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Szenenfoto aus "Aventura. Von den Abenteuern im Kopf und anderswo." im Theater-zum-Fürchten-Bunker in Mödling: Marion Rottenhofer, Xiting Shan, Tina Haller, Christina Saginth

Vom Adventure-Game in den Dschungel, zu Kapitän Nemo und zur Seeräuber-Jenny

„Aventura“, das jüngste Werk von „Theater zum Fürchten“ in Mödling führt durch abenteuerliche Geschichten aus der (dramatischen) Literatur und dem virtuellen Raum.

Quer durch Mödling hindurch, unter dem die Straße querenden Viadukt hindurch, am westlichen Stadtrand wo’s beginnt, in den bewaldeten Berg hinaufzugehen, führen Stufen hinauf in einen der wohl ungewöhnlichsten regelmäßig bespielten Theaterorte Österreichs.

Rauf zum Bunker

Üblicherweise wird ein Bunker unter der Erde erwartet. Hier führen Holztreppen hinauf. Aber das gut einen Kilometer lange Stollensystem ist ja unter der Erde, unter dem Berg, der dann auch hinaufgeht zur Burgruine Mödling, der Burg Liechtenstein, Seegrotte Hinterbrühl usw.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Aventura…“: Sophia Greilhuber, Marius Klicka, Stephan Bartunek, Valentina Himmelbauer, Manfred Fau

Seit einem ¼-Jahrhundert bespielt das „Theater zum Fürchten“ mit jährlich wechselnden Stationen-produktion die doch feucht-kalten Stollen (Besucher:innen Achtung: Entsprechend kleiden oder Kleidung mithaben, nie mehr als 10 Grad, die aber schon über Null)

Heuer stehen „Abenteuer im Kopf und anderswo“ auf dem Programm, ein Ort, der sich wunderbar dafür eignet – wobei die Palette der Abenteuer in „Aventura“ – über 17 Stationen verteilt – seeeehr breit ist, dazu mehr in der umfangreichen Info-Box sowie im Interview mit dem Theater-Abenteurer Bruno Max, dem Mastermind hinter diesem und den anderen Theatern, die zu seiner Gruppe gehören – Link dazu weiter unten.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Aventura…“: Manuel Bauhofer, Eva Lorenzo, Jörg Stelling

Licht

Kinder I Jugend I Kultur I und mehr… darf wenige Tage vor der Premiere bei einigen Szenenproben zuschauen und – wie eben oben angekündigt, den Impressario interviewen. Noch montieren Lichtleute Lampengirlanden von einem der Stollen-Ein- bzw. -Ausgänge über die hölzerne Ballustrade der Treppe. Apropos Licht: Direktor und Regisseur Max ersucht die führende Elektrikerin, neue Lampen für eine Stelle der Tour zu tauschen, da hätte er gern mehr Helligkeit für die Szenerie. An einer anderen Stelle greift er hinauf in ein dickes Abzugsrohr, in dem eine Lampe „versteckt“ ist, verstellt den Winkel, damit der Lichtschein das Muster auf der metallenen Tür besser in den Blick rückt.

Im Dschungel

Die zuvor aus einem Kleinbus vom Stadttheater herangekarrten Schauspieler:innen, die im Theaterhaus kostümiert und geschminkt worden sind, haben sich auf die Spielstätten verteilt. In einem kurzen Querstollen warten Bruno Max und der Journalist. Hier wird sich dann eine Szene, inspiriert von gleichsam einem stark gealterten Rattenfänger von Hameln abspielen. Dann wird die Publikumsgruppe abgeholt und zur nächsten Station gebracht. Schon vor der Metalltür zu dieser scheinen Grünpflanzen aus den Wänden zu wachsen. Tür auf – und rein in den „Dschungel“ – ins Herz Afrikas. Texte des Forschers David Livingstone werden in Szene gesetzt bevor ein tierisches Gebrüll anhebt und Monty Python-mäßig zwei halbe Tiger in Erscheinung treten.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Aventura…“: Bettina Soriat, Bernhardt Jammernegg

Tiefsee und Piratin

Danach ab in die Tiefsee zu Jules Vernes „20.000 Meilen unter dem Meer“ mit Raimund Brandner als Professor Arronax, der hier allerdings noch seinen mächtigen metallenen Unterwasserhelm abnehmen muss, weil sich das Sichtfenster so sehr beschlägt, dass er gar nichts mehr sieht. Wie das gelöst werden könnte, dafür hat er auch schon eine Lösung parat – die natürlich erst nach der Probe gebastelt werden kann. Und Bruno Max spielt den Kapitän Nemo noch unkostümiert. Vom trockenen Unterwasser – mit Aussicht in den Luken auf digitale Seeungeheuer geht’s weiter Pirat:innen mit Bert Brechts Ballade von der „Seeräuber-Jenny“ aus der Dreigroschenoper. Bernhard Jammernegg steht Ziehharmonika spielende als Matrose ebenso in mehr als Knöchel-tiefem Wasser wie die Sängerin Bettina Soriat.

Und dann ist Wechsel angesagt. Die Spieler:innen weiterer Szenen sind angereist…

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Szenenfoto aus "Aventura. Von den Abenteuern im Kopf und anderswo." im Theater-zum-Fürchten-Bunker in Mödling: Bruno Max

„Welche Räume können wir zaubern?!“

Bruno Max, Kopf des „Theaters zum Fürchten“ und Regisseur auch des diesjährigen Stationentheaters „Aventura. Von den Abenteuern im Kopf und anderswo.“ Erzählt in einem kurzen Interview zwischen zwei Szenenproben Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… über das diesjährige Stück sowie die Entstehung dieses Theaterortes.

Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr…: Zu meiner Schande muss ich gestehen, ich bin jetzt das erste Mal hier in diesem Theaterbunker. Ihr seid gerade in den Endproben für das Stationentheater rund ums Thema Abenteuer…
Bruno Max:Es gibt zwei Sorten von Theater, die wir hier seit Jahren für den Bunker konzipieren: Entweder arbeiten sich die Stücke an einer Biographie ab und verbinden Werk und Autor – wir hatten „Ferdinand wie ein toller Hund“, „Kafka – unruhige Träume“, „Herzstich Nestroy“, wir hatten auch Edgar Allan Poe, E. T. A. Hoffmann. Oder es sind Themen – wir hatten „seven Sins“ (sieben Sünden), „Angels all over“, „Alles außer irdisch“, „Utopia“ – so entstehen dann die Stationen, sozusagen aus jedem Dorf ein Hund.

Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr…: Abenteuer heuer – greifst du in deinen Fundus oder entwickelt ihr das als Ensemble?
Bruno Max: Zuerst einmal müssen wir schauen, wen haben wir als Mitwirkende zur Verfügung, dann, welche Räume können wir zaubern. Welche Geschichten braucht man für die Räume? Das entsteht dann laufend, Stück für Stück. Hauptsächlich mach’s ich, zwei, drei Leute arbeiten zu – mit eigenen Vorschlägen oder wo ich sag: Bitte, lies diese 800 Seiten, ich brauch davon fünf Sätze.

Seit zwei Tagen haben wir alles unter Dach und Fach, was wir heuer brauchen, jetzt muss es zusammenwachsen.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Aventura. Von den Abenteuern im Kopf und anderswo.“ im Theater-zum-Fürchten-Bunker in Mödling: Raimund Brandner (Professor Arronax), Bruno Max (Kapitän Nemo)

Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr…: Wie kam’s zum Thema Abenteuer?
Bruno Max: Wir müssen immer relativ früh bekannt geben, was wir jeweils tun wollen. Ich hab mir gedacht, das passt heuer, es ist ein Thema, das wir noch nicht abgearbeitet haben und wir haben ja sehr viele verschiedene Ansätze von Abenteuern. Beginnend von den Computerspielern, die am Tisch sitzen und ein Adventuregame programmieren wollen, das ihnen allerdings völlig in die Hose geht über die Frau Aventure vom Hartmann von Aue, Adventure-Reisen, die wirklich so im Internet angeboten werden bis zu einer kleinen Geschichte vom Roald Dahl oder aus Geheimbüchern des S.O.E., des britischen Geheimdienstes im zweiten Weltkrieg, Abenteuer Alltag, oder im Herzen Afrikas, unter Wasser – Captain Nemo, eine Ballade über Piraten, Abenteuer zum Selber-Bauen – ein klassischer Gamer, der sich einen Avatar programmiert…

Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr…: … ist das dann ein Bogen zum Beginn mit den Spiele-Progammierer:innen?
Bruno Max: Noch gar nicht, da ist noch viel dazwischen, dann haben wir Abenteuer Börse, wir haben Casanovas erotische Abenteuer, wir haben einen Stollen, der weiblichen Abenteuerinnen gewidmet ist, Pseudo-Abenteuer, ein lustige Indiana-Jones-Parodie, … dann kehren wir wieder zurück zum daneben geratenen Spiel…

Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr…: Wie bist du seinerzeit auf den Bunker gekommen?
Bruno Max: Wir haben zwölf Jahre unter den Gewölben von Schloss Liechtenstein Theater gemacht. Das war sehr spannend aber halt klassisch jeweils ein Stück in einem schönen alten Gewölbe. Nachdem wir dann aber zum Theater Scala noch das Stadttheater Mödling übernommen haben, war noch ein reguläres Stück mit Anfang und Ende, für das wir sieben, acht Wochen proben, für mich nicht mehr so spannend. Da ist ja auch unser Sommerurlaub. Auf der anderen Seite war das Gewölbe schon baufällig und es hätte einen eigenen Fluchtweg gebraucht: Zwölf Meter unter der Erde – welche Armee baut uns diesen Fluchtweg 😉

Porträtfoto von Bruno Max, dem Regisseur des aktuellen Stationentheaters im Bunker Mödling und Leiter von
Porträtfoto von Bruno Max, dem Regisseur des aktuellen Stationentheaters im Bunker Mödling und Leiter von „Theater zum Fürchten“

Nachdem wir das Stadttheater übernommen hatten, bin ich mit dem damaligen Kulturamtsleiter herumgezogen, hab ihn gefragt, wo wär’s spannend und lustig, noch zu spielen. Wir kamen da vorbei, ich hab gefragt, was das denn sei. Er hat gesagt, das sei ein feuchtes Loch und eigentlich nix. Da hab ich gemeint: Das würd mich interessieren.

Es war natürlich logistisch ein riesiger Aufwand, das bespielbar zu machen. Aber, es ist uns gelungen, wird Jahr für Jahr ein bisschen professioneller. Wir gehen jetzt ins 25. Jahr. Voriges Jahr haben wir wegen einiger Coronafälle ausgelassen – wir sind ein Ensemble von mehr als vier Dutzend Leuten.

Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr…: Logistische Herausforderung ist doch auch, dass die Besucher:innen nur in Kleingruppen durchgehen können und die Schauspieler:innen ihre Szenen mehrmals hintereinander spielen müssen, aber zeitlich abgestimmt mit der vorhergehenden und der nachfolgenden.
Bruno Max: Ja, zwölf Mal wird gespielt. Das geht sich immer gut aus.

Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr…: Wie viele Stollen gibt’s da?
Bruno Max: Das Ganze ist ein sehr langes System mit zwei U-förmig parallel verlaufenden Stollen mit fünf Querstollen – in einem sitzen wir jetzt gerade.

Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr…: Ihr bespielt das ganze Stollensystem?
Bruno Max: Wir bespielen 90 Prozent, wir haben noch einen gewissen Lagerbereich und natürlich Fluchtwege.

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