Auftakt zur neuen Saison im Wiener Theater Drachengasse mit Humor bei „Jekyll & Hyde & alle ängstlichen Bedenken“.
Gut und Böse – unversöhnliche, unüberwindliche Gegensätze. Wer will schon die / der Böse sein? Einerseits. Aber sind nicht gerade die Bösen die für Bühne, Film, Literatur oder in Erzählungen die viel spannenderen Persönlichkeiten? Sowohl für Publikum als auch für Künstler:innen, die in diese Rollen schlüpfen (dürfen)?
Trägt nicht aber jede/r Elemente von beiden Seiten in sich? Wenn schon nicht ausgelebt möglicherweise „nur“ in Gedanken, in der Fantasie, vielleicht in Träumen?
Diese – und wahrscheinlich noch viel mehr Frage(n) könnten nach, eventuell sogar schon vor dem Besuch von „Jekyll & Hyde & alle ängstlichen Bedenken“ (Dorn ° Bering) im Theater Drachengasse in der Wiener Innenstadt durch den Kopf gehen.
Klar, schon allein aufgrund der beiden Namen im Titel schießt jene (welt-)berühmt gewordene vielfach auf Bühnen und in Filmen dramatisierte Novelle von Robert Louis Stevenson ein: „Der seltsame Fall des Dr. Jekyll und Mr. Hyde“. Der hochangesehene, gut- und offenherzige Arzt, der nächtens zum monsterhaften Mörder wird, war natürlich die Inspirationsquelle für das Duo, das schon mit anderen Projekten in diesem Theater gastierte. Mit „Anti-Storch“ über den „Punk der Lüfte“, den Waldrapp als Gegensatz zum weißen, „Babybringer“ Storch hatten sie 2018 den Nachwuchsbewerb gewonnen und vor zwei Jahren spielten sie hier „Fliegen ist die beste Superkraft“.
Nun also zerlegt das Duo die gespaltene Persönlichkeit. In schwarz-weißen Gewändern (Kostüme, Bühne: Mira König), die ein wenig an Schuluniformen erinnern, agieren Gesa Bering und Stephan Dorn auf einer minimalistisch ausgestatteten Bühne meist in Düsternis – und mit viel Humor (Dramaturgie: Benedikt Grubel). Das beginnt schon bei der Schilderung der drei Mal wöchentlichen Einladungen des 3-fach Doktors Jekyll in sein Haus. Am liebsten sei ihm, wenn sie wieder alle weg sind.
Die Verwandlung erfolge im Labor mit Hilfe eines rötlich, fruchtig wirkenden Saftes, zwischen sich und das Publikum, das im größeren Saal des Theaters Drachengasse auf zwei getrennten Tribünenhälften sitzt, klappen die beiden hin und wieder durchscheinende Wände aus. Legt sich da etwa eine Art Schleier der Wahrnehmung dazwischen, wenn es um Seiten einer Persönlichkeit geht, die nicht so gern gesehen werden (wollen)? Oder sollen diese einfach zum Verschwinden gebracht werden – mittels einer BöWeMa (Böses-Wegmach-Maschine) wie gegen Ende der kurzweiligen einstündigen Performance gewünscht wird. Oder geht es eher darum, dass das Böse zwar da ist, aber nicht gezeigt / gesehen werden soll?
… ist das Motto der neuen Spielzeit in diesem engagierten Innenstadt-Theater. Ist es die humorvolle, eher positive Stimmung, die das Spiel um Gut und Böse dieses Duos vermitteln will? Wie auch immer, unter anderem wird das Solo „Glückskind“ von Melike Yağız-Baxant, mit dem sie mittlerweile sogar in New York reüssierte, wieder aufgenommen. Über die weiteren Produktionen wird hier natürlich laufend berichtet werden.
differenziertes-spiel-ueber-weiss-und-schwarz <- damals noch im KiKU
von Dorn ° Bering
Text, Regie, Performance: Gesa Bering, Stephan Dorn
Dramaturgie: Benedikt Grubel
Bühne, Kostüme: Mira König
Regieassistenz: Tamira Kalmbach
Rechte bei Dorn°Bering
Bis 9. November 2024
Theater Drachengasse: 1010, Fleischmarkt 22 / Eingang Drachengasse 2
Karten-Telefon: 01 513 14 14
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