Schräges Spiel um „soll so sein wie immer“ vs. „es muss sich was (ver-)ändern“ im Vestibül des Burgtheaters.
Vor einer riesigen orangefarbenen Hügellandschaft und einem weniger breiten lila Hügel spielen eine Luft-Gitarristin mit zwei Alien-artigen Plüschfiguren, die sie auf ein Fake-Keyboard setzt, sowie eine später dazukommende Schnecken-Darstellerin eine ziemlich schräge Geschichte: „Tragic Magic Today oder Was machen Schnecken, wenn sie sich erschrecken?“ im Vestibül des Wiener Burgtheaters – seit der neuen Intendanz verstärkt in der Kurzform „Burg“ genannt.
Die blau gekleidete Janna Pinsker an der imaginären Gitarre kündigt ziemlich euphorisch die Performance eines, nein DES Songs dieser ungewöhnlichen Band an. Die Hügel spielen ebenso mit wie sieben kleine grüne auch ein wenig Alien-artige Stoff-Figuren auf einem blinkenden Teil eines Schlagzeugs. Und das Publikum soll ausrasten – aber vorerst eher fast auf Befehl – per Handzeichen der Musikerin.
Die rot gewandete Schnecken-Darstellerin – beim Besuch von Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr bei einer vormittäglichen Schulvorstellung Wicki Bernhardt (bei anderen Vorstellungen Caroline Creutzburg) – zieht kriechend ihre Runden. Ebenso immer gleich wie die Luft-Gitarristin in ihren Bewegungen – und die aus dem Off kommende Stimme der Hauptsängerin Frau Bernhardt, einem großen Stoff-Fantasie-Insekt.
Die beiden genannten Performerinnen, die sich die Show ausgedacht und auch inszeniert haben, ließen sich von der Musikerin Laura Landergott eine Coverversion von Bruce Springsteens „Dancing in the Dark“ schreiben (auch wenn das weder im Programmheft noch auf der Website bekannt gegeben wird). Diese Nummer spielen sie immer und immer wieder gleich – mehrmals. Beginnt irgendwann langweilig zu werden.
Da taucht auch schon vom Eingang her eine dritte Person auf und versucht ein großes Plakat auf einer Art Einkaufswagerl in den Saal zu schieben: Die Veränderung steht in riesigen Buchstaben drauf. Keine Chance, sie wird von der Performerin hinausgedrängt. Sie will den Song so und genau so und nur so wie immer und sicher nie anders vortragen. Die Schnecken-Darstellerin zeigt sich da eher offen dafür, es einmal auch anders zu interpretieren. Doch ihre Kollegin ist die dominantere. Noch.
Klar, dass sich was tun wird, soll und muss in der „tragischen Magie heute“ – würde das Publikum wahrscheinlich sonst noch unruhiger werden lassen. Auf Stimmen bis dahin wurde ohnehin kaum reagiert. Und außerdem ist „Tragic Magic Today“ (tragische Magie heute) so angekündigt: „In dieser Performance dreht sich alles um Veränderung“.
Und so probieren – im dritten Anlauf wird die Veränderung – doch auf die Bühne geschoben (am Tag des KiJuKU-Besuchs von Jojo Lämmel). Der Song wird nun einmal ur-laaaaaaaaangsam gesungen und getanzt, was klarerweise die Schnecke total liebt. Dann im Zeitraffer, dann einmal mit auf deutsch übersetztem Text. Irgendwann dazwischen hauen die sieben schlagzeugenden Stofftiere per Flug-Angel ab, der orangefarbene Hügel, der gern eine Wolke wäre, schwebt nach oben – samt Gewittergeräuschen und Lichtblitzen…
Die mehrfachen Veränderungen reißen auch das Publikum (wieder) mit, was die jungen Besucher:innen am Ende mit – spontanen eigenständigen (und nicht mehr Ausrasten auf Handzeichen) „Zugabe!“-Rufen belohnen. Und nach Rücksprache mit der Technik auch bekommen.
von Pinsker+Bernhardt mit dem Theater an der Ruhr/Mülheim und dem FFT Düsseldorf
Familienstück mit Menschen und Objekten
Ab 6 Jahren; eine Stunde (keine Pause)
Regie: Pinsker + Bernhardt
Künstlerische Zusammenarbeit: Caroline Creutzburg
Schnecke: Wicki Bernhardt (alternierend mit Caroline Creutzburg)
Luft-Gitarristin: Janna Pinsker
Kurzzeitige Auftritte (Komparserie): Jojo Lämmel (alternierend Serina Wieser)
Bühne und Kostüm: Giovanna Bolliger
Musik: Laura Landergott – Coverversion von Bruce Springsteens „Dancing in the Dark“
Licht: Patrick Faurot, Enrico Zych
Ton: Andreas Zohner, Rana Donat
Bühnentechnik: Manfred Widmann
Requisite: Edoardo Nobile
Regie-Assistenz: Serina Wieser
(Vormittags-/Abend-)Spielleitung: Mira Traxler
Bis 28. Dezember 2024
Burgtheater, Spielort Vestibül:
1010, Universitätsring 2
Telefon: 01 51 444 4545
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