„Fest der Feinde“ von Kolletiv YZMA im Wiener Theater Drachengasse über den Wettlauf ins All und erbitterte Feindschaft zweier ehemaliger Hollywood-Größen.
Space Race, das Wettrennen ins All – aus der Zeit des Kalten Krieges zwischen den USA und der Sowjetunion, die ersterer mit dem ersten Menschen im Weltraum an Bord von Sputnik den gleichnamigen Schock verpassten, die dafür als erste den Mond betreten ließen. Und in der Gegenwart waren’s Elon Musk und Jeff Bezos, die einander einen neuerlichen Wettflug über die Erdatmosphäre hinaus lieferten.
Konkurrenz bis oder samt Gegnerschaft thematisiert „Fest der Feinde“ auf immer wieder auch sarkastisch-humorvoll bis witzige Weise – mitunter durch Lächerlich-machen sogenannter Tod-Feindschaften. Ohne jedoch das zugrunde liegende Problem zu verharmlosen. Die Gruppe YZMA (keine Abkürzung, sondern inspiriert von der gleichnamigen Filmfigur aus dem Film „Ein Königreich für ein Lama“, deren Schatten, abweichend von ihrer körperlichen Gestalt meist eine Katze ist) nennt die eigene Stückentwicklung in diesem Fall „eine Sabotage“.
Dieses sechste gemeinsam von Schausspieler:innen, Autor:innen, Regie, Musik, Bühne usw. von YZMA im Wiener Theater Drachengasse erarbeitete Stück arbeitet unter anderem mit eingespielten Videos alter Schwarz-Weiß-Filme bzw. im Stile solcher neu gebauten Film-Sequenzen (Video: Moritz Geiser). Feindschaft wird spielerisch personalisiert vor allem in den Figuren zweier einstiger Hollywood-Größen, Bette Davis und Joan Crawford. Ihre Feindschaft füllte vor allem die Klatschspalten, die sich zu vielseitigen Strecken auswuchsen, der sogenannten Yellow Press, bzw. nicht nur der Boulevardmedien.
Jene, die den Film kennen (gestehe ich nicht) sagen, dass dies offenbar nicht nur aufgebauschte Geschichten waren, sondern in dem einzigen gemeinsamen Streifen „Was geschah wirklich mit Baby Jane?“ (1962), den Robert Aldrich drehte als die Karrieren der beiden mehr oder minder schon zu Ende gegangen waren, sehr sicht- und direkt spürbar gewesen sei.
Im „Fest der Feinde“ werden sie zu Bebi Bette Blanche und Krista Kool Kraftwood (Text: Milena Michalek und Ensemble), in deren Rollen Schauspielerinnen abwechselnd schlüpfen. Wenngleich die Feindschaft demaskierende Grundhaltung des Stücks als Ebene immer wieder mitschwingt, erschrecken manch eskalierende Szenen dann doch (Suse Lichtenberger, Michaela Schausberger, Johanna Wolff). Als vierter im Bunde hat der Livemusiker Karl Börner neben eingespielten Keyboard-, Gitarren- und Akkordeonstücken immer wieder Live-Auftritte auch als Schauspieler auf der Bühne mit ihrer Alk-Regal-Drehtür, marmorierten Podesten und einem geheimnisvollen Schrank (Bühne, Kostüme: Andrea Simeon).
Trotz aller Drastik sorgen die Inszenierung (Regie: Florian Haslinger) immer wieder für so manche Lacher im Publikum – „geschuldet“ so manchem Wort- und viel Spielwitz. Beide gehen weiter über den Konflikt der beiden Hollywood-Stars hinaus – hinein in „kalten Krieg“ und andere politische Konflikte. Kann Konkurrenz sogar Fortschritt, Weiterentwicklung bedeuten? Oder wie es die Autorin Milena Michalek in einem Text zum Stück formulierte: „/vielleicht besteht der versuch von fest der feinde ja darin, aus dem material der coolen und kalten Kräfte etwas – ja: warmes und uncooles zu machen. weil dann irgend- wie doch die hoffnung besteht, dass es diese kräfte sind, die so etwas wie zukunft versprechen.“
Könnte aber auch so interpretiert werden, dass die „Anbetung“ der Feindschaft als der Mensch ist von Grund auf böse, „Konkurrenz belebt das Geschäft“ das speziell durch den Neoliberalismus verbreitete Menschenbild befördert. Und konnte nicht die Menschheit insbesondere in ihren Anfängen nur durch Zusammenwirken, Kooperation überleben? Braucht sie diese nicht heute mindestens genauso? Und wäre es nicht genau eine „Sabotage“ an dieser Notwendigkeit?
Genauso gut kann es sein, dass gerade dadurch, dass es kein Happy End in diesen Richtung gibt, die gefeierte Feindschaft als These abgelehnt und verworfen wird. Auch das ist eine hintergründige Ebene in diesem Stück, das noch bis Ende Mai zu erleben ist.
Eine Sabotage von YZMA
Regie: Florian Haslinger
Text: Milena Michalek und Ensemble
Es spielen: Suse Lichtenberger, Michaela Schausberger, Johanna Wolff, Karl Börner
Bühne, Kostüme: Andrea Simeon
Livemusik: Karl Börner
Video: Moritz Geiser
Bühnenmalerei: Julian Turner
Kampftraining: Thomas Freudl, Daniel Matri
Special Effects: Diego Andrés Rojas Ortiz
Regieassistenz: Juliane Aixner
Ausstattungsassistenz: Mirjam Miller
Rechte bei YZMA Theaterkollektiv
Bis 31. Mai 2023
Theater Drachengasse: 1010, Fleischmarkt 22/Drachengasse 2
Telefon: 01 512 13 54
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