„SAG’S MULTI!“-Finalist:innen-Serie (4): Telefoninterview mit Schülerin über den schwierigen Weg, zwei kulturelle Herkünfte schätzen zu lernen statt sie zu verdrängen.
„Sind die nicht wild?“, war wahrscheinlich die schlimmste Frage, mit der ich vor vier Jahren konfrontiert wurde, als ich einem gleichaltrigen Kind über meine Familie erzählt habe und wo wir ursprünglich herkommen. …
Mittlerweile habe ich gelernt meine Herkunft und meine schwarzen Züge zu lieben und schätzen zu lernen, statt zu verdrängen. Aber das hat definitiv seine Zeit gebraucht!“
Diese Sätze stammen aus einer der Reden von Lena Ditrt-Moore, Finalteilnehmerin des mehrsprachigen Bewerbs „SAG’S MULTI!“, Während Englisch für viele Redner:innen eine, meist die erste, erlernte Fremdsprache ist, wuchs die Wiener Schülerin mit Englisch genauso auf wie mit Deutsch – letztere von der Mutter, erstere vom Vater weitergegeben, der Afro-Amerikaner ist. Darauf bezog sich auch das schockierende, eingangs zitierte Erlebnis der damals elfjährigen Gymnasiastin. „Ich hab in der Kindheit oft Ausgrenzung erlebt“, sagt sie im Telefoninterview mit Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr … Deswegen habe sie sich sofort zum Rede-Thema „hab keine Angst zu sein, wer du bist“ hingezogen gefühlt.
Wenngleich es kein leichter Weg war. Diskriminierung, Rassismus, Ausgrenzung führte bei Lena Ditrt-Moore anfangs eher zu Rückzug, Hoffnung, dass sie der Vater nicht vom Kindergarten oder der Schule abhole, um ihn und sich selbst vor bösen Worten zu bewahren. „Mein Selbstwert hat stark gelitten“, gesteht sie in einer ihrer Reden und schildert dort weiter: „Der erste Schritt zur Besserung war der richtige Umgang mit meinem Haartyp. Ich stehe heute zu meinen Locken. Aus Scham ist Stolz geworden. Ich habe gelernt meine Herkunft und meine schwarzen Züge zu lieben und zu schätzen, anstatt sie zu verdrängen.“
Im Gespräch sagt sie weiters: „Heutzutage lass ich mich nicht mehr so einschüchtern, ich habe meine Herkunft aus beiden Kulturkreisen kennen und schätzen gelernt“. Genau das wollte sie mit ihren Reden bei „SAG’S MULTI!“ „auch möglichst vielen anderen mitteilen und sie so ermutigen, dasselbe zu tun!“
Englisch als ihre zweite Erstsprache liebt sie in de Schule ebenso wie auch Spanisch, das sie dort als Fremdsprache lerne. „In meiner Freizeit betreibe ich gern Sport, drei Jahre war ich sogar in einem Leistungsturnverein, das geht sich aber jetzt mit der Schule nicht mehr so gut aus. Dafür spiele ich auch gern Tennis.“
Bei der Finalrede „war ich definitiv sehr aufgeregt, aber ich hab mich dann auf den Inhalt und meine Botschaft fokussiert und konnte damit die Nervosität besser ausblenden. Außerdem stelle ich mich auch gern Herausforderungen und SAG’S MULTI! hat mir definitiv auch in meiner Persönlichkeitsbildung weiter geholfen!“
Zum Abschluss noch zwei Sätze aus der Finalrede der 15-Jährigen, die sich vor allem an Eltern und Pädagog:innen richten: „Wecken Sie in Ihren Kindern ein ehrliches Interesse an anderen Kulturen, damit sie auch andere Kulturkreise kennen und schätzen lernen können!
Racism is an artificial social construct, that can be broken, if we learn to fully respect one another! (Rassismus ist ein künstliches soziales Konstrukt, das ge- bzw. durchbrochen werden kann, wenn wir lernen, einander voll zu respektieren!)“
Der mehrsprachige Redebewerb „SAG’S MULTI!“ will seit Beginn Mehrsprachigkeit fördern – bei Gleichwertigkeit aller Sprachen. Und Schüler:innen eine Plattform und Forum geben, ihre Gedanken in Deutsch und jeweils einer anderen Sprache zu Gehör zu bringen.
Im 13. Jahr des Bewerbs, dem zweiten in dem der ORF „SAG’S MULTI!“ hostet, starteten im Herbst 410 Jugendliche aus 160 österreichischen Schulen – mit insgesamt 39 verschiedenen Sprachen. 161 redeten sich ins Bundesfinale – sie alle sind Sieger:innen. Dennoch werden bei der Schluss-Gala im Wiener Rathaus am 26. Juni Preise vergeben.
Vorgestellt werden die Preisträger:innen von Alumni, vormaligen Preisträger:innen, deren erfolgreiche weitere Wege ebenfalls präsentiert werden.
In der ORF-TVthek können die Finalrunden nachgeschaut werden