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Alexandra Pâzgu, Rhea Krčmářová, Patty Kim Hamilton und Thomas Perle
Alexandra Pâzgu, Rhea Krčmářová, Patty Kim Hamilton und Thomas Perle
24.06.2023

Vom Mundhimmel und der Strandcreme

Diskussionsveranstaltung über „mehrsprachige schreiben“ beim aktuellen Dramatiker:innen-Festival in Graz.

Zwei Tage vor der Preisverleihung der 14. Auflage des mehrsprachigen Redewettbewerbs „SAG’S MULTI!“ für Schüler:innen aus ganz Österreich im Wiener Rathaus, widmete sich auch das Dramatiker:innen-Festival in Graz der Vielsprachigkeit. Zur Diskussion und Vorstellung von Texten lud der mit Rumänisch, Ungarisch und Deutsch – und zwar einem „teitschen“ Dialekt, dem Wischaudeutsch – aufgewachsene Autor Thomas Perle seine Kolleginnen Patty Kim Hamilton, Rhea Krcmárová und Alexandra Pâzgu ein.

Letztere ist mit dem Text „Blauer Zug“ für den diesjährigen Retzhofer Dramapreis, der am Ende des genannten Festivals in Graz vergeben wird, nominiert. Ersterer feierte mit seinem Stück „karpatenflecken“, in dem „seine“ drei Sprachen vorkommen, beim vorjährigen Festival seine Österreich-Premiere.

Alexandra Pâzgu, Rhea Krčmářová, Patty Kim Hamilton und Thomas Perle
Alexandra Pâzgu, Rhea Krčmářová, Patty Kim Hamilton und Thomas Perle

Patty Kim Hamilton schreibt am liebsten auf Englisch, aber auch Deutsch wobei sie schon in die Diskussion den Aspekt einbrachte, dass sich nicht alles immer übersetzen lässt, jede Sprache andere Farben, Melodien und auch Rhythmen hat. Elterlicherseits bringt sie Koreanisch und Irisch mit. Mit Ersterer verstand sie im Stück „mauern“ von She She Pop im Grazer Schauspielhaus die Original-Video-Passagen von Jahye Khoo als eine der ganz wenigen im Publikum, aber sie könne es nicht sonderlich gut sprechen, meinte die Autorin, die einen abwechselnd Englischen und Deutschen Auszug aus ihrem nächsten Stücktext „Schmerz Camp“ fürs Theater Bremen las.

Rhea Krčmářová näherte sich dem Tschechischen und Slowakischen erst später wieder an, nachdem sie die Sprache als junges Kind in Wien ablehnte. Mit ihren Eltern, Mit ihren Eltern, die sich im Umfeld der Charta 77 für demokratische Reformen in der damaligen Tschechoslowakei den Rauswurf aus dem Land einhandelten, blieb als Antwort auf die Ablehnung eben die Ablehung der Sprache(n) dieses Landes. Sie las aus ihrem Erzählband „Böhmen ist der Ozean“, in dem sie sich auf die Suche nach Spuren ihrer Vergangenheit macht.

Alexandra Pâzgu, Rhea Krčmářová, Patty Kim Hamilton und Thomas Perle
Alexandra Pâzgu, Rhea Krčmářová, Patty Kim Hamilton und Thomas Perle und Edith Draxl, künstlerische Co-Leiterin des Dramatiekr:innen-Festivals

Inszenieren mit Übertiteln, alles übersetzen? Vielleicht auch Einflüsse der einen auf andere Sprache, die manche als Fehler bezeichnen würden, die aber ungemein viel Poesie enthalten, doch beibehalten. Alexandra Pâzgu nannte als Beispiel „Strandcreme, weil Sonnencreme so im Rumänischen heißt“ und Thomas Perle zitierte die Literaturnobelpreisträgerin Herta Müller und ihr Wort vom „Mundhimmel“, das in vielen Beiträgen über diese Autorin genannt wird. Um wieviel mehr eröffnet dieses doch als jenes Wort, das sonst dafür im Deutschen verwendet wird „Gaumen“?!

Aber es ist ja auch so, dass in der ureigenen Sprache nicht immer alles verstanden wird. Ist Mehrsprachigkeit überhaupt wirklich schon im Theaterbetreib anerkannt. Gibt es nicht immer noch eine Hierarchie von Sprachen? Diese und noch viel mehr Fragen wurden aufgeworfen, angerissen – jedenfalls aber mit dieser Diskussionsveranstaltung immerhin thematisiert.

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Compliance-Hinweis: Das Dramatiker:innen-Festival in Graz hat Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… für drei Tage zur Berichterstattung eingeladen.