortet eine/r, dann wieder mehrere in einander ergänzenden Sätzen): Vor dem Krieg in unserer Heimat Ukraine hatten wir ein anderes Leben. Wir kommen nicht aus dem Zirkus, sondern aus dem Sport, wo wir in Wettbewerben angetreten sind, die meisten von uns in Akrobatik, manche auch in Gymnastik.
Als der Krieg im Februar 2022 begonnen hat, wussten wir, wir müssen weg. Einer aus unserer Gruppe hatte einen Coach, der einen Vertrag für ihn hatte – in Österreich. Und er fragte uns alle, ob wir mitkommen wollen. Er sagte sogar: „Wowh, wir fliegen sogar auf einen anderen Kontinent, sehen Kängurus… – weil er Austria mit Australia verwechselt hatte – worauf bei dieser Erzählung auch jetzt noch alle herzhaft lachen oder wenigstens schmunzeln.
KiJuKU: Waren Sie dann enttäuscht, dass Sie nur in Österreich gelandet sind?
White Angels: Zuerst schon, aber als ich den Vertrag hatte, hab ich sofort zu trainieren begonnen, nach und nach sind dann alle von unserer jetzigen Gruppe zusammengekommen.
KiJuKU: Und dann haben Sie diese Zirkusnummer erarbeitet? Sportliche Akrobatik für Wettbewerbe ist ja sicher etwas doch anderes als eine Show zu erarbeiten?
White Angels: Als wir zum Zirkus gekommen sind, konnten wir „nur“ springen – Lachen aller fünf folgt. Aber mit Hilfe eines Choreografen der Flying Henriquez haben wir aus unseren sportlichen Fähigkeiten eine Zirkusnummer erarbeiten können.
KiJuKU: War das schwierig, vom „nur“ Springen zu einem Show-Act zu kommen?
White Angels: Nicht schwer, aber es ist eine Erfahrung. Beim ersten Mal war’s schon sehr ungewohnt. Aber jetzt passt’s für alle Beteiligten.
KiJuKU: War die Zusammenarbeit von Ihnen fünf mit einem sechsten einer anderen Gruppe, von den Henriquez aus Chile schwierig?
White Angels: Nein, wir lieben es, im Team zu arbeiten, auch wenn wir vorher in sportlichen Wettbewerben eher auf Konkurrenz gepolt waren.
KiJuKU: War der Umstieg von Wettbewerb mit sicher weniger Publikum in die große Manege mit Hunderten Zuschauer:innen einfacher, weil Sie für so viele Menschen ihre Kunst zeigen oder sorgt es für mehr Aufregung?
White Angels: Zuerst war’s schwieriger, aber da wir jeden Tag Praxiserfahrung erleben wird’s immer leichter.
Aber einerseits bringt’s ein „Wowh, so viele schauen uns zu“: Andererseits ist’s auch ein bisschen beängstigend. Aber wenn du anläufst und springst, denkst du nur an die Nummer, nicht an das Publikum.
KiJuKU: Sind Sie alle aus derselben ukrainischen Stadt?
White Angels: Nein, Kriwoj Rog (südlich), Dnipropetrowsk (östlich), Cherson (südöstlich) und Kyjiw.
KiJuKU: Sie haben vermutlich alle Verwandte und Freund:innen in Ihren Heimatstädten. Sind Sie ständig mit diesen in Kontakt, um zu schauen und hören, wie es diesen geht? Und wie ist es, selber sicher zu sein und die sind in Gefahr.
White Angels: Wir telefonieren und schreiben sehr oft. Insbesondere, wenn wir in den Nachrichten sehen, dass diese oder jene Stadt gerade angegriffen wird.
KiJuKU: Überlagern diese ständigen Sorgen auch jedes Training, den ganzen Alltag?
White Angels: Es ist sehr schwer, aber bei unseren akrobatischen Übungen müssen wir das auch ausblenden. Aber wenn du aus der Manege gehst, auch wenn’s nur Backstage ist, du denkst ständig an Eltern, Geschwister und Freund:innen, die im Krieg leben müssen.
Krieg ist immer heftig! Aber deswegen können wir auch gar nicht in unsere Heimat, insbesondere die Jungs. Die 17-Jährigen werden bald 18, dann müssten sie zur Armee.
Clown Jimmy Folco – mit vielen Auftritten
The Flying Henriquez aus Chile auf dem Trapez
Ludmilla Valla-Bertini: Fuß-Jongleurin, unter anderem zwei brennende Reifen,
Nicole Berousek: Hula-Hoop-Jongleurin und Hundetrainerin (sechs verschiedene Hunde, die durch Reifen und über Hindernisse springen, tanzen usw.
Vioris Zoppis zeigt akrobatische Kunststücke in luftiger Höhe ebenso wie auf sehr rutschigem mit Wasser gefälltem Boden
BMX-Riders: Petro Kulishevych und Dmytro „Dima“ Bilokon
Akrobatik-Gruppe White Angels: Stanilsav Tkachenko, Alina Drygar, Artem Kolotukhin, Tymofii Maliuk und Yarik Deynega
Pferde-Nummer: Entweder Louis Knie himself oder wenn er nicht in Wien ist: Robert Stipka
Tänzer:innen
Bis 5. November 2023
Freitag/ Samstag: 15 und 19 Uhr
Sonn- & Feiertag: 11 Uhr und 15 Uhr.
Montag ist Familientag: 15 Uhr mit vergünstigten Preisen: Loge Mitte: € 15.- Block1, Block 2, Block 3: € 10.-
20. Oktober: Auftritt von Newcomer Flo Fin mit seinem Song „Boy Mistakes“
Neu Marx: 1030, Maria-Jacobi-Gasse
Anreise mit den öffentlichen Verkehrsmitteln: U3 Station Erdberg, Straßenbahn 18: Haltestelle St. Marx; 71er: Litfaßstraße (71); Bus 80A: Maria-Jacobi-Straße