Wer regelmäßig Vorstellungen im Theater im Zentrum, dem kleineren Haus des Theaters der Jugend in Wien besucht, hat beim Betreten des Saals, in dem das jüngste Stück „Mitten im Gesicht“ läuft, vielleicht zunächst ein Déjà-Vu: „Häh, ist das nicht fast das gleiche Bühnenbild wie beim vorigen Stück „Echtzeitalter“? Pixel, dieses Mal nur „aufgeblasen, größer?“
Tatsächlich sind die quadratischen Kästchen, das Innere digitaler Bilder, unabhängig voneinander zum Hintergrund der ganz unterschiedlichen Stücke geworden. Gemeinsam ist beiden, es geht um Zentrales im Leben Jugendlicher. Und bei deren Leben verschwimmen nicht selten auch reale und digitale Welt zu ihrer echten Wirklichkeit.
Basierte „Echtzeitalter“ auf dem gleichnamigen Erfolgsroman Tonio Schachingers über (s)ein Leben in einem Wiener privaten Elite-Gymnasium rund um eine Hauptfigur, der einen Gutteil seines Selbstbewusstseins aus seinen Erfolgen in Bewerben eines Computerspiels bezog, so geht’s bei „Mitten im Gesicht“ eben um eine Nase mit wechselnden Homepage-Url als Art Kapitelüberschriften (Ausstattung: Ulrike Reinhard). Wie die Echtzeitalter-Pixelwände, so sind auch diese hier sehr flexibel. Übrigens – da hat niemand voneinander abgeschaut, die Konzepte für die jeweiligen Bühnenbilder entstanden unabhängig voneinander – einfach Zufall.
Und was für eine. Ihre Trägerin, die 15-jährige Sophie Neumann vermeint, dass sie die größte der Welt ist. Und das ist kein feiner Rekord. Sie findet sich selbst damit unmöglich hässlich – da hilft kein Trost der Oma, die einen ähnlichen „Zinken“ ihr eigen nennt. Denn Mitschüler:innen verspotten sie, „Nasenbär“ ist noch eines der harmloseren Schimpfwörter, mit denen sie ständig konfrontiert ist.
Kränkungen und Selbstmitleid lassen sie gar nicht mitkriegen, dass einem Mitschüler, Paul, in der kleinen Arbeitsgruppe zum Thema Klima, in das sie aufgrund ihres Wissens viel einbringen kann, einiges an ihr liegt. Sie aber will eher dem aufgeblasenen Schönling Leo gefallen. Was ihre Gesichtsmittelgebirge eben verhindert.
Einzig denkbarer Ausweg für Sophie: Eine OP muss her, Nasenverkleinerung. Ihre Freundin Luisa will Gegenteiliges bei ihren Brüsten, „Bienenstich statt Busen“, nennt sie es. Außerdem hat sie das Problem, dass sie auf diesen Paul steht, der wiederum sie nur als Kumpel mag.
In diesem personellen Setting lassen Peter Lund (Text), der schon etliche meist musikalischen Stücke (nicht nur) fürs Theater der Jugend verfasste und Gerald Schuller (Musik) ein 2¼-stündiges Ab und Auf rund um die Hauptfigur und vor allem das Thema Beauty, aber genauso auch Freund- und Kameradschaft und noch Cybermobbing samt Missachtung von Recht aufs eigene Foto ablaufen. Und so „nebenbei“ wird auch so manches rund um das Thema der Arbeitsgemeinschaft, nämlich Klima, angesprochen. Trotz schwungvoller Songs zieht sich – zumindest der erste Teil vor der Pause ein wenig.
Und plötzlich sagt der – nie in Erscheinung tretende – Vater, der strikt gegen einen chirurgischen Eingriff ist, ja zur Operation. Die Nase ist klein, Sophie wunderschön, Leo wird ihr Freund und sie – urgrauslich, eingebildet, überheblich…
Wie die Nase kleiner auf einer Bühne kleiner wird? Es bleibt dem wandlungsfähigen Schauspiel von Lucia Miorin überlassen – und einem Trick, der hier sicher nicht verraten wird. Neben ihr spielen Shirina Granmayeh die kumpelhafte, ein bisschen eifersüchtige Freundin Luisa. Fabian Grimmeisen ist „für einen CIS-Mann ein verständnisvoller, aufgeschlossener Junge“, Jakob Pinter ein „schöner“ Widerling Leon und Altmeisterin Susanne Altschul eine weise Großmutter Constanze Neumann. Insgesamt sind die Charaktere doch vielleicht zu schwarz-weiß klischiert.
„Schönheit beginnt in dem Moment, in dem du beschließt, du selbst zu sein“, zitiert das Theater der Jugend die französische Modedesigner-Ikone (1883 – 1971) auf seiner Homepage der Stückinfo vorangestellt.
Wie groß das Thema für viele Jugendliche tatsächlich ist, zeigte eine für die Plattform Safer Internet Ende 2023 durchgeführte Studie: „Mehr als die Hälfte der befragten 400 Jugendlichen würde gerne etwas am eigenen Aussehen ändern, mehr als 100 der 11- bis 17-Jährigen in dieser Studie (Dezember 2023) hat sogar schon einmal über eine Schönheitsoperation nachgedacht. Großen Einfluss auf das eigene Selbstbild, das sie zu Veränderungswünschen veranlasst, haben vor allem Influencer:innen und generell Social-Media-Plattformen im Internet“, berichtete Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… anlässlich des Safer Internet Tages im Vorjahr – der ganze Beitrag ist unten verlinkt.
Mehrmals sprechen die jungen Protagonist:innen in ihrem Spiel untereinander mit dem Kürzel Wwdt – was würdest du (an meiner Stelle) tun an. Gegen Ende geht diese Botschaft auch ans Publikum. Über einen QR-Code im Foyer des Theaters ist die Teilnahme an einer Meinungsumfrage möglich, ob die Zuschauerin / der Zuschauer an Stelle von Sophie „die Nase machen lassen würde“.
KiJuKU: Gab es eine reale Ausgangsgeschichte – aus deinem Umfeld oder dem Netz für diese Story?
Peter Lund: Nein, Aufgabe vom Theater der Jugend an mich war, nach „Lizzy Carbon und der Klub der Verlierer“ (nach dem Roman von Mario Fesler) wieder etwas für diese Altersgruppe (ab 11 Jahren) zu schreiben. Mich ärgert das schon seit 15 Jahren, dass das wieder so auseinandergeht mit Barbie für die Mädchen und Krafttraining für die Jungs. In meiner Jugend und auch bei Frau Nöstlinger, da war alles nicht so geschlechtermäßig getrennt. Auf das Thema Schönheits-Operationen bin ich gekommen, weil ich das von vielen gehört habe; vielleicht nicht unbedingt mit 15, aber mit 18 geht das richtig los mit sich beschnippeln lassen. Eltern schenken das zum Geburtstag… Und die Jungs rennen ab 15 ins Gym und pumpen. Was da abgeht hat mich sehr interessiert und dann hab ich da sehr lange recherchiert. Als älterer Mensch versteht man das zunächst nicht, und da musste ich erst mal reinkrabbeln in jugendliche Seelen. Da hab ich viel gelernt – auch während der Produktion, das Ensemble ist ja auch recht jung, die haben mir digital auch etliches gezeigt.
KiJuKU: Bist du dann eingetaucht in die TikTok-Welt?
Peter Lund: Ja, so viel ich musste, um’s zu verstehen.
KiJuKU: Und dann war der Plot gleich klar?
Peter Lund: Das war dann eine Art journalistischer Arbeit. Zuerst einmal war die Frage, ob Nase oder Brust. Nur da wäre wohl schnell klar, „du bist bescheuert“, bei der Nase ist zumindest halbe / halbe. Dann kam schnell die Idee mit der Oma. Ich wollte auf jeden Fall die alte Generation drinnen habe. Dann bau ich das so, wen braucht man dafür – den schönsten Jungen, einen besten Kumpel, der nicht ganz so schön ist. Und ich brauchte auch ein Mädchen, das mit ihren Brüsten unzufrieden ist, weil das ja eines der Hauptthemen ist, oder Hintern oder was weiß ich. So kam die Personage zusammen und davon ausgehend entwickle ich dann den Plot. Das ist dann so ein bisschen Heimarbeit.
KiJuKU: Wie kam’s zum Trick, der hier natürlich nicht gespoilert wird, dazwischen mit der veränderten Nase?
Peter Lund: Nun ja, das war recht rasch klar, dass es dazwischen eine längere Passage braucht, wo sie nicht die dicke Nase hat und wie sie sich dadurch verändert.
Die einen vermeinen im Bühnenbild Fliesen zu sehen, die anderen – solche, die das Buch schon gelesen haben und jene, die am Computer zocken – erkennen natürlich die Pixel (Ausstattung und Licht: Friedrich Eggert). Immerhin ist die Hauptfigur Till Kokorda (Ludwig Wendelin Weißenberger) ein Gamer, in „Age of Empires II“ sogar ein internationaler Champion. Er, der – zumindest im Roman, auf dem das Stück im kleineren Haus des Theaters der Jugend basiert – eher durch Nicht-Auffallen-Wollen durch die Schulzeit kommen will, wurde von Autor Tonio Schachinger ins Zentrum gerückt.
Das Abtauchen ins Computerspiel reicht nicht, der strenge, fast karikaturhaft – im Buch und folgerichtig im Stück – gezeichnete schikanöse Lehrer „Der Dolinar“ (Sebastian Pass) kriegt auch Till noch auf den Kieker. Allein die Vorliebe des Schülers für Informatik statt für klassische Literatur, ist schon Angriffsfläche genug. Wobei Till sich für neuere Autor:innen schon erwärmen kann, für Thomas Bernhard etwa.
Und weil Schachinger den sehr gelungenen Versuch von Regisseur Gerald Maria Bauer die fast unspielbaren autobiographischen Teile Bernhards über Kindheit und Jugend – „Ein Kind“ und „Der Keller“ – vor zwei Jahren gelungen fand, gewährte er dem Theater der Jugend die Rechte, seinen Roman „Echtzeitalter“ zu dramatisieren. Die 360 dichten von vielen Episoden eines strengen Schul-Regimes ebenso wie den Freiräumen, die sich Jugendliche erkämpfen, samt Anspielungen auf zeitgeschichtliche und aktuell politische Ereignisse (nach Schachingers eigener Schulzeit – Ibiza-Video etwa oder die Anspielung auf Polizeipferde des damaligen Innenministers Herbert Kickl und nicht zuletzt auf Corona) sind in ihrer Essenz UND in vielen Details in den knapp mehr als zwei Stunden auf der Bühne zu erleben.
Der „Schlüsselloch“-Roman des Autors über (seine) Schulzeit im Theresianum, nur leicht verändert Marianum genannt, wurde als sein zweites Buch (nach „Nicht wie ihr“ über einen Profi-Kicker namens Ivo) bereits vor zwei Jahren mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnet.
Neben den beiden schon genannten Gegenspielern – die einzigen, die „nur“ ihre jeweilige Rolle haben – switchen die fünf Mitspieler:innen in verschiedenste Figuren. So gibt Sophie Aujesky sowohl die Schülerin Fina als auch Tills Mutter sowie die Schuldirektorin, eine Therapeutin und eine Buchhändlerin, bei der sich die Jugendlichen mit Reclam-Ausgaben eindecken wollen, wie sie „Der Dolinar“ möchte. So unterschiedlich die Figuren, so gekonnt stellt sie die Schauspielerin dar.
Curdin Caviezel pendelt zwischen Mitschüler Khakpour, dem Notar in Sachen Erbe nach dem Tod von Tills Vater.
Stefan Rosenthal spielt zwei verschiedene Mitschüler und obendrein bei einer Schulfeier den Opa des einen mit ungarischen Wurzeln. Feli, Tills Freundin, wird ebenso wie seine Tante von Aña-Maria Kunz verkörpert. Schließlich pendelt Clemens Matzka zwischen Tills Vater, der früh stirbt, einem ein wenig karikaturhaften Sektions-Chef bei einem „bemühten“ Kreativbewerb und noch weiteren drei Figuren.
Von Tills Gamer-Karriere wissen nur wenige, die hängt er nicht an die große Glocke. In einem Anfall von bemühter Kontaktaufnahme seiner Mutter zu ihm, versucht er ihr krampfhaft die Faszination dafür zu vermitteln. Fällt unter die Kategorie „bemüht“, die in der Schule kaum besser als ein „Fleck“ ist.
Im Roman formulierte es Schachinger so – noch für Mutter und Vater: „Sie sprechen über Computerspiele, wie jemand, der nicht lesen kann, über Bücher spricht, und ihre Sorgen unterscheiden sich kaum von den Sorgen derjenigen, die zur vorletzten Jahrhundertwende ins Kino gingen und fürchteten, der Zug könnte aus der Leinwand über sie hinwegrollen.“
Die Liebe des Lehrers Dolinar zur Literatur, die er über Druck versucht, seinen Schüler:innen zu verklickern, prallt an Till eher ab, auch wenn ihm Freundin Feli sagt: „Bücher sind wichtiger als Spiele, weil Bücher Mitgefühl vermitteln.“
Aber gilt das auch so generell? Gibt es nicht auch Bücher – ebenso wie Filme, Lieder, Bilder und jedwede künstlerische Äußerung, die auch Hass vermitteln?
Eine Dimension des Romans, die im Stück weniger zur Geltung kommt, ist die immer wieder durchblitzende subtile bzw. fallweise sarkastische Kritik am abgehobenen elitären Dasein und der daraus resultierenden Haltung in dieser privaten eher Upper-Class-Schule, in der unter anderem viele überkommene Umgangsformen überleben.
Beinahe endete der Applaus für die vier Darsteller:innen sowie auch für das Team hinter der Aufführung von „Funken“ im Theater im Zentrum nicht – Stückbesprechung (samt Infos) unten gegen Ende des Beitrages verlinkt. Jubelrufe und heftiges Klatschen für das körperlich-energetisch starke Stück über Jugendliche, die allein auf sich gestellt auch fast zynisch gedachte Situationen Erwachsener meistern. Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… hatte mit Till Wiebel schon vor drei Jahren, als er mit dem Text einen der Retzhofer Dramapreise gewonnen hatte, kurz gesprochen. Nun nach der Inszenierung – Wien war nicht die erste, in einigen deutschen Städten wurde es schon gespielt – stellte sich der Autor einem Gespräch mit dem Journalisten; der vergessen hatte, davon ein Foto machen zu lassen ;(
KiJuKU: Wie oft hast du mittlerweile Inszenierungen deines Stücktextes erlebt?
Till Wiebel: Die Uraufführung war in Berlin, dann ging das Stück in Deutschland ein bissl rum – Braunschweig, Kassel, Kaiserslauten, Dessau. Jetzt Österreich-Premiere in Wien – da schließt sich der Kreis, der Text wurde ja sozusagen in Österreich geboren. Nächste Saison kommt es jedenfalls noch nach Heidelberg.
KiJuKU: Wodurch unterscheiden sich die verschiedenen Inszenierungen vor allem?
Till Wiebel: Die Tema suchen jeweils unterschiedliche Sachen in der Geschichte und Strategien, diese zu erzählen – in der Spielweise, der Bühne und kommen alle zu unterschiedlichen Ergebnissen. Dementsprechend sind das sehr unterschiedliche Theaterabende, der Text bietet ja ganz viel an. Sie unterscheiden sich eigentlich fast in allem.
KiJuKU: Warst du bei jeder Inszenierung dabei?
Till Wiebel: Ich hab bisher alle Versionen gesehen.
KiJuKU: Bist du mit allen zufrieden oder gibt es welche, die deine Intentionen stärker oder besser treffen?
Till Wiebel: Bestimmt kann ich mich manchen Erzählweisen mehr anschließen als andere oder die berühren mich mehr. Gleichzeitig vertrau ich aber auch darauf, dass die einzelnen Teams für sich was finden. Dementsprechend ist das gut, wenn es unterschiedliche Ästhetiken, weil dadurch unterschiedliche Menschen angesprochen werden. Es geht gar nicht darum, was mir mehr oder weniger gefällt. Es ist gut, dass alle Teams aus dem Text heraus schöpfen.
KiJuKU: Was war nun hier bei der Wiener Inszenierung das Spannendste oder vielleicht auch Überraschendste?
Till Wiebel: Ich bin total begeistert von dieser sehr starken Körperlichkeit. Die spielen hier ja fast zwei Stunden – mit einer Pause – und ballern energetisch so richtig durch. Diese ganze Inszenierung hat durchgehend ein sehr hohes Level. Das ist – wie ich gedacht habe – dem Text sehr nah, dass das Spiel eine sehr hohe Frequenz hat. Gerade in der zweiten Hälfte hatte ich das Gefühl, es läuft eigentlich durchgehend wie so ein Puls und ganz viel überschlägt sich in den Ereignissen, indem körperlich agiert wird, weil die Spielerinnen und Spieler sich so richtig reinschmeißen. Das find ich sehr bemerkenswert.
KiJuKU: Was war für dich der allererste Ausgangspunkt für diesen Text bzw. die Geschichte?
Till Wiebel: Von vornherein haben sich für mich einige Dinge gemischt: Meine persönliche Biographie hat viel mit Ferienlagern zu tun – ich war als Kind und Jugendlicher viel in solchen Räumen unterwegs.
KiJuKU: Mit positiven oder negativen Erinnerungen?
Till Wiebel: Eher sehr positiven. Die Figuren in „Funken“ haben eigentlich ja auch eine gute Zeit, auch wenn ihnen schlimmer Dinge widerfahren. Es ist immer ein Ort, der besonders ist – abseits von zu Hause, da sind fremde Leute, andere Abläufe. Es ist oft ein Ort, der so abseits ist von allem, was du bis dahin kennst. Dementsprechend können da alle auch anders sein als sie sonst sind. Das ist das Potenzial.
Und andererseits ging’s mir darum, zu befragen, was ist Normalität. Wer ist eigentlich normal. Mit welchen Gründen wird „nicht-normal-sein“ abgewertet und wie kann man das umdrehen? Was passiert dann. Das sind so zwei wichtige Startpunkte für meine Geschichte gewesen. Und wie man eine Geschichte über Normal- und Nicht-Normal-Sein erzählen kann, ohne dass das eine besser ist als das andere.
KiJuKU: Mir sind beim Lesen des Textes zwei Klassiker in den Sinn gekommen: „Herr der Fliegen“ von William Golding und „Boot Camp“ von Todd Strasser, besser bekannt unter seinem Pseudonym Morton Rhue.
Till Wiebel: Der Text nimmt Motive auf, die in verschiedenen auch bekannten Erzählungen stecken, aber er will in entscheidenden Momenten vieles ganz anders machen. Herr der Fliegen ist so eine Sicht von Erwachsenen, dass Kinder oder Jugendliche, wenn sie allein auf sich gestellt sind, gewalttätig werden. Vielleicht kämen Kinder da ja viel eher ganz gut klar damit, wenn die Erwachsenen sich zurückhalten würden.
KiJuKU: Es gibt übrigens von Rutger Bregman in seinem Buch „Im Grunde gut: Eine neue Geschichte der Menschheit“ die reale Geschichte einer Gruppe von sechs Jugendlichen, die 1965 in einem Unwetter auf einer kleinen unbewohnten Insel im Pazifik landeten und erst nach mehr als einem Jahr entdeckt und gerettet wurden. 15 Monate haben sie gemeinsam friedlich ge- und überlebt – siehe Link unten.
Till Wiebel: Ach ja, danke
KiJuKU: Wo wird „Funken“ nach Wien noch gespielt?
Till Wiebel: Im Januar in Heidelberg.
KiJuKU: Kommt das Stück auch nach Graz, wo es ja mit dem Retzhofer Dramapreis ausgezeichnet worden ist?
Till Wiebel: Nicht, dass ich wüsste.
KiJuKU: Noch eine ganz andere (Detail-)Frage: Hat die Zahl 38 eine besondere Bedeutung – immerhin beherrscht Ariana Tuktuganov so viele Sprachen und Elena Brecher sagt zu ihrer Schwester Helena, dass sie die 38-Meter-Weitwurf-Marke schaffe. Und 38 ist doch 42 minus 4 – VIER?
42 ist in Douglas Adams‘ „Per Anhalter durch die Galaxis“ die „Antwort auf die endgültige Frage nach dem Leben, dem Universum und dem ganzen Rest“.
Und in „Funken“ lässt du Twinkle sagen, dass vier eine „großartige Zahl“ ist, „wusstest du, dass die 4 die einzige Zahl ist, die ausgeschrieben so viele Buchstaben hat, wie die Zahl selbst angibt? V – I – E – R. 4. Ist das nicht aufregend?“
Till Wiebel: „Das mit der 38 ist reiner Zufall und hat keine tiefere Bedeutung.“
In einem verwinkelten Gewirr aus Treppen, sämtliche Wände mit – in Summe rund 2700 – Ordnern vollgeräumten lebendig gewordenen dreidimensionalen M.C-Escher-artigen Bild agieren vier Schauspieler:innen „Im Panoptikum des Franz K.“ (Ausstattung und Licht: Friedrich Eggert). Zweieinhalb Stunden laufen sie treppauf, treppab, umkurven diese hin und wieder, Momente des Rastens gibt es – gefühlt -selten. Dabei zitieren sie aus Tagebucheinträgen und Briefen Franz Kafkas, dessen Todestag sich heuer (im Juni) zum 100. Mal jährt. Weshalb vor allem Theater die wenigen Stücke und andere Annäherungen an den akribischen Autor , der mit fast allem was er geschrieben hat, unzufrieden war, auf die Bühnen bringen.
Noch bevor Burgtheater („Die Verwandlung“), NÖ Landestheater („Der Prozess“), Rabenhoftheater (Maurer.Kafka.Komisch) spielen, feierte das Theater der Jugend in seiner kleineren Spielstätte (Theater im Zentrum in der Wiener Innenstadt) umjubelte Premiere mit dem „Panoptikum“. „Versuch, „kafkaesk“ spür- und erlebbar zu machen“, titelte Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… die Reportage über einen Probenbesuch in den Winterferien. Im Interview mit dem Regisseur – Links zu beiden Berichten am Ende dieses Beitrages – lobte dieser das Schauspiel-Team, das sich auf diese schiere Bergwerks-Arbeit eingelassen hat, „aber ich weiß noch nicht, was es wird“, gestand Gerald Maria Bauer da.
Nun ist das Werk fertig. Die zweieinhalb Stunden (eine Pause) versuchen tatsächlich eine Atmosphäre zu schaffen, wie sie der – erst spät nach seinem Tod berühmt gewordenen Autor – in seinen Werken schuf und offenbar auch selbst erlebt hat – bzw. nicht zuletzt auch andere rund um sich erleben ließ. Verlobung mit Felice Bauer, Brief an deren Vater, dass die Beziehung seiner Tochter nicht guttun würde, Entlobung, wieder Verlobung. Nur als ein Beispiel.
Schreibwut einerseits (8000 Seiten hat Kafka geschrieben), oft aber auch Schreibblockade – wie Tagebuchnotizen zeigen. Verzweiflung, nicht zum Schreiben zu kommen, wegen seiner Arbeit in der Arbeitsunfall-Versicherung. Andererseits sorgfältige Arbeit dort – samt häufigen Lokalaugenschein-Besuchen in Fabriken und Arbeitsstätten (kommt im Stück nicht, aber in den Tagebüchern mehrmals vor). Hadern mit seiner Erziehung – harmlos ausgedrückt.
Einbau von Stücken in das Stück, unter anderem wird eine der Ordnerwände nach Rumpeln zerstört, ein riesiger Käfer bricht durch – „Die Verwandlung“. Wobei die Verwendung von Insektenspray an einem der Schreibtische im Obergeschoß doch anachronistisch wirkt.
Szenen mit Zitaten aus „Der Prozess“. Und praktisch fast dauer-unglücklich, unzufrieden mit der eigenen Arbeit – fast mit einem Schuss Lust am Scheitern. Jasper Engelhardt ist Franz K. Aber nicht nur er ist Kafka, zeitweise verdoppelt Valentin Späth (der auch den Verwandlungs-Käfer gewordenen Gregor Samsa spielt) den K. in einem Mittelding aus Erzähler und doch Kafka-Sein. Sophie Aujesky ist als Felice Bauer präsent aber oft auf angefangene Sätze abgestoppt und schlüpft in einer Art Prolog in die Rolle der viel zu wenig bekannten Journalistin und Schriftstellerin Milena Jesenská. Mit David Fuchs (auch Kafkas Vater Hermann K. sowie der Maler Titorelli und Der Landarzt) als Schriftsteller und Journalist Anton Kuh besprechen sie die kurze Notiz über Kafkas Tod im Sanatorium Kierling bei Klosterneuburg bei Wien.
Für jene, denen Kafkas Leben, das eine oder andere Werk schon einmal untergekommen ist, idealerweise sogar ein bisserl mehr, bietet sich die Gelegenheit in dieses Panoptikum einzutauchen. Wer allerdings möglicherweise nicht mehr als das Wort kafkaesk aufgeschnappt hat – für die oder den wird’s wohl eher schwierig, die zweieinhalb Stunden durchzusteigen. Vielleicht, dass dann gerade noch das Gefühl à la Kafkas „Der Prozess“ auftaucht, wie komm ich da raus?
Möglicherweise ist die Atmosphäre auch das Wichtigere als die Textlawinen. Eine Premierenbesucherin aus Paris, die Französisch und Englisch spricht, aber kein Wort Deutsch versteht, nahm in einer Gesprächsrunde, zu der sich KiJuKU dazu gesellen durfte, genau dieses Gefühl mit. Allerdings ist sie Theaterprofi und Kafka-Kennerin.
Der Kafka-Abend bzw. Nachmittag (an manchen Tagen) ist nicht so leicht zugänglich wie im Vorjahr „Ein Kind“ über Thomas Bernhards autobiographische Kapitel „Ein Kind“ und „Der Keller – eine Entziehung“), die ebenfalls Gerald Maria Bauer inszeniert hatte.
„Unspielbares“ auf die Bühne zu bringen, die Zweite. Nach der gelungenen Dramatisierungen von Teilen aus den autobiographischen Texten Thomas Bernhards vor einem Jahr, steht nun Verdichtetes aus den Tagebüchern von Franz Kafka (sein Todestag jährt sich heuer zum 100. Mal), angereichert um Kürzest-Auszüge aus einigen seiner Werke sowie aus Briefen auf dem Spielplan des Theaters der Jugend in Wien, Titel „Im Panoptikum des Franz K.“. Im kleineren Haus, dem Theater im Zentrum, stehen die letzten Tage der siebenwöchigen höchst intensiven Proben auf dem Programm.
Geprobt wird beim Lokalaugenschein von Kinder I Jugend I Kultur I und mehr… am Vorabend des Drei-Königs-Feiertags eine Szene nach Kafkas Blutsturz im Spätsommer 1917, deren Aufzeichnung er in den Tagebüchern mit Szenen aus seinem Prosatext „Der Landarzt“ verknüpft. Und die nicht zuletzt auch jenen Teil seiner vielen Tagebucheintragungen widerspiegelt, in denen ihm gar nicht so viel am eigenen Leben liegt.
Die Groteske, die sich in dem geflügelten – längst weit, weit von Kafkas Literatur entfernten Begriff kafkaesk materialisiert, bringt hier der Auftritt von Sophie Aujesky als „Schulchor“ ins Spiel „und heilt er nicht, so tötet ihn! ‘S ist nur ein Arzt, ‘s ist nur ein Arzt.“
Wie soll Jasper Engelhardt als Franz K. hinfallen, wie David Fuchs (er spielt unter anderem den Vater Hermann) in der Pose eines Arztes dem Todkranken zur Seite eilen, wie ihm später Todesflügel umhängen… Annäherung von verschiedenen Richtungen, umkippen mal da, dann dort hin. Während die Schauspieler szenisch üben, wie sich’s am besten auch mit dem Text ausgeht, wandert Regisseur Gerald Maria Bauer im Publikumsraum von einer Position zur anderen – mal ganz vorne nah dran, dann prüft er, wie schaut’s von weiter hinten aus – wie von links, rechts oder aus der Mitte. Selten bei Proben noch so gesehen, dass so viele unterschiedliche Publikums-Blickwinkel ausgetestet wurden/werden. Nach etlichen Ver-Rückungen wird aus der Szene eine runde Sache.
Vierter im Bunde auf der Bühne ist Valentin Späth, der in dieser sowie der folgenden Szene eines Traums auf dem Friedhof als „Der K.“ nicht so sehr im Zentrum steht. Dafür hat er – dem Stücktext zufolge zumindest in jener Szene mit heftigen Anklängen an Kafkas berühmtes Stück „Die Verwandlung“ als Gregor Samsa einen „gewaltigen“ Auftritt.
Die beiden Szenen beim Probenbesuch lassen ahnen, es könnte mit diesem Kafka-Stück ähnlich gelingen wie die eingangs genannten autobiographischen Skizzen von Thomas Bernhard – und darüber hinaus ebenfalls wieder Themen heutiger Jugendlicher ansprechen. Waren’s bei Ersterem die Gefühle als Kind und Jugendlicher oft nicht gemocht, abgeschoben zu werden, Außenseiter-Dasein, autoritäre Erziehungsmethoden, so sind es nun – wieder – Außenseiter – aber auch Pendeln zwischen Genie und (fast) ständiger Unzufriedenheit mit der eigenen Arbeit (Texten), sowie dem Körper, und Dauer-Beziehungsprobleme.
Trotz all der angesprochenen ernsten, existenziellen Fragen, Nöte und Themen, gelingt es auch den teils absurden Humor des Schriftstellers in Szenen einzubetten.
Vor allem aber muss – eben für einen Probenbesuch, bei dem nur zwei Szenen zu erleben waren – die optisch ins Auge springende Bühne genannt werden. Die ist – im zweiten Teil – ein Hammer (Ausstattung und Licht: Friedrich Eggert). Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… wurde nur eindringlich gebeten, vor der Premiere keinesfalls Fotos dieses Aktenordner-Labyrinths zu veröffentlichten. Nur so viel: Spontan erinnert der Aufbau dieser rund 2.700 Aktenordner – mit Aufschrift im Stil der damals üblichen Kurrentschrift an unmögliche Konstruktionen in den Bildern von Maurits Cornelius Escher. Und damit gleichzeitig Symbol für Kafkas Kritik am Kampf gegen übermächtige Bürokratie.
Die Konstruktion auf der Theaterbühne ist natürlich schon möglich, wenngleich für die Schauspieler:innen nicht immer eine Leichtigkeit überall durch oder drumherum zu kommen. (Premiere, die gleichzeitig eine Uraufführung ist: 12. Jänner 2024 – siehe Info-Block.)
Nach einem Probenbesuch – zwei Szenen – Link zur Reportage am Ende dieses Beitrages – durfte Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… den Regisseur und auch Verfasser der Bühnenversion Gerald Maria Bauer (Mitarbeit: Dramaturg Sebastian von Lagiewski) an einem runden Tisch in einer Ecke des Pausenfoyers interviewen.
KiJuKU: Die erste Frage drängt sich natürlich auf: Wie bist du vorgegangen, um aus den Tagebüchern – in verschiedenen Versionen zwischen 460 und 550 Seiten) ein Stück zu machen, in das du noch dazu Auszüge aus Kafka-Werken eingebaut hast?
Gerald Maria Bauer: Eigentlich hab ich mich thematisch orientiert und mir einige Themenkomplexe vorgenommen.
KiJuKU: Und zwar?
Gerald Maria Bauer: Diese Tagebücher sind ja nicht nur Tagebücher, sondern Übungshefte für sin Schreiben und für das Existieren durch Sprache und sich Finden und Definieren durch Sprache. Das Faszinierende an Kafka ist ja, das Leben, das man sich nicht zu leben traut. Jemand, der kaum bis nie was veröffentlicht, der sagt, es muss alles vernichtet werden. Was ist das für ein Widerspruch! Ein Mensch, der 8000 Seiten schreibt will doch gelesen werden – eigentlich. Oder es war ihm nie gut genug.
Er geht nach München, will dort Germanistik studieren, kehrt zurück nach Prag und studiert Jus. Er will eine Beziehung mit Felice Bauer führen, sie schreiben sich 800 Briefe, er verlobt sich mit ihr, löst die Verlobung auf, verlobt sich noch einmal mit ihr und löst wieder auf. Das ist unglaublich spannend, wie er immer vor dem Leben davongelaufen ist. Und interessanterweise in dem Moment, wo er ernsthaft krank war, hat man das Gefühl, er war befreit und konnte leben. Wie Bernhard sagt: Er hat die Krankheit umarmt und ist mit ihr in den Tod getanzt.
KiJuKU: Und von dem ausgehend hast du dann die passenden Stellen aus den rund 500 Seiten Tagebüchern – und aus Texten von ihm sowie aus Briefen – gesucht, um diese Themn zu dokumentieren/illustrieren?
Gerald Maria Bauer: Ja das und dann noch Themen wie die komplexe Vater-Sohn-Beziehung, wo man sich ja auch fragen muss, ob das alles stimmt. War dieser Hermann Kafka wirklich so tyrannisch? Und diese komplexe Beziehung zu Felice – dieses sich nicht trauen. Also das, was junge Menschen auch interessieren kann wie auch noch seine Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper, das Suchen danach, sich durch Sprache auszudrücken, durch Literatur, was damals einen anderen Stellen hatte als heute.
KiJuKU: Wobei die Frage ist, was unter Literatur fällt, Poetry Slam, Rap… wären vielleicht heutige Formen.
Gerald Maria Bauer: Natürlich, keine Frage. Aber diese Arbeit an einer großen Form wie einem Roman ist eine Frage von Zeit und Geduld. Und da entkommt man sich natürlich auch selbst. Und das Stück soll natürlich auch ein bisschen eine Einführung in diese surreale Welt, die man kafkaesk nennt. Ich kenn sonst keinen Schriftsteller, der ein Adjektiv hat. Und ein Wappentier, nämlich einen Käfer (aus „Die Verwandlung).
Über kafkaesk wurde er – vor allem im deutschen Sprachraum, wo er wahnsinnig spät entdeckt wurde, berühmter als über seine Werke.
KiJuKU: In der Szene auf dem Friedhof malt der Künstler den Buchstaben J. Soll da die in Kafkas Tagebüchern doch immer wieder intensive Auseinandersetzung mit seiner jüdischen Herkunft und unterschiedlichen Facetten und Spielarten jüdischer Kultur angesprochen werden?
Gerald Maria Bauer: Das, muss ich zugeben, ist ein Komplex, den ich ausgelassen habe, ungern, aber das hätte den auch zeitlichen Rahmen gesprengt. Er hat ja – im „Prozess“ Szenen geschrieben, die fast prophetisch wirken, so den späteren Holocaust vorweggenommen, das glaubt man gar nicht.
KiJuKU: Das heißt du hast versucht, die zuvor von dir genannten Themen mit Originaltext von Kafka zu einem dramaturgischen Bogen zu fassen?
Gerald Maria Bauer: Ich hab versucht die Biographie des 27- bis 42-Jährigen herzunehmen und da seine fiktionalen Texte dagegen zu setzen. Vor den Szenen, die du in der Probe gesehen hast, erfährt er, dass er Tuberkulose hat. Und da kommen Passagen aus seinem Text „Der Landarzt“. Auf den war er auch stolz.
KiJuKU: Er selbst hat zu seinen Lebzeiten ja nur wenig veröffentlicht und eigentlich angeordnet, dass nach seinem Tod alles vernichtet werden sollte. Woran zu unser aller Glück Max Brod sich nicht gehalten hat, sonst würden wir alles andere ja nicht kennen.
Gerald Maria Bauer: Publiziert war zu seinen Lebzeiten nur ganz wenig, unter anderem „Die Verwandlung“, weil wir da ja auch aus seinen Tagebüchern den Brief des Verlegers Siegfried Wolff zitieren, der schreibt, dass er das Buch seiner Cousine geschenkt hat und die ihn danach fragt, was es bedeutet und er selbst es auch nicht kann und von Kafka nun eine Erklärung erbittet.
KiJuKU: Diese Passage fand ich auch recht schräg, erst verlegt er’s, dann verlangt er nachträglich eine Erklärung – ein Treppenwitz!
Gerald Maria Bauer: Das ist großartig. Das stellen wir bei den Proben fest, wie diese Abstraktion dieser Sprache und dieser Texte in fünf Menschen – den Schauspieler:innen und mir – teilweise gleiche Assoziationen auslösen, die wir dann immer sehr konkret kriegen. Oder hoffentlich. Aber doch, sonst könnten sie’s ja nicht spielen.
KiJuKu: Was ich gesehen hab, lässt sich gut an.
Gerald Maria Bauer: Ich kann’s dir noch nicht ganz sagen. Noch haben wir ja ein paar Tage bis zur Premiere. Es sind jedenfalls unglaublich intensive Proben, es ist ein Spitzen-Ensemble, in dem alle wahnsinnig interessiert sind, sich genau dem zu stellen.
KiJuKU: Wem ist diese Bühnen-Idee eingefallen?
Gerald Maria Bauer: Das war der Fritz – Friedrich Eggert. Als ich mit ihm das erste Mal gesprochen habe, hat er gesagt: Das einzige, was mir dazu einfällt, ist Escher. Bibliothek. Und Kafka war ja ein Beamter, daher die Aktenordner. Dann haben wir über eine lange Periode mühsam rund 2700 Ordner zusammengetragen. Unsere Requisite hat alle angefragt, die beschlossen haben, ihr analoges Archiv aufzulösen und hat dort Ordner abgeholt bis ins Waldviertel. Dann wurden die alle einheitlich auf diesen alten Stil umgefärbt.
Gerald Bauer merkt gegen Ende des Interviews noch an, dass Kafka – zumindest laut Max Brod – „nicht so traurig war, wie viele gedacht haben, er hatte, wie auch Briefe zeigen, Charme und Humor. Der konnte flirten.
Wir fangen an mit einem Nachruf von Milena Jesenská auf Kafka. Es kannte ihn 1924 ja fast keiner. Sie selbst ist eine ganz tolle Figur und wurde im Holocaust als Widerstandskämpferin umgebracht. Die Briefe zwischen ihr und Kafka sind wahnsinnig spannend, aber würden wir mehr daraus zitieren, würde der Abend vier Stunden dauern. So lassen wir sie in den Prolog reinstreifen…
Wie sehr (nicht nur) der Regisseur in Kafkas (Sprach-)Welt eingetaucht ist, illustriert vielleicht ein Satz, der ihm während der Proben entfährt als der Künstler Goldbuchstaben auf imaginäre Grabsteine malt: „Herrlich, ich glaub mein Kopf spricht mit mir!“
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