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Szenenfoto aus "Vatertag" im Theater Forum Schwechat

Lachsalven über Parodien auf Klischees und Schimpfwortkanonaden

Szenen-Applaus schon in den ersten Spielminuten – bei bemüht vorgetragenen Gedichten unter großen einem Lebkuchen nachempfundenen Herzen ebenso wie beim wie tiefe Hackeln fliegenden von Schimpfwörtern gespickten Streit zwischen Gäst:innen in einem Lokal bei der Premiere des neuesten Stücks, einer Eigenproduktion im Theater Forum Schwechat.

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Szenenfoto aus „Vatertag“ im Theater Forum Schwechat

Aus dem „M“ im großen braunen Herzen im Bühnenhintergrund wurden der erste und der letzte Strich weg-gekletzelt, das „u“ erhielt einen roten Bogen oben und einen Strich daneben, weiters wurde ein „t“ abgekratzt – so wurde aus Mutter- ein Vatertag – vom Schriftbild her und bewusst gewollt, irgendwie zurecht gebastelt.

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Szenenfoto aus „Vatertag“ im Theater Forum Schwechat

Im Vorjahr hatte dieses Theater (übrigens nur wenige Gehminuten von der S-Bahn-Station gleichen Namens, vorletzte Station vor dem Flughafen) anlässlich des 30. Geburtsages des zum Kult gewordenen Films diesen (wieder wie ursprünglich) auf die Bühne geholt. Wurde zum Renner. Praktisch jede Vorstellung ausverkauft. Und nicht wenige Fans, die offenbar den Film mehr als nur in Mal gesehen hatten, konnten so manche Dialoge auf der Bühne im Publikum mitsprechen.

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Szenenfoto aus „Vatertag“ im Theater Forum Schwechat

Schon damals hatte das Theater angekündigt: 30 Jahre Frauen-Klischees, die schon durch den Kakao gezogen wurden, seien genug: „Die Frauen schlagen zurück, nächstes Jahr spielen wir Vatertag“ – samt Premieren-Termin eine Woche vor dem Muttertag.

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Szenenfoto aus „Vatertag“ im Theater Forum Schwechat

Fünf Spieler:innen – fast drei Dutzend Rollen

Mit einem großen, schmerzhaften Hindernis in der Arbeit daran. Der damalige Regisseur Andy Halwaxx starb völlig unerwartet im Dezember – eine Woche davor war er zur Vorbesprechung im Theater Forum. Und so musste das Theater und der Regisseur, der schon oft hier inszeniert hatte, Marius R. Schiener, einen Pakt mit dem Teufel eingehen, um „Vatertag“ zu stemmen – mit zum Teil ganz neuen Mitwirkenden.

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Szenenfoto aus „Vatertag“ im Theater Forum Schwechat

Die vielen Figuren (35, wenn ich mich nicht verzählt habe) – von nur fünf Schauspieler:innen mit andauernden Rollenwechseln verkörpert – orientieren sich weitgehend am „Muttertag“-Personal. Alle Personen, die Valerie Bolzano, Randolf Destaller, Michelle Hadyn, Manuela Seidl und Bálint Walter (alphabetische Reihenfolge) meist zum Zerkugeln als Karikaturen von Prototyp:innen darstellen, unten in der Infobox. Sie alle in den Text einzubauen würde eher zur Verwirrung beitragen. Natürlich ist das doch in kurzer Zeit aus dem Boden gestampfte Stück nicht derart ausgereift wie der erst auf der Bühne, dann zum Film und schließlich wieder auf die Bühne gebrachte „Muttertag“.

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Szenenfoto aus „Vatertag“ im Theater Forum Schwechat

Marktwert der Oma

Allerdings haben hier – wie versprochen als zurück schlagen – die Frauen das Kommando. Der Willi ist in dem Fall aber nicht der Hamster auf den sich der Opa gesetzt hat – mit den begleitenden Worten „I sog’s glei, i woar’s ned!“. Der Willi ist, viel mehr war hier der Opa, auf den sich ein Elefant bei der Safari in Afrika gesetzt hat. Und die Oma ist auf Mann-Suche. Dafür braucht sie Kohle, will sie sich doch Schönheits-Operationen unterziehen, um ihren Marktwert zu steigern. Wofür sie das Konto ihres Sohnes, des berühmten Edmund, dessen Ehrentag nun gefeiert werden soll, ebenso leerräumt, wie alles was nicht niet- und nagelfest ist verhökert.

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Szenenfoto aus „Vatertag“ im Theater Forum Schwechat

Männlichkeit und „Sprechverbote“

Wobei – die Handlung ist – in Wahrheit wie bei Muttertag – zweitranging. Erstranging ist das Spiel mit Klischees. Hier werden einerseits Männerbilder aufs Korn genommen und andererseits vieles von dem, das „man ja nicht mehr sagen darf“. Letzteres immer wieder symbolisiert durch Verkleben der Münder mit schwarzem Gaffa (Gewebe-Klebeband, das insbesondere auf Bühnen oft zum Einsatz kommt, um Dingen Halt zu geben!) Letzteres wird dann gleich in doppeltem Sinn auf die Schaufel genommen, weil es ja doch stets lautstark hinausposaunt wird 😉

Und ersteres kulminiert in einem Männertreffen von Incels (INvoluntary CELibate – unfreiwillig zölibatär / sexuell enthaltsam). Wie „richtige“ Männer mit Frauen erniedrigend umgehen sollten … – und sich dabei – hier freiwillig – lächerlich machen.

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Szenenfoto aus „Vatertag“ im Theater Forum Schwechat

Bekannte Papa-Reime

Unter dem eingangs beschriebenen großen Herzen, das im Laufe der rund zwei stunden (eine ¼-stündige Pause) immer weiter runter rückt, haben die unterschiedlichsten Figuren Solo- bzw. Duett-Auftritte mit auf Vatertag adaptierten teils bekannten Gedichten und Liedern wie „Oh, mein Papa / hat mich fester geschlagen als Mama“, „Vater werden ist nicht schwer / Vater sein dagegen sehr…“, „Da Papa wird’s scho richt’n…“, „Mei Vota woar a Hausherr und a Seidnfabrikant…“

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Szenenfoto aus "Muttertag" im Theater Forum Schwechat

„I sog’s glei, i woar’s ned!” – „Muttertag” kehrt auf die Bühne zurück

„Die härtere Komödie“ – so bezeichnet das Internetlexikon wikipedia „Muttertag“, den mittlerweile zum Kult gewordenen Film, der (fast) jedes Jahr rund um diesen zweiten Sonntag im Mai im österreichischen TV läuft und heuer seinen 30. Geburtstag feiert. Dass rund zwei Jahre vor dem Film dieses nummernkabarettistische bitterböse Stück mit überzeichneten Klischee-Figuren ein Bühnenwerk der Gruppe Schlabarett (Eva Billisich, Alfred Dorfer, Roland Düringer, Andrea Händler, Reinhard Nowak) war, weiß kaum noch wer. Auch nicht, dass der danach gedrehte Low-Budget-Film in den Kinos eher floppte.

Aber auch Kottan oder Mundl hatten anfangs alles andere als Erfolg. Die Bekanntheit des Kultfilms im Fernsehen und seine jährliche Wiederholung lockt(e) auch viele Zuschauer:innen ins Theater Forum Schwechat. Seit der Premiere beschert „Muttertag“ dem Theater knallvolle Publikumsreihen und Vorbestellungen. Noch wird (ca. 2 Stunden, eine Pause) bis 24. Mai gespielt – und es gibt nur mehr Restkarten.

„Wiedaschauauaun!“

Jene Altersschichten, die den Film – viele sicher mehrfach – gesehen haben, kommen mitunter schon mit dem einen oder anderen Spruch daraus ins Theater wie „I sog’s glei, i waor’s ned!“. Spätestens bei den Verabschiedungen wird das „Wiedaaschauauaun“ entsprechend lang gezogen mit einem sarkastischen Unterton – aufgefrischt durch die Aufführung, die auch einige jüngere Zuschauer:innen ins Theater lockt, die bei der Geburtsstunde des Kabarettprogramms noch gar nicht auf der Welt, meist nicht einmal noch geplant waren.

Das Bühnenstück in Schwechat spielt nicht 1:1 den Film, aber auch nicht die alte Kabaretttheater-Version nach, orientiert sich aber sehr daran, auch am Ablauf als aneinander gereihte Nummern, die dennoch einen dramaturgischen Bogen ergeben. Das alte Postamt mit Wählscheiben-Telefon und gleichzeitig Sparkassa feiert ebenso fröhliche Urstände wie das Treffen der Jungschargruppe mit den pubertierenden Jugendlichen und der strengen auf Seriosität bedachten Gruppenleiterin oder der Drogeriemarkt, in dem die Frau Neugebauer vom Detektiv als Ladendiebin entlarvt wird, während ein anderer „Konsument“ mit prall gefülltem Mantel „nur schauauaun“ war. Als Abschluss und sozusagen Höhepunkt die „Muttertagsfeier“ von Ehemann, Sohn und Opa für „Trudl“ Neugebauer auf dem Balkon der Gemeindwohnhausanlage Schöpfwerk (im Film, in Wien-Meidling). Wo alles aus dem Ruder läuft. Und gut und gern auch gespoilert werden könnte, ist doch den meisten alles bekannt. Aber vielleicht gibt’s doch die eine oder den anderen, wer’s noch nicht weiß, und trotzdem auch noch Spannungsmomente erleben möchte – daher seien die Eskalationen doch nicht verraten!

Von der Chefin bis zum Oldie

Zu sehen und erleben sind – in der Regie von Andy Hallwaxx: Die künstlerische Leiterin des Theaters, Manuela Seidl, die die legendäre Postbeamtin, die eher auf Sperrschluss pocht, die Jungscharleiterin sowie Trudl, die Ehefrau, Mutter und Schwiegertochter der Familie Neugebauer spielt. Evelyn Schöbinger, mit der alle Männer gern eine Affäre hätten/haben, wird von Adriana Zartl verkörpert, die u.a. auch in die Rolle einer der Jungschar-Jugendlichen schlüpft.

Hubert Wolf – der wie seine Kolleg:innen und wie seinerzeit die Ur-Besetzung viele Rollen dasrstellt, überzeugt vor allem als Opa Neugebauer mit (vorgegebener) Schwerhörigkeit, (gespielter) Senilität und bitterböser Wehr gegen die drohende Abschiebung ins Heim sowie das Auseinanderfliegen der Familie. Seinen Enkel Mischa und damit Sohn von Trudl und Edwin Neugebauer gibt Olivier Lendl, der u.a. auch den Dieb mit weitem Mantel, der „nur schaut“, spielt.

Last but not least zu nennen ist Reinhard Nowak, der auch schon in der Original-Partie vor 32 Jahren auf Bühnen und dann zwei Jahre später im Film dabei war – und hier in seine alten Rollen schlüpft, vor allem den Kaufhausdetektiv Übleis sowie Edwin Neugebauer, der auf braver Ehemann tut und dennoch eifersüchtig auf seinen Kumpel Garry ist, der mit Evelyn Schöbinger – so wie er selbst – eine Affäre hat.

Realsatire

Gerade die Balkonszene am Schluss lässt trotz ihrer bitterbösen Ironie die Frage aufkommen, ob hier (Geschlechter-)Rollenklischees lächerlich bloßgestellt oder gar „nur“ lustig weitergetrieben werden?

Wie auch immer: Im Programmzettel zu „Muttertag“ kündigt Theater Forum Schwechat an: „Wir schreiben eine Fortsetzung – Vatertag – die Frauen schlagen zurück. Realsatire: Was die Männer können, können die Frauen schon lange und wenn sich der Opa auf den Willi setzt, macht die Oma ihn mit ihren Gesangskünsten fertig. Eine Antwort auf Muttertag, nur über 30 Jahre später! Alles hat sich geändert, die Emanzipation hat Einzug gehalten, es wird gegendert, was das Zeug hält, aber haben wir uns tatsächlich weiterentwickelt?“
Sogar die Premiere ist schon angekündigt: 4. Mai 2024, 20 Uhr

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