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Szenenfoto aus "Bertha von Suttner. Ein Traum von Krieg und Frieden"
Szenenfoto aus "Bertha von Suttner. Ein Traum von Krieg und Frieden"
09.04.2025

„Die Waffen nieder!“ – doch hilft das heute?

„Lichtzeit.Ensemble spielt im Linzer Theater Phönix „Bertha von Suttner. Ein Traum von Krieg und Frieden.

In der Vor-Euro-Zeit zierte ihr Porträt von 1966 bis 1997 den 1000-Schilling-Schein (umgerechnet 72,67 €): Bertha von Suttner, erste Friedens-Nobelpreisträgerin 1905, Journalistin und Schriftstellerin, berühmt geworden nicht zuletzt für den Roman „Die Waffen nieder“ dessen Titel sich als Losung verselbstständigte (1889 veröffentlicht) in dem sie unter anderem die grausamen Folgen von Krieg drastisch schilderte.

Die in den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts geborene fiktive Fine sitzt an ihrem Laptop und versucht an ihrer Dissertation über diese berühmte Friedenskämpferin zu schreiben. Auf dem Tisch daneben einige Bücher Suttners. So beginnt das 1½-stündige Stück „Bertha von Suttner. Ein Traum von Krieg und Frieden“ des „Lichtzeit.Ensembles“ (Text und Regie: Paula Kühn) im Linzer Theater Phönix – im kleineren Raum auf dem Balkon.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Bertha von Suttner. Ein Traum von Krieg und Frieden“

Zweifel

Irgendwie kommt die „Studentin“ nicht weiter. Ihr Freund Sami will zum Militär. Nein, er sei nicht kriegslüstern, argumentiert er. Aber die aktuelle neue geopolitische Lage samt Bedrohungen der Werte wie Freiheit und Demokratie erfordere die Bereitschaft, diese auch zu verteidigen, zur Not auch mit militärischen Mitteln. Irgendwann fällt auch der Name des überfallenen Landes „Ukraine“.

Das blockiert Fine. Konsequent Kriege und Waffen ablehnen und dann sch… der eigene Lebensgefährt auf dieses Konzept. Und ist seine Argumentation nicht ganz so von der Hand zu weisen? Fine pendelt zwischen Zweifel und konsequentem Festhalten an ihrer Überzeugung. Doch passt diese noch in die radikal, ja extrem veränderte Zeit bzw. Weltenlage?

Innere Stimme

Da taucht Nergal auf, so etwas wie ihre innere Stimme, die immer wieder zu von ihr geäußerten oder auch nur gehegten Gedanken den Widerpart spielt. In dieser Anfangs-Sequenz führt er sie „zurück, an den Anfang“ und mit Hilfe eines äußerlich einfachen Tricks – Jacke weg, geblümtes Schaltuch her – verwandelt sich Stefanie Altenhofer von Fine in Bertha von Suttner. Und spielt so einige der Lebensstationen jener Bertha durch, die ihrer Zeit auch in Sachen eigenständiger Frau weit voraus war: Trotz eigener Heiratssehnsucht, zog sie Unabhängigkeit einer untergeordnete Rolle in einer Ehe vor. Von zweifelnd über betrübt, kämpferisch, wütend bis zu glücklich in ihrer nun erfüllten gleichberechtigten Liebe mit Arthur Suttner lässt Altenhofer jede der unterschiedlichen Emotionen spüren.

Jede und jeder switcht

Auch Simon Brader switcht gekonnt zwischen dem liebenden Arthur, der entgegen den Weisungen der wohlhabenden Frau Mutter, sogar die Familie verlässt, um mit Bertha zusammen zu sein, sowie Sami, der Fines Friedensüberzeugung für naiv und aus der Zeit gefallen hält. Fast ängstigend wirkt er in einer Szene, in der er eine Waffenübung für richtiggehend geil findet, viel besser als jedes Action-Computerspiel.

Irgendwie mit einem Hauch von nicht ganz fassbarem Geheimnis legt Michael Glantschnig die Rolle der inneren Stimme Fines an, überzeugt aber auch als Alfred Nobel und sorgt im einzigen Auftritt von Arthurs Mutter mit einem Pelzimitat um den Hals (Kostüme: Ronja Christof) für schmunzelnde Distanz zu dieser hoch„feinen“ Art.

Offenes Ende

Sehr cool ist, dass das Stück letztlich keine dogmatische Antwort gibt, sondern den Zweifel sensibler Menschen, das mit sich Ringen jeder und jedem Einzelnen überlässt. Und dennoch die Botschaft mit auf den Weg gibt mit Fragen wie, ob sich für den Frieden wirklich mit Waffen kämpfen lassen kann. Darüber hinaus redet das Stück trotz der aktuell schieren Aussichtslosigkeit dem Optimismus das Wort: Nicht aufgeben und wenigstens für die eine oder andere Hoffnung spendende positive Veränderung im Kleinen einzutreten, am besten selber zu sorgen. Aber es bleibt den Zuschauer:innen überlassen, was sie damit anfange oder daraus machen.

Übrigens: Heute findet sich Suttners Konterfei auf der Österreich-Vorderseite der 2 €-Münze. „Werte-Verfall“?

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Simon Brader, Paula Kühn (Autorin und Regisseurin), Stefanie Altenhofer und Michael Glantschnig
Simon Brader, Paula Kühn (Autorin und Regisseurin), Stefanie Altenhofer und Michael Glantschnig
INFOS: WAS? WER? WANN? WO?

Bertha von Suttner. Ein Traum von Krieg und Frieden

Lichtzeit.Ensemble

Text und Regie: Paula Kühn
Es spielen:
Fine / Bertha von Suttner: Stefanie Altenhofer
Sami / Arthur von Suttner: Simon Brader
Innere Stimme Fines / Alfred Nobel: Michael Glantschnig

Kostüme: Ronja Christof
Musik: Chili Tomasson
Dramaturgie: Gina Christof
Design: Bernhard Birngruber

Wann & wo?

9. April 2025; 19.30 Uhr
Theater Phönix: 4020 Linz, Wiener Straße 25
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Lichtzeit.Ensemble