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Doppelseite aus dem Kinderbuch "Keke"

Du kannst mit deinen Flügeln genauso gut fliegen wie alle anderen!

„Der Tag fing damit an, dass Papa sein Handy ins Aquarium geworfen hat.“ Der erste, doch eher action-reiche Satz ist aber praktisch das einzige Drama des rund 100-seitigen – mit etlichen einfachen, teils bunten, Strichzeichnungen bereicherten – Romans namens „Keke“. Abgesehen von diesem doch eher ungewöhnlichen Auftakt schildert Autorin und Illustratorin Klara Kapprell in ihrem leicht lesbaren Erstlingswerk einen eher unaufgeregten Tag eines Kindes.

Der Vater, so stellt sich gleich nach dem ersten Satz heraus, hatte das Uralt-Handy in die Fisch-Behausung geschmissen, weil es nervig piepte und macht sich – mit Keke – auf den Weg zum Elektromarkt, um ein neues zu besorgen. Dabei erleben sie in der Bahn einen Musiker, der die Menschen aufheitert, nachdem die Bahn einen unfreiwilligen Stopp im Tunnel einlegen muss, die Absage des Handy-Kaufs und den Rückweg nach Hause zu Fuß.

Ein bisschen ungewöhnlich vielleicht noch, das Klingeln an einem Wohnhaus, weil Keke dringend aufs Klo muss und die anfangs unheimlich anmutende Begegnung mit Frau Edda und Hannelore Brünn, die doch öffnen, um Keke Erleichterung zu verschaffen. Ansonsten noch Einkauf im Gemüse- und Obstladen der Yıldırıms, abendliches Picknick im Garten usw.

„geheim!!!“

Ein kleines „Geheimnis“ zieht sich noch durch die Geschichte. Keke muss unbedingt noch eine Blechbüchse mit der Aufschrift „geheim!!!“ auf die Fahrt zum Elektromarkt mitnehmen. Aus der zieht sie immer wieder einen Flyer – legt ihn zum Beispiel dem Musiker auf seinen Gitarrenkoffer. Nach und nach wird das Geheimnis dann doch gelüftet: Keke und andere Kinder laden zum Verkauf selbstgemachter Limonade ein, weil sie Geld für … – nein, sei hier nicht verraten, kommt im Buch recht spät heraus. So wie übrigens, dass das erzählende Kind Keke heißt im Text erstmals auf Seite 82 vorkommt – allerdings gleich zu Beginn in der Zeichnung, bevor die Geschichte überhaupt beginnt – und im Titel des Buches – aber da lässt sich’s nur vermuten, dass das der Name der Hauptfigur ist.

Titelseite des Kinderbuchs
Titelseite des Kinderbuchs „Keke“: Die Wohngemeinschaft rund um Keke

Vielfalt

Die Normalität wird hin und wieder durch kleine Erlebnisse aufgelockert, wie das Erlernen des Faltens von Papierkranichen durch Paolo im Eisgeschäft. So nebenbei erzählt die Geschichte, dass Paolo mit dem Besitzer des Ladens, Andrea, verheiratet ist. Diversität scheint ein zentrales Anliegen der Autorin und Illustratorin zu sein, wird das Buch doch angepriesen als „durch die neugierigen Augen eines genderneutralen Kindes“ erzählt. Das wird auch ganz am Ende auf der vorletzten Textseite explizit angesprochen, wo Keke den Papa fragt: „Denkst du, wenn wir keine Menschen, sondern Zauberkraniche wären, dann wäre es ganz egal, ob man ein Junge, ein Mädchen oder ein Junge und ein Mädchen ist?“

Verbieg dich nicht

Wobei die ganze Geschichte auch bis dahin gut funktioniert hat, ohne zu wissen, welches Geschlecht Keke hat oder es sich um ein non-binäres Kind handelt. So wirkt es ein wenig mit dem erhobenen pädagogischen Zeigefinger draufgesetzt – einerseits. Andererseits regt es vielleicht am Ende doch zum Diskutieren oder wenigstens Nachdenken darüber an und endet (fast) natürlich mit dem tröstlichen Satz, der sich nicht nur auf Geschlechterfragen bezieht: „Du musst nicht so sein, wie andere es von dir erwarten, Keke. Du musst nur du selbst sein.“

Wobei die Autorin dies Seher Yıldırım (Nichte der Ladenbesitzerin) schon viele Seiten davor und noch dazu viel poetischer sagen lässt: „Verbieg dich nicht, küçük kuş (kleines Vögelchen). Du kannst mit deinen Flügeln genauso gut fliegen wie alle anderen!“

PS: Vielleicht ließe sich bei einer weiteren Auflage der Satz der Astrophysikerin Hannelore Brünn, dass die Sonne der Mittelpunkt des Weltalls ist (Seite 61) doch richtigstellen.

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Titelseite des Kinderbuchs
Titelseite des Kinderbuchs „Keke“