Kinder und Jugendliche haben 67 Projekte ausgewählt. Nun können alle jungen Menschen in Wien – bis 20 Jahre – über die Aufeilung von einer Million Euro online abstimmen.
Eine „Schulstraße“ (Spiel- und Lernstraße) beim Diepoldpark (Wien-Hernals), ein Dirtpark/Pumptrack auf der Donauinsel, ein ganzjähriges, überdachtes Parklett in der Kastnergasse (17. Bezirk) – das sind drei von 67 Projekten, die von den ersten Kindern und Jugendlichen die meisten Punkte bekommen haben. Am Dienstag, 20. September, einem der Weltkindertage – siehe dazu auch einen Bericht über die verschiedenen dieser Tage in einem der Links unten -, begann die große – bis 12. Oktober 2022 laufende- Abstimmung.
Eine Million Euro stellt die Stadt Wien für die Verwirklichung jener Projekte zur Verfügung, die beim Online-Voting die meisten Stimmen bekommen. Darunter befinden sich etliche Spielplatz-Ausbauten, Skatemöglichkeiten, aber auch breitere Gehsteige, USB-Ladestationen, freies WLAN, mehr Fühlstreifen für Blinde, Rutschen und andere Spiel- und Sportmöglichkeiten für Kinder aller Behinderungen oder ein KPop-Festival…
Kinder der inklusiven Montessori-Schule „Holly go Lightly“ (Wien-Hernals) hatten unter anderem die hier am Anfang genannte Idee eingebracht. „Wir haben in der Schule darüber geredet und würden gern – nicht nur für uns, sondern auch für andere Schulen – eine Straße haben, die für Autos gesperrt ist, wo wir spielen, aber auch lernen können. Eine Tafel soll dort sein und bei Schönwetter hätten wir Unterricht im Freien“, erzählen Noelia und Melissa dem Reporter. „Zuerst wollten wir ein Baumhaus, aber das kann ja einen Baum verletzen und dann sind wir auf diese Idee gekommen.“
Es war dies eines von 250 eingereichten Projekten von Kindern und Jugendlichen. Aus diesen wählten junge Delegierte des Kinder- und Jugendparlaments gemeinsam mit Mitarbeiter:innen der Stadt Wien, die auch berechnen ließen, welches Projekt wie viel kosten würde, 67 Projekte aus. Diese stehen nun unter dem Motto „Dein Wien for Future“ zur (Online-)Abstimmung.
Bevor mehr als ein Dutzend Kinder und Jugendliche (6 bis 12 Jahre) der genannten Schule, die auch fotografiert und gefilmt werden durften, die erste Auswahl trafen und diese mit Christoph, dem Wiener Vizebürgermeister und Stadtrat für Kinder, Jugend, Bildung, Integration sowie zwei Gemeinderätinnen – Marina und Dolores -, besprachen, hatten sich rund 100 weitere Kinder und Jugendliche im Europahaus am Rande von Wien-Penzing versammelt. Sie diskutierten Maßnahmen der Kinder- und Jugendstrategie – in deren Rahmen auch die nunmehrige Abstimmung erfolgt, deren Ergebnisse beim dritten Plenum des Kinder- und Jugendparlaments am 17. Oktober 2022 im Wiener Rathaus.
Zurück zu den ersten Entscheidungen – die mit symbolischen Geldscheinen ausgewählt worden sind und nachträglich ins Online-Abstimmungstool eingetragen werden. Paul (8) bekommt glänzende Augen als er von seinem Lieblingsprojekt erzählt für das er gevotet hat, den Dirtpark samt Pumptrack auf der Donauinsel. „Ich selber fahre Rad, Roller und Skateboard. Der Parcours soll aber auch für Rollstuhlkinder sein“, fügt er noch hinzu.
Die inklusive Schule fördert offenbar ganz „automatisch“ das Miteinbeziehen von Menschen mit Behinderungen. Seine gleichaltrige Kollegin Sophie hat gleich bevor es um die konkreten Projekte ging, eingangs gemeint: „Es geht auch darum, etwas für andere zu tun“. Ausführlicher erläutert sie das im Interview mit Kinder I Jugend I Kultur I und mehr …: „Es funktioniert ja nichts, wenn nicht alle zusammenhalten. Wie sollen wir sonst was gegen die CO2-Katastrophe tun?“ Sie habe „dieses Gefühl auch für andere schon immer gehabt, bestärkt worden bin ich dann als wir in der Schule ein neues Kind bekommen haben, das nicht einmal seine Eltern kennt. Dann hab ich mir gedacht, ich kann ihr vielleicht Mut machen, dass sie sich bei uns wohlfühlt und wir zusammenhalten.“
In ihrer Freizeit „schau ich am liebsten Tieren zu, wie die kommunizieren“. Ihr Lieblingsprojekt für das sie gestimmt hat und das 210.000 Euro kostet ist – wie für viele ihrer Kolleg:innen – die „Schulstraße“.
Der Auftakt zur Abstimmung fand rund drei Jahre nachdem – damals am 30. Geburtstag der Kinderrechte (20. November 2019) im Wiener Rathaus 230 Kinder und Jugendliche den Abschluss der riesigen Mitbestimmungsaktion Werkstadt Junges Wien gefeiert hatten – statt. Das Kinder- und Jugendparlament sowie Geld für Projekte über die Kinder und Jugendliche selbst bestimmen dürfen, ist eines der Ergebnisse dieser großen Partizipationsaktion, an der sich damals rund 22.500 Kinder und Jugendliche beteiligt hatten.
Wie’s um die meisten der damals 230 vorgeschlagenen Maßnahmen steht – auch das soll unter die Lupe genommen werden. Was nicht immer einfach werden dürfte. So hat Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr … vor eineinhalb Monaten in Sachen konkreter Vorschläge im Bereich der Wiener Linien dort mehrfach nachgefragt, aber … naja. Konkret hatten Kinder vor drei Jahren vorgeschlagen, es sollte in den Öffis an den senkrechten Stangen oder bei den Sitzen Haltegriffe in Kinderhöhe geben.
Reportage über die Diskussionen in einer Wiener Volksschulklasse im Rahmen von Werkstadt Junges Wien
Bericht vom Abschluss von Wekrstadt Junges Wien im Rathaus – am 20. November 2019